Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Karsch, Anna Luise: Auserlesene Gedichte. Berlin, 1764.

Bild:
<< vorherige Seite
Erstes Buch.
Ihn fällen, und dann zappeln sehn,
Wie Russen, die gestürzt in schwarzem Blute röcheln,
Und krümmend sich im Staube drehn!
Sie fallen brüllend hin; die Preussen aber lächeln
Des Heldentodes, sterben so,
Als ein gerechter Mann, verarmt, auf wenig Stroh
Im Schlafe lächeln liegt; Ihn träumt von Gottes
Knechten,
Von Engeln, die ihm Brodt auch in der Wüste
brächten.
So schlief ich ehedem sanft und geruhig ein,
Vier Kinder um mich her und neben mir ein Gatte,
Der keinen Gram um Brodt, und keine Pflichten
hatte,
Als, über mich ein Herr zu seyn!
Die Sorgen blieben alle mein;
Mein süsser Trost der Schlaf, und Träume wie
Propheten
Verminderten den Druck von täglich neuen Nöthen;
S 4
Erſtes Buch.
Ihn faͤllen, und dann zappeln ſehn,
Wie Ruſſen, die geſtuͤrzt in ſchwarzem Blute roͤcheln,
Und kruͤmmend ſich im Staube drehn!
Sie fallen bruͤllend hin; die Preuſſen aber laͤcheln
Des Heldentodes, ſterben ſo,
Als ein gerechter Mann, verarmt, auf wenig Stroh
Im Schlafe laͤcheln liegt; Ihn traͤumt von Gottes
Knechten,
Von Engeln, die ihm Brodt auch in der Wuͤſte
braͤchten.
So ſchlief ich ehedem ſanft und geruhig ein,
Vier Kinder um mich her und neben mir ein Gatte,
Der keinen Gram um Brodt, und keine Pflichten
hatte,
Als, uͤber mich ein Herr zu ſeyn!
Die Sorgen blieben alle mein;
Mein ſuͤſſer Troſt der Schlaf, und Traͤume wie
Propheten
Verminderten den Druck von taͤglich neuen Noͤthen;
S 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <pb facs="#f0323" n="279"/>
            <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Er&#x017F;tes Buch.</hi> </fw><lb/>
            <l>Ihn fa&#x0364;llen, und dann zappeln &#x017F;ehn,</l><lb/>
            <l>Wie Ru&#x017F;&#x017F;en, die ge&#x017F;tu&#x0364;rzt in &#x017F;chwarzem Blute ro&#x0364;cheln,</l><lb/>
            <l>Und kru&#x0364;mmend &#x017F;ich im Staube drehn!</l><lb/>
            <l>Sie fallen bru&#x0364;llend hin; die Preu&#x017F;&#x017F;en aber la&#x0364;cheln</l><lb/>
            <l>Des Heldentodes, &#x017F;terben &#x017F;o,</l><lb/>
            <l>Als ein gerechter Mann, verarmt, auf wenig Stroh</l><lb/>
            <l>Im Schlafe la&#x0364;cheln liegt; Ihn tra&#x0364;umt von Gottes</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">Knechten,</hi> </l><lb/>
            <l>Von Engeln, die ihm Brodt auch in der Wu&#x0364;&#x017F;te</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">bra&#x0364;chten.</hi> </l><lb/>
            <l>So &#x017F;chlief ich ehedem &#x017F;anft und geruhig ein,</l><lb/>
            <l>Vier Kinder um mich her und neben mir ein Gatte,</l><lb/>
            <l>Der keinen Gram um Brodt, und keine Pflichten</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">hatte,</hi> </l><lb/>
            <l>Als, u&#x0364;ber mich ein Herr zu &#x017F;eyn!</l><lb/>
            <l>Die Sorgen blieben alle mein;</l><lb/>
            <l>Mein &#x017F;u&#x0364;&#x017F;&#x017F;er Tro&#x017F;t der Schlaf, und Tra&#x0364;ume wie</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">Propheten</hi> </l><lb/>
            <l>Verminderten den Druck von ta&#x0364;glich neuen No&#x0364;then;</l><lb/>
            <fw place="bottom" type="sig">S 4</fw><lb/>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[279/0323] Erſtes Buch. Ihn faͤllen, und dann zappeln ſehn, Wie Ruſſen, die geſtuͤrzt in ſchwarzem Blute roͤcheln, Und kruͤmmend ſich im Staube drehn! Sie fallen bruͤllend hin; die Preuſſen aber laͤcheln Des Heldentodes, ſterben ſo, Als ein gerechter Mann, verarmt, auf wenig Stroh Im Schlafe laͤcheln liegt; Ihn traͤumt von Gottes Knechten, Von Engeln, die ihm Brodt auch in der Wuͤſte braͤchten. So ſchlief ich ehedem ſanft und geruhig ein, Vier Kinder um mich her und neben mir ein Gatte, Der keinen Gram um Brodt, und keine Pflichten hatte, Als, uͤber mich ein Herr zu ſeyn! Die Sorgen blieben alle mein; Mein ſuͤſſer Troſt der Schlaf, und Traͤume wie Propheten Verminderten den Druck von taͤglich neuen Noͤthen; S 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/karsch_gedichte_1764
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/karsch_gedichte_1764/323
Zitationshilfe: Karsch, Anna Luise: Auserlesene Gedichte. Berlin, 1764, S. 279. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/karsch_gedichte_1764/323>, abgerufen am 19.04.2024.