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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 4. Braunschweig, 1855.

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Außerdem lagen auf dem Tische noch eine
Menge späte Feldblümchen verwelkt oder noch
leidlich frisch, und wunderschöne purpurrothe oder
goldene Baumblätter, allerlei Prachtexemplare,
wie sie jetzt von den Bäumen fielen, und noch
andere solche Herbstputzsachen aus Wald und
Garten, welche über den ganzen. Tisch gestreut
waren, so daß die Dame für die Gegenstände,
mit denen sie sich beschäftigte, fortwährend Raum
schaffen und das bunte Blätterwerk mit liebens¬
würdigem Unwillen wegstreifen mußte. Vor ihr
lag eine große offene Mappe, welche ganz mit
Bildern und Zeichnungen gefüllt schien, welche
auf stattliche Bogen grauen Papieres zu heften
ihre Arbeit war, daß sie geschützt und mit einem
anständigen Rande versehen wurden, Heinrich
sah sie von seinem Sitze aus verkehrt; doch er¬
kannte er, daß es landschaftliche Studien waren,
indessen sie ihn wenig rührten, da die Zeit dieser
Dinge schon wie ein Traum hinter ihm zu liegen
schien; vielmehr empfand er einen Widerwillen,
hier auf dergleichen zu stoßen, was ihm so viel
Täuschung und Leidwesen bereitet hatte.

Außerdem lagen auf dem Tiſche noch eine
Menge ſpaͤte Feldbluͤmchen verwelkt oder noch
leidlich friſch, und wunderſchoͤne purpurrothe oder
goldene Baumblaͤtter, allerlei Prachtexemplare,
wie ſie jetzt von den Baͤumen fielen, und noch
andere ſolche Herbſtputzſachen aus Wald und
Garten, welche uͤber den ganzen. Tiſch geſtreut
waren, ſo daß die Dame fuͤr die Gegenſtaͤnde,
mit denen ſie ſich beſchaͤftigte, fortwaͤhrend Raum
ſchaffen und das bunte Blaͤtterwerk mit liebens¬
wuͤrdigem Unwillen wegſtreifen mußte. Vor ihr
lag eine große offene Mappe, welche ganz mit
Bildern und Zeichnungen gefuͤllt ſchien, welche
auf ſtattliche Bogen grauen Papieres zu heften
ihre Arbeit war, daß ſie geſchuͤtzt und mit einem
anſtaͤndigen Rande verſehen wurden, Heinrich
ſah ſie von ſeinem Sitze aus verkehrt; doch er¬
kannte er, daß es landſchaftliche Studien waren,
indeſſen ſie ihn wenig ruͤhrten, da die Zeit dieſer
Dinge ſchon wie ein Traum hinter ihm zu liegen
ſchien; vielmehr empfand er einen Widerwillen,
hier auf dergleichen zu ſtoßen, was ihm ſo viel
Taͤuſchung und Leidweſen bereitet hatte.

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[312/0322] Außerdem lagen auf dem Tiſche noch eine Menge ſpaͤte Feldbluͤmchen verwelkt oder noch leidlich friſch, und wunderſchoͤne purpurrothe oder goldene Baumblaͤtter, allerlei Prachtexemplare, wie ſie jetzt von den Baͤumen fielen, und noch andere ſolche Herbſtputzſachen aus Wald und Garten, welche uͤber den ganzen. Tiſch geſtreut waren, ſo daß die Dame fuͤr die Gegenſtaͤnde, mit denen ſie ſich beſchaͤftigte, fortwaͤhrend Raum ſchaffen und das bunte Blaͤtterwerk mit liebens¬ wuͤrdigem Unwillen wegſtreifen mußte. Vor ihr lag eine große offene Mappe, welche ganz mit Bildern und Zeichnungen gefuͤllt ſchien, welche auf ſtattliche Bogen grauen Papieres zu heften ihre Arbeit war, daß ſie geſchuͤtzt und mit einem anſtaͤndigen Rande verſehen wurden, Heinrich ſah ſie von ſeinem Sitze aus verkehrt; doch er¬ kannte er, daß es landſchaftliche Studien waren, indeſſen ſie ihn wenig ruͤhrten, da die Zeit dieſer Dinge ſchon wie ein Traum hinter ihm zu liegen ſchien; vielmehr empfand er einen Widerwillen, hier auf dergleichen zu ſtoßen, was ihm ſo viel Taͤuſchung und Leidweſen bereitet hatte.

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 4. Braunschweig, 1855, S. 312. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich04_1855/322>, abgerufen am 29.03.2024.