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Keller, Gottfried: Romeo und Julia auf dem Dorfe. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 233–348. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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und Thal kommen nicht zusammen, sagt man, aber die Leute! Aber nimm dich doch in Acht, Kind, und denk, wie es euren Aeltern ergangen ist! -- Ei, das hat sich jetzt gewendet und Alles ist gut geworden, erwiderte Vrenchen lächelnd und freundlich mittheilsam, ja beinahe herablassend, seht, Sali ist mein Hochzeiter.--Dein Hochzeiter! was du sagst! --Ja und er ist ein reicher Herr, er hat hunderttausend Gulden in der Lotterie gewonnen! Denket einmal, Frau! -- Diese that einen Sprung, schlug ganz erschrocken die Hände zusammen und schrie: Hund -- hunderttausend Gulden! -- Hunderttausend Gulden! versicherte Vrenchen ernsthaft. -- Herr du meines Lebens! Es ist aber nicht wahr, du lügst mich an, Kind! -- Nun, glaubt was Ihr wollt! -- Aber wenn es wahr ist und du heirathest ihn, was wollt ihr denn machen mit dem Gelde? Willst du wirklich eine vornehme Frau werden? -- Versteht sich, in drei Wochen halten wir die Hochzeit! -- Geh mir weg, du bist eine häßliche Lügnerin! -- Das schönste Haus hat er schon gekauft in Seldwyl mit einem großen Garten und Weinberg; Ihr müßt mich auch besuchen, wenn wir eingerichtet sind, ich zähle darauf! -- Allweg, du Teufelshexlein, was du bist! -- Ihr werdet sehen, wie schön es da ist! einen herrlichen Kaffee werde ich machen und Euch mit feinem Eierbrod aufwarten, mit Butter und Honig! -- Du Ketzerslösli! zähl drauf, daß ich komme! rief die Frau mit lüsternem Gesicht, und der Mund wässerte ihr. -- Kommt Ihr aber um die Mittags-

und Thal kommen nicht zusammen, sagt man, aber die Leute! Aber nimm dich doch in Acht, Kind, und denk, wie es euren Aeltern ergangen ist! — Ei, das hat sich jetzt gewendet und Alles ist gut geworden, erwiderte Vrenchen lächelnd und freundlich mittheilsam, ja beinahe herablassend, seht, Sali ist mein Hochzeiter.—Dein Hochzeiter! was du sagst! —Ja und er ist ein reicher Herr, er hat hunderttausend Gulden in der Lotterie gewonnen! Denket einmal, Frau! — Diese that einen Sprung, schlug ganz erschrocken die Hände zusammen und schrie: Hund — hunderttausend Gulden! — Hunderttausend Gulden! versicherte Vrenchen ernsthaft. — Herr du meines Lebens! Es ist aber nicht wahr, du lügst mich an, Kind! — Nun, glaubt was Ihr wollt! — Aber wenn es wahr ist und du heirathest ihn, was wollt ihr denn machen mit dem Gelde? Willst du wirklich eine vornehme Frau werden? — Versteht sich, in drei Wochen halten wir die Hochzeit! — Geh mir weg, du bist eine häßliche Lügnerin! — Das schönste Haus hat er schon gekauft in Seldwyl mit einem großen Garten und Weinberg; Ihr müßt mich auch besuchen, wenn wir eingerichtet sind, ich zähle darauf! — Allweg, du Teufelshexlein, was du bist! — Ihr werdet sehen, wie schön es da ist! einen herrlichen Kaffee werde ich machen und Euch mit feinem Eierbrod aufwarten, mit Butter und Honig! — Du Ketzerslösli! zähl drauf, daß ich komme! rief die Frau mit lüsternem Gesicht, und der Mund wässerte ihr. — Kommt Ihr aber um die Mittags-

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[0084] und Thal kommen nicht zusammen, sagt man, aber die Leute! Aber nimm dich doch in Acht, Kind, und denk, wie es euren Aeltern ergangen ist! — Ei, das hat sich jetzt gewendet und Alles ist gut geworden, erwiderte Vrenchen lächelnd und freundlich mittheilsam, ja beinahe herablassend, seht, Sali ist mein Hochzeiter.—Dein Hochzeiter! was du sagst! —Ja und er ist ein reicher Herr, er hat hunderttausend Gulden in der Lotterie gewonnen! Denket einmal, Frau! — Diese that einen Sprung, schlug ganz erschrocken die Hände zusammen und schrie: Hund — hunderttausend Gulden! — Hunderttausend Gulden! versicherte Vrenchen ernsthaft. — Herr du meines Lebens! Es ist aber nicht wahr, du lügst mich an, Kind! — Nun, glaubt was Ihr wollt! — Aber wenn es wahr ist und du heirathest ihn, was wollt ihr denn machen mit dem Gelde? Willst du wirklich eine vornehme Frau werden? — Versteht sich, in drei Wochen halten wir die Hochzeit! — Geh mir weg, du bist eine häßliche Lügnerin! — Das schönste Haus hat er schon gekauft in Seldwyl mit einem großen Garten und Weinberg; Ihr müßt mich auch besuchen, wenn wir eingerichtet sind, ich zähle darauf! — Allweg, du Teufelshexlein, was du bist! — Ihr werdet sehen, wie schön es da ist! einen herrlichen Kaffee werde ich machen und Euch mit feinem Eierbrod aufwarten, mit Butter und Honig! — Du Ketzerslösli! zähl drauf, daß ich komme! rief die Frau mit lüsternem Gesicht, und der Mund wässerte ihr. — Kommt Ihr aber um die Mittags-

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T12:34:29Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T12:34:29Z)

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Romeo und Julia auf dem Dorfe. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 233–348. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_dorfe_1910/84>, abgerufen am 28.03.2024.