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Keller, Gottfried: Romeo und Julia auf dem Dorfe. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 233–348. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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zuwege bringen, wenn sie so jung zusammenkommen und fleißig und treu sind. Aber das muß man freilich sein, denn die Zeit ist kurz und doch lang, und es kommen viele Tage, viele Tage! Je nun, schön genug sind sie und amüsant dazu, wenn man gut Haus hält damit! Nichts für ungut, aber es freut mich, euch anzusehen, so ein schmuckes Pärchen seid ihr! -- Die Kellnerin brachte die Suppe, und da sie einen Theil dieser Worte noch gehört und lieber selbst geheirathet hätte, so sah sie Vrenchen mit scheelen Augen an, welches nach ihrer Meinung so gedeihliche Wege ging. In der Nebenstube ließ die unliebliche Person ihren Unmuth frei und sagte zur Wirthin, welche dort zu schaffen hatte, so laut, daß man es hören konnte: Das ist wieder ein rechtes Hudelvölkchen, das wie es geht und steht nach der Stadt läuft und sich copuliren läßt, ohne einen Pfennig, ohne Freunde, ohne Aussteuer und ohne Aussicht, als auf Armuth und Bettelei! Wo soll das noch hinaus, wenn solche Dinger heirathen, die die Jüppe noch nicht allein anziehen und keine Suppe kochen können? Ach, der hübsche junge Mensch kann mich nur dauern, der ist schön petschirt mit seiner jungen Gungeline! -- Bscht! willst du wohl schweigen, du hässiges Ding! sagte die Wirthin, denen lasse ich nichts geschehen! Das sind gewiß zwei recht ordentliche Leutlein aus den Bergen, wo die Fabriken sind; dürftig sind sie gekleidet, aber sauber, und wenn sie sich nur gern haben und arbeitsam sind, so werden sie weiter

zuwege bringen, wenn sie so jung zusammenkommen und fleißig und treu sind. Aber das muß man freilich sein, denn die Zeit ist kurz und doch lang, und es kommen viele Tage, viele Tage! Je nun, schön genug sind sie und amüsant dazu, wenn man gut Haus hält damit! Nichts für ungut, aber es freut mich, euch anzusehen, so ein schmuckes Pärchen seid ihr! — Die Kellnerin brachte die Suppe, und da sie einen Theil dieser Worte noch gehört und lieber selbst geheirathet hätte, so sah sie Vrenchen mit scheelen Augen an, welches nach ihrer Meinung so gedeihliche Wege ging. In der Nebenstube ließ die unliebliche Person ihren Unmuth frei und sagte zur Wirthin, welche dort zu schaffen hatte, so laut, daß man es hören konnte: Das ist wieder ein rechtes Hudelvölkchen, das wie es geht und steht nach der Stadt läuft und sich copuliren läßt, ohne einen Pfennig, ohne Freunde, ohne Aussteuer und ohne Aussicht, als auf Armuth und Bettelei! Wo soll das noch hinaus, wenn solche Dinger heirathen, die die Jüppe noch nicht allein anziehen und keine Suppe kochen können? Ach, der hübsche junge Mensch kann mich nur dauern, der ist schön petschirt mit seiner jungen Gungeline! — Bscht! willst du wohl schweigen, du hässiges Ding! sagte die Wirthin, denen lasse ich nichts geschehen! Das sind gewiß zwei recht ordentliche Leutlein aus den Bergen, wo die Fabriken sind; dürftig sind sie gekleidet, aber sauber, und wenn sie sich nur gern haben und arbeitsam sind, so werden sie weiter

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[0095] zuwege bringen, wenn sie so jung zusammenkommen und fleißig und treu sind. Aber das muß man freilich sein, denn die Zeit ist kurz und doch lang, und es kommen viele Tage, viele Tage! Je nun, schön genug sind sie und amüsant dazu, wenn man gut Haus hält damit! Nichts für ungut, aber es freut mich, euch anzusehen, so ein schmuckes Pärchen seid ihr! — Die Kellnerin brachte die Suppe, und da sie einen Theil dieser Worte noch gehört und lieber selbst geheirathet hätte, so sah sie Vrenchen mit scheelen Augen an, welches nach ihrer Meinung so gedeihliche Wege ging. In der Nebenstube ließ die unliebliche Person ihren Unmuth frei und sagte zur Wirthin, welche dort zu schaffen hatte, so laut, daß man es hören konnte: Das ist wieder ein rechtes Hudelvölkchen, das wie es geht und steht nach der Stadt läuft und sich copuliren läßt, ohne einen Pfennig, ohne Freunde, ohne Aussteuer und ohne Aussicht, als auf Armuth und Bettelei! Wo soll das noch hinaus, wenn solche Dinger heirathen, die die Jüppe noch nicht allein anziehen und keine Suppe kochen können? Ach, der hübsche junge Mensch kann mich nur dauern, der ist schön petschirt mit seiner jungen Gungeline! — Bscht! willst du wohl schweigen, du hässiges Ding! sagte die Wirthin, denen lasse ich nichts geschehen! Das sind gewiß zwei recht ordentliche Leutlein aus den Bergen, wo die Fabriken sind; dürftig sind sie gekleidet, aber sauber, und wenn sie sich nur gern haben und arbeitsam sind, so werden sie weiter

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T12:34:29Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T12:34:29Z)

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Romeo und Julia auf dem Dorfe. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 233–348. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_dorfe_1910/95>, abgerufen am 18.04.2024.