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Keller, Gottfried: Sieben Legenden. Stuttgart, 1872.

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Vorwort.

Beim Lesen einer Anzahl Legenden wollte es dem
Urheber vorliegenden Büchleins scheinen, als ob in
der überlieferten Masse dieser Sagen nicht nur die
kirchliche Fabulirkunst sich geltend mache, sondern wohl
auch die Spuren einer ehmaligen mehr profanen Er¬
zählungslust oder Novellistik zu bemerken seien, wenn
man aufmerksam hinblicke.

Wie nun der Maler durch ein fragmentarisches
Wolkenbild, eine Gebirgslinie, durch das radirte
Blättchen eines verschollenen Meisters zur Ausfüllung
eines Rahmens gereizt wird, so verspürte der Verfasser
die Lust zu einer Reproduktion jener abgebrochen
schwebenden Gebilde, wobei ihnen freilich zuweilen
das Antlitz nach einer anderen Himmelsgegend hin¬
gewendet wurde, als nach welcher sie in der über¬
kommenen Gestalt schauen.

Vorwort.

Beim Leſen einer Anzahl Legenden wollte es dem
Urheber vorliegenden Büchleins ſcheinen, als ob in
der überlieferten Maſſe dieſer Sagen nicht nur die
kirchliche Fabulirkunſt ſich geltend mache, ſondern wohl
auch die Spuren einer ehmaligen mehr profanen Er¬
zählungsluſt oder Novelliſtik zu bemerken ſeien, wenn
man aufmerkſam hinblicke.

Wie nun der Maler durch ein fragmentariſches
Wolkenbild, eine Gebirgslinie, durch das radirte
Blättchen eines verſchollenen Meiſters zur Ausfüllung
eines Rahmens gereizt wird, ſo verſpürte der Verfaſſer
die Luſt zu einer Reproduktion jener abgebrochen
ſchwebenden Gebilde, wobei ihnen freilich zuweilen
das Antlitz nach einer anderen Himmelsgegend hin¬
gewendet wurde, als nach welcher ſie in der über¬
kommenen Geſtalt ſchauen.

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[0011] Vorwort. Beim Leſen einer Anzahl Legenden wollte es dem Urheber vorliegenden Büchleins ſcheinen, als ob in der überlieferten Maſſe dieſer Sagen nicht nur die kirchliche Fabulirkunſt ſich geltend mache, ſondern wohl auch die Spuren einer ehmaligen mehr profanen Er¬ zählungsluſt oder Novelliſtik zu bemerken ſeien, wenn man aufmerkſam hinblicke. Wie nun der Maler durch ein fragmentariſches Wolkenbild, eine Gebirgslinie, durch das radirte Blättchen eines verſchollenen Meiſters zur Ausfüllung eines Rahmens gereizt wird, ſo verſpürte der Verfaſſer die Luſt zu einer Reproduktion jener abgebrochen ſchwebenden Gebilde, wobei ihnen freilich zuweilen das Antlitz nach einer anderen Himmelsgegend hin¬ gewendet wurde, als nach welcher ſie in der über¬ kommenen Geſtalt ſchauen.

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Sieben Legenden. Stuttgart, 1872, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_legenden_1872/11>, abgerufen am 28.03.2024.