Schon eine Menge, die noch lebet, Und ob mein Herz nicht vor dem Tode bebet, So sprech ich doch, sollt er einmal Mir ohngefähr von Mitkunft sagen: Wart, unverschämter Tod! ich muß noch erst den Stahl Von wegen dieser Sache fragen; Und hätte nicht der Tod Befehl von Oben her, So ging er bläßer fort, als er gekommen wär.
Ueber ein Gemälde.
1765.
Dies ist in ihrem vollen Reitze Die Flora, die mit Liebesgeitze Wenn sich Pompejus von ihr riß Ihn feurig in die Lippen biß. So lieblich aufgeschwollen lachte Ihr Mund; so schwamm ihr Augenpaar In Wollust, so erhub ihr goldgelocktes Haar Sich um die Schultern, wenn der Kuß sie trunken machte Und ihr Gefühl Entzückung war.
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Schon eine Menge, die noch lebet, Und ob mein Herz nicht vor dem Tode bebet, So ſprech ich doch, ſollt er einmal Mir ohngefaͤhr von Mitkunft ſagen: Wart, unverſchaͤmter Tod! ich muß noch erſt den Stahl Von wegen dieſer Sache fragen; Und haͤtte nicht der Tod Befehl von Oben her, So ging er blaͤßer fort, als er gekommen waͤr.
Ueber ein Gemaͤlde.
1765.
Dies iſt in ihrem vollen Reitze Die Flora, die mit Liebesgeitze Wenn ſich Pompejus von ihr riß Ihn feurig in die Lippen biß. So lieblich aufgeſchwollen lachte Ihr Mund; ſo ſchwamm ihr Augenpaar In Wolluſt, ſo erhub ihr goldgelocktes Haar Sich um die Schultern, wenn der Kuß ſie trunken machte Und ihr Gefuͤhl Entzuͤckung war.
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[321/0481]
Schon eine Menge, die noch lebet,
Und ob mein Herz nicht vor dem Tode bebet,
So ſprech ich doch, ſollt er einmal
Mir ohngefaͤhr von Mitkunft ſagen:
Wart, unverſchaͤmter Tod! ich muß noch erſt den Stahl
Von wegen dieſer Sache fragen;
Und haͤtte nicht der Tod Befehl von Oben her,
So ging er blaͤßer fort, als er gekommen waͤr.
Ueber ein Gemaͤlde.
1765.
Dies iſt in ihrem vollen Reitze
Die Flora, die mit Liebesgeitze
Wenn ſich Pompejus von ihr riß
Ihn feurig in die Lippen biß.
So lieblich aufgeſchwollen lachte
Ihr Mund; ſo ſchwamm ihr Augenpaar
In Wolluſt, ſo erhub ihr goldgelocktes Haar
Sich um die Schultern, wenn der Kuß ſie trunken machte
Und ihr Gefuͤhl Entzuͤckung war.
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Karsch, Anna Luise: Gedichte. Berlin, 1792, S. 321. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/karsch_gedichte_1792/481>, abgerufen am 19.04.2024.
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