Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Kempelen, Wolfgang von: Mechanismus der menschlichen Sprache. Wien, 1791.

Bild:
<< vorherige Seite

III. Abtheilung.
det sich der Mensch in einem ruhigen Zustande, so
geschieht sein Athemholen ebenfalls durch die Nase;
ist er aber in Bewegung, oder seine Nase zum Thei-
le verstopft, so öffnet er auch den Mund, um der
Luft freyern Eingang zu geben. Kleine Kinder ath-
men selten durch den Mund. Da also der vorzügli-
chere Kanal des Athmens die Nase ist, und da die
Oeffnung derselben gerade oder dem Luftröhrenkopf
zu stehen kömmt, so scheinet die natürliche Ord-
nung zu fordern, daß wir sie noch vor dem Mun-
de vornehmen, obwohl dieser bey der Sprache ein
weit wichtigeres Werkzeug ist. Der innere Bau der
Nase kann mit der Gestalt eines gewölbten Kanals,
oder Bergstollens verglichen werden, dessen Grund-
fläche schmäler ist, als die aufrechten Seitenwände,
welche sich oben wie ein gothisches Gewölbe zusam-
menschließen. Dieser Kanal wird der Länge nach
durch eine Scheidewand in zwey Theile oder Stra-
ßen untertheilet. Ausser der Hauptöffnung, die aus
dem Hals in denselben gehet, fallen auch in seine
Seitenwände manche andere Oeffnungen, deren Be-
schreibung, weil sie mit der Sprache nichts gemein
haben, man hier vorsetzlich übergeht. Der ganze

Bau

III. Abtheilung.
det ſich der Menſch in einem ruhigen Zuſtande, ſo
geſchieht ſein Athemholen ebenfalls durch die Naſe;
iſt er aber in Bewegung, oder ſeine Naſe zum Thei-
le verſtopft, ſo oͤffnet er auch den Mund, um der
Luft freyern Eingang zu geben. Kleine Kinder ath-
men ſelten durch den Mund. Da alſo der vorzuͤgli-
chere Kanal des Athmens die Naſe iſt, und da die
Oeffnung derſelben gerade oder dem Luftroͤhrenkopf
zu ſtehen koͤmmt, ſo ſcheinet die natuͤrliche Ord-
nung zu fordern, daß wir ſie noch vor dem Mun-
de vornehmen, obwohl dieſer bey der Sprache ein
weit wichtigeres Werkzeug iſt. Der innere Bau der
Naſe kann mit der Geſtalt eines gewoͤlbten Kanals,
oder Bergſtollens verglichen werden, deſſen Grund-
flaͤche ſchmaͤler iſt, als die aufrechten Seitenwaͤnde,
welche ſich oben wie ein gothiſches Gewoͤlbe zuſam-
menſchließen. Dieſer Kanal wird der Laͤnge nach
durch eine Scheidewand in zwey Theile oder Stra-
ßen untertheilet. Auſſer der Hauptoͤffnung, die aus
dem Hals in denſelben gehet, fallen auch in ſeine
Seitenwaͤnde manche andere Oeffnungen, deren Be-
ſchreibung, weil ſie mit der Sprache nichts gemein
haben, man hier vorſetzlich uͤbergeht. Der ganze

