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Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 4. Braunschweig, 1855.

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höflichen Kratzfuß machte und ein schalkhaft lä¬
chelndes Gesicht schnitt, und so brach die Gesell¬
schaft auf und ging durch einen langen Garten
nach dem Hause, während die Gärtnerstochter
ihrer Herrenfreundin muthwillig Gutnacht nach¬
rief. Man trat jetzt in ein wohlgeheiztes behag¬
liches Zimmer und setzte sich um einen runden
Tisch, der bereits sehr elegant und stattlich ge¬
deckt und angerichtet war, und Heinrich aß aber¬
mals und mit gutem Behagen, da das sichere
und edle Wesen des gräflichen Mannes ihn voll¬
ständig aufgeweckt und beruhigt hatte. Denn
für einen ordentlichen Menschen ist es fast ebenso
wohlthuend und erbaulich, einen wohlbestellten,
schönen und rechten Mann zu sehen, als schöne
und gute Frauen.

Die trefflichen Leute unterhielten sich heiter
und behaglich, ohne Heinrich besonders in An¬
spruch zu nehmen, und es athmete Alles, was sie
sagten, ein festes und offenes Gemüth. Doch
sagte der Graf nach einer Weile zu ihm: "Es
ist doch eine allerliebste Geschichte! Ei, erin¬
nern Sie sich auch noch - der Ursache unserer

hoͤflichen Kratzfuß machte und ein ſchalkhaft laͤ¬
chelndes Geſicht ſchnitt, und ſo brach die Geſell¬
ſchaft auf und ging durch einen langen Garten
nach dem Hauſe, waͤhrend die Gaͤrtnerstochter
ihrer Herrenfreundin muthwillig Gutnacht nach¬
rief. Man trat jetzt in ein wohlgeheiztes behag¬
liches Zimmer und ſetzte ſich um einen runden
Tiſch, der bereits ſehr elegant und ſtattlich ge¬
deckt und angerichtet war, und Heinrich aß aber¬
mals und mit gutem Behagen, da das ſichere
und edle Weſen des graͤflichen Mannes ihn voll¬
ſtaͤndig aufgeweckt und beruhigt hatte. Denn
fuͤr einen ordentlichen Menſchen iſt es faſt ebenſo
wohlthuend und erbaulich, einen wohlbeſtellten,
ſchoͤnen und rechten Mann zu ſehen, als ſchoͤne
und gute Frauen.

Die trefflichen Leute unterhielten ſich heiter
und behaglich, ohne Heinrich beſonders in An¬
ſpruch zu nehmen, und es athmete Alles, was ſie
ſagten, ein feſtes und offenes Gemuͤth. Doch
ſagte der Graf nach einer Weile zu ihm: »Es
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[324/0334] hoͤflichen Kratzfuß machte und ein ſchalkhaft laͤ¬ chelndes Geſicht ſchnitt, und ſo brach die Geſell¬ ſchaft auf und ging durch einen langen Garten nach dem Hauſe, waͤhrend die Gaͤrtnerstochter ihrer Herrenfreundin muthwillig Gutnacht nach¬ rief. Man trat jetzt in ein wohlgeheiztes behag¬ liches Zimmer und ſetzte ſich um einen runden Tiſch, der bereits ſehr elegant und ſtattlich ge¬ deckt und angerichtet war, und Heinrich aß aber¬ mals und mit gutem Behagen, da das ſichere und edle Weſen des graͤflichen Mannes ihn voll¬ ſtaͤndig aufgeweckt und beruhigt hatte. Denn fuͤr einen ordentlichen Menſchen iſt es faſt ebenſo wohlthuend und erbaulich, einen wohlbeſtellten, ſchoͤnen und rechten Mann zu ſehen, als ſchoͤne und gute Frauen. Die trefflichen Leute unterhielten ſich heiter und behaglich, ohne Heinrich beſonders in An¬ ſpruch zu nehmen, und es athmete Alles, was ſie ſagten, ein feſtes und offenes Gemuͤth. Doch ſagte der Graf nach einer Weile zu ihm: »Es iſt doch eine allerliebſte Geſchichte! Ei, erin¬ nern Sie ſich auch noch - der Urſache unſerer

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Der grüne Heinrich. Bd. 4. Braunschweig, 1855, S. 324. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_heinrich04_1855/334>, abgerufen am 28.03.2024.