Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Karsch, Anna Luise: Gedichte. Berlin, 1792.

Bild:
<< vorherige Seite

Sein Herr war listig und verschlagen,
Er heißt dem Koch, zu Hannsens Mittagsmahl
Die besten Aalpasteten tragen.
Das Essen war für Hannsens Wahl,
Er aß sein Tage nicht vom Aal;
Das Ding war ihm so neu, wie alle neue Dinger.
Genug er ißt und leckt die Finger *).
Der Koch trägts wieder auf den andern, dritten Tag.
So lange bis es Hanns gar nicht mehr essen mag.
Er sitzt und stochert mit dem Messer:
Wo blieb nun der Pastetenesser?
Sein Herr tritt hinter ihn und spricht
Und frägt: wie ists, Hanns! schmeckt die Aalpastete
nicht?
O! spricht der gute Hans mit ziemlichem Erröthen,
Wer Henker ißt denn gern nur immer Aalpasteten?
Man sehnt sich auch einmal nach Fleisch und Zugemüß!
Ho ho! spricht Hannsens Herr, Veränderung ist süß;
Wie du nicht jeden Tag magst Aalpastet genießen,
So mag auch ich mein Weib nicht alle Tage küssen.
Hanns hängt den Kopf, schämt sich und schweigt,
Und krazt sich hinter beiden Ohren,
Ganz von der Wahrheit überzeugt,
Daß wir zum Wechsel sind geboren!


*) Wen hier ekeln sollte, der bedenke, daß es Hanns ist.
P

Sein Herr war liſtig und verſchlagen,
Er heißt dem Koch, zu Hannſens Mittagsmahl
Die beſten Aalpaſteten tragen.
Das Eſſen war fuͤr Hannſens Wahl,
Er aß ſein Tage nicht vom Aal;
Das Ding war ihm ſo neu, wie alle neue Dinger.
Genug er ißt und leckt die Finger *).
Der Koch traͤgts wieder auf den andern, dritten Tag.
So lange bis es Hanns gar nicht mehr eſſen mag.
Er ſitzt und ſtochert mit dem Meſſer:
Wo blieb nun der Paſteteneſſer?
Sein Herr tritt hinter ihn und ſpricht
Und fraͤgt: wie iſts, Hanns! ſchmeckt die Aalpaſtete
nicht?
O! ſpricht der gute Hans mit ziemlichem Erroͤthen,
Wer Henker ißt denn gern nur immer Aalpaſteten?
Man ſehnt ſich auch einmal nach Fleiſch und Zugemuͤß!
Ho ho! ſpricht Hannſens Herr, Veraͤnderung iſt ſuͤß;
Wie du nicht jeden Tag magſt Aalpaſtet genießen,
So mag auch ich mein Weib nicht alle Tage kuͤſſen.
Hanns haͤngt den Kopf, ſchaͤmt ſich und ſchweigt,
Und krazt ſich hinter beiden Ohren,
Ganz von der Wahrheit uͤberzeugt,
Daß wir zum Wechſel ſind geboren!


