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Karsch, Anna Luise: Gedichte. Berlin, 1792.

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An
den berühmten Maler
Herrn Rode.


Auch Götter ärgern sich. Von eines Aergers Glut
Wird Amor selbst einmal entbrannt,
Und schwarze Galle kocht sein rosinfarbnes Blut,
Und sein Gesicht ist braun, und schwach ist sein Verstand.
O Himmel, Himmel! seufzt die arme Venus schon,
Ach ich verliere meinen Sohn!
Mit schnellen Schritten kommt der Doctor Aeskulap
Und stehet vor des Knaben Bette,
Begreifet seinen Puls, spricht ihm das Leben ab,
Begreift ihn noch einmal, besinnt sich, spricht: "ich rette
Den kleinen allerliebsten Sohn
Und mehr als einen Kuß verlang ich nicht zum Lohn;
Es ist ein kleines Gallenfieber,
In einem Tag ist es vorüber.

N 2

An
den beruͤhmten Maler
Herrn Rode.


Auch Goͤtter aͤrgern ſich. Von eines Aergers Glut
Wird Amor ſelbſt einmal entbrannt,
Und ſchwarze Galle kocht ſein roſinfarbnes Blut,
Und ſein Geſicht iſt braun, und ſchwach iſt ſein Verſtand.
O Himmel, Himmel! ſeufzt die arme Venus ſchon,
Ach ich verliere meinen Sohn!
Mit ſchnellen Schritten kommt der Doctor Aeskulap
Und ſtehet vor des Knaben Bette,
Begreifet ſeinen Puls, ſpricht ihm das Leben ab,
Begreift ihn noch einmal, beſinnt ſich, ſpricht: „ich rette
Den kleinen allerliebſten Sohn
Und mehr als einen Kuß verlang ich nicht zum Lohn;
Es iſt ein kleines Gallenfieber,
In einem Tag iſt es voruͤber.

N 2
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[195/0355] An den beruͤhmten Maler Herrn Rode. Auch Goͤtter aͤrgern ſich. Von eines Aergers Glut Wird Amor ſelbſt einmal entbrannt, Und ſchwarze Galle kocht ſein roſinfarbnes Blut, Und ſein Geſicht iſt braun, und ſchwach iſt ſein Verſtand. O Himmel, Himmel! ſeufzt die arme Venus ſchon, Ach ich verliere meinen Sohn! Mit ſchnellen Schritten kommt der Doctor Aeskulap Und ſtehet vor des Knaben Bette, Begreifet ſeinen Puls, ſpricht ihm das Leben ab, Begreift ihn noch einmal, beſinnt ſich, ſpricht: „ich rette Den kleinen allerliebſten Sohn Und mehr als einen Kuß verlang ich nicht zum Lohn; Es iſt ein kleines Gallenfieber, In einem Tag iſt es voruͤber. N 2

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Zitationshilfe: Karsch, Anna Luise: Gedichte. Berlin, 1792, S. 195. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/karsch_gedichte_1792/355>, abgerufen am 19.04.2024.