Bau
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0138" n="106"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">III</hi>. Abtheilung.</hi></fw><lb/>
det &#x017F;ich der Men&#x017F;ch in einem ruhigen Zu&#x017F;tande, &#x017F;o<lb/>
ge&#x017F;chieht &#x017F;ein Athemholen ebenfalls durch die Na&#x017F;e;<lb/>
i&#x017F;t er aber in Bewegung, oder &#x017F;eine Na&#x017F;e zum Thei-<lb/>
le ver&#x017F;topft, &#x017F;o o&#x0364;ffnet er auch den Mund, um der<lb/>
Luft freyern Eingang zu geben. Kleine Kinder ath-<lb/>
men &#x017F;elten durch den Mund. Da al&#x017F;o der vorzu&#x0364;gli-<lb/>
chere Kanal des Athmens die Na&#x017F;e i&#x017F;t, und da die<lb/>
Oeffnung der&#x017F;elben gerade oder dem Luftro&#x0364;hrenkopf<lb/>
zu &#x017F;tehen ko&#x0364;mmt, &#x017F;o &#x017F;cheinet die natu&#x0364;rliche Ord-<lb/>
nung zu fordern, daß wir &#x017F;ie noch vor dem Mun-<lb/>
de vornehmen, obwohl die&#x017F;er bey der Sprache ein<lb/>
weit wichtigeres Werkzeug i&#x017F;t. Der innere Bau der<lb/>
Na&#x017F;e kann mit der Ge&#x017F;talt eines gewo&#x0364;lbten Kanals,<lb/>
oder Berg&#x017F;tollens verglichen werden, de&#x017F;&#x017F;en Grund-<lb/>
fla&#x0364;che &#x017F;chma&#x0364;ler i&#x017F;t, als die aufrechten Seitenwa&#x0364;nde,<lb/>
welche &#x017F;ich oben wie ein gothi&#x017F;ches Gewo&#x0364;lbe zu&#x017F;am-<lb/>
men&#x017F;chließen. Die&#x017F;er Kanal wird der La&#x0364;nge nach<lb/>
durch eine Scheidewand in zwey Theile oder Stra-<lb/>
ßen untertheilet. Au&#x017F;&#x017F;er der Haupto&#x0364;ffnung, die aus<lb/>
dem Hals in den&#x017F;elben gehet, fallen auch in &#x017F;eine<lb/>
Seitenwa&#x0364;nde manche andere Oeffnungen, deren Be-<lb/>
&#x017F;chreibung, weil &#x017F;ie mit der Sprache nichts gemein<lb/>
haben, man hier vor&#x017F;etzlich u&#x0364;bergeht. Der ganze<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Bau</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[106/0138] III. Abtheilung. det ſich der Menſch in einem ruhigen Zuſtande, ſo geſchieht ſein Athemholen ebenfalls durch die Naſe; iſt er aber in Bewegung, oder ſeine Naſe zum Thei- le verſtopft, ſo oͤffnet er auch den Mund, um der Luft freyern Eingang zu geben. Kleine Kinder ath- men ſelten durch den Mund. Da alſo der vorzuͤgli- chere Kanal des Athmens die Naſe iſt, und da die Oeffnung derſelben gerade oder dem Luftroͤhrenkopf zu ſtehen koͤmmt, ſo ſcheinet die natuͤrliche Ord- nung zu fordern, daß wir ſie noch vor dem Mun- de vornehmen, obwohl dieſer bey der Sprache ein weit wichtigeres Werkzeug iſt. Der innere Bau der Naſe kann mit der Geſtalt eines gewoͤlbten Kanals, oder Bergſtollens verglichen werden, deſſen Grund- flaͤche ſchmaͤler iſt, als die aufrechten Seitenwaͤnde, welche ſich oben wie ein gothiſches Gewoͤlbe zuſam- menſchließen. Dieſer Kanal wird der Laͤnge nach durch eine Scheidewand in zwey Theile oder Stra- ßen untertheilet. Auſſer der Hauptoͤffnung, die aus dem Hals in denſelben gehet, fallen auch in ſeine Seitenwaͤnde manche andere Oeffnungen, deren Be- ſchreibung, weil ſie mit der Sprache nichts gemein haben, man hier vorſetzlich uͤbergeht. Der ganze Bau

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kempelen_maschine_1791
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kempelen_maschine_1791/138
Zitationshilfe: Kempelen, Wolfgang von: Mechanismus der menschlichen Sprache. Wien, 1791, S. 106. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kempelen_maschine_1791/138>, abgerufen am 28.03.2024.