*) Wen hier ekeln ſollte, der bedenke, daß es Hanns iſt.
P
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <lg type="poem">
              <lg n="1">
                <pb facs="#f0385" n="225"/>
                <l>Sein Herr war li&#x017F;tig und ver&#x017F;chlagen,</l><lb/>
                <l>Er heißt dem Koch, zu Hann&#x017F;ens Mittagsmahl</l><lb/>
                <l>Die be&#x017F;ten Aalpa&#x017F;teten tragen.</l><lb/>
                <l>Das E&#x017F;&#x017F;en war fu&#x0364;r Hann&#x017F;ens Wahl,</l><lb/>
                <l>Er aß &#x017F;ein Tage nicht vom Aal;</l><lb/>
                <l>Das Ding war ihm &#x017F;o neu, wie alle neue Dinger.</l><lb/>
                <l>Genug er ißt und leckt die Finger <note place="foot" n="*)">Wen hier ekeln &#x017F;ollte, der bedenke, daß es Hanns i&#x017F;t.</note>.</l><lb/>
                <l>Der Koch tra&#x0364;gts wieder auf den andern, dritten Tag.</l><lb/>
                <l>So lange bis es Hanns gar nicht mehr e&#x017F;&#x017F;en mag.</l><lb/>
                <l>Er &#x017F;itzt und &#x017F;tochert mit dem Me&#x017F;&#x017F;er:</l><lb/>
                <l>Wo blieb nun der Pa&#x017F;tetene&#x017F;&#x017F;er?</l><lb/>
                <l>Sein Herr tritt hinter ihn und &#x017F;pricht</l><lb/>
                <l>Und fra&#x0364;gt: wie i&#x017F;ts, Hanns! &#x017F;chmeckt die Aalpa&#x017F;tete</l><lb/>
                <l>nicht?</l><lb/>
                <l>O! &#x017F;pricht der gute Hans mit ziemlichem Erro&#x0364;then,</l><lb/>
                <l>Wer Henker ißt denn gern nur immer Aalpa&#x017F;teten?</l><lb/>
                <l>Man &#x017F;ehnt &#x017F;ich auch einmal nach Flei&#x017F;ch und Zugemu&#x0364;ß!</l><lb/>
                <l>Ho ho! &#x017F;pricht Hann&#x017F;ens Herr, Vera&#x0364;nderung i&#x017F;t &#x017F;u&#x0364;ß;</l><lb/>
                <l>Wie du nicht jeden Tag mag&#x017F;t Aalpa&#x017F;tet genießen,</l><lb/>
                <l>So mag auch ich mein Weib nicht alle Tage ku&#x0364;&#x017F;&#x017F;en.</l><lb/>
                <l>Hanns ha&#x0364;ngt den Kopf, &#x017F;cha&#x0364;mt &#x017F;ich und &#x017F;chweigt,</l><lb/>
                <l>Und krazt &#x017F;ich hinter beiden Ohren,</l><lb/>
                <l>Ganz von der Wahrheit u&#x0364;berzeugt,</l><lb/>
                <l>Daß wir zum Wech&#x017F;el &#x017F;ind geboren!</l>
              </lg>
            </lg>
          </div><lb/>
          <fw place="bottom" type="sig">P</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[225/0385] Sein Herr war liſtig und verſchlagen, Er heißt dem Koch, zu Hannſens Mittagsmahl Die beſten Aalpaſteten tragen. Das Eſſen war fuͤr Hannſens Wahl, Er aß ſein Tage nicht vom Aal; Das Ding war ihm ſo neu, wie alle neue Dinger. Genug er ißt und leckt die Finger *). Der Koch traͤgts wieder auf den andern, dritten Tag. So lange bis es Hanns gar nicht mehr eſſen mag. Er ſitzt und ſtochert mit dem Meſſer: Wo blieb nun der Paſteteneſſer? Sein Herr tritt hinter ihn und ſpricht Und fraͤgt: wie iſts, Hanns! ſchmeckt die Aalpaſtete nicht? O! ſpricht der gute Hans mit ziemlichem Erroͤthen, Wer Henker ißt denn gern nur immer Aalpaſteten? Man ſehnt ſich auch einmal nach Fleiſch und Zugemuͤß! Ho ho! ſpricht Hannſens Herr, Veraͤnderung iſt ſuͤß; Wie du nicht jeden Tag magſt Aalpaſtet genießen, So mag auch ich mein Weib nicht alle Tage kuͤſſen. Hanns haͤngt den Kopf, ſchaͤmt ſich und ſchweigt, Und krazt ſich hinter beiden Ohren, Ganz von der Wahrheit uͤberzeugt, Daß wir zum Wechſel ſind geboren! *) Wen hier ekeln ſollte, der bedenke, daß es Hanns iſt. P

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/karsch_gedichte_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/karsch_gedichte_1792/385
Zitationshilfe: Karsch, Anna Luise: Gedichte. Berlin, 1792, S. 225. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/karsch_gedichte_1792/385>, abgerufen am 25.04.2024.