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Kempelen, Wolfgang von: Mechanismus der menschlichen Sprache. Wien, 1791.

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III. Abtheilung.
"sich zu einem Cilinder zu verdichten, wozu sie
"ihre wunderbare Beweglichkeit geschickt macht. Sie
"wird vermittelst ihrer Bekleidungen an das Zun-
"genbein, den Schlund, an die Mandeln, an
"den Kehlendeckel, und an das Zahnfleisch ange-
"hänget, so wie durch Hülfe der Muskeln. -- --
"Das bekannte Zungenband ist eine Falte von die-
"ser gedoppelten Bekleidung, und dieses Band
"bindet den mittlern Theil der unteren Zungen-
"fläche an diejenige Haut des Mundes, die über
"den Drüsen unter der Zunge liegt, und ans Zäh-
"nefleisch. Man sagt, daß dieses Bändchen, wenn
"es kurz ist, der freien Bewegung der Zunge
"hinderlich seyn könne, und sogar die Aussprache
"verhindere, so daß wenigstens die Buchstaben r.
"und l. wegen der Enge dieses Bandes, nicht recht
"auszusprechen wären. Doch das wäre zu viel,
"wenn man den mehresten Stammelnden, weil
"dieses Zungenband zu kurz ist, und sie die Zun-
"ge aus dem Munde nicht hervor strecken können,
"dasselbe durchschneiden wollte. Es kannte Cel-
"sus einen Mann, der bei gelöseter und freyer
"Zunge dennoch nicht reden konnte.

§. 75.

III. Abtheilung.
„ſich zu einem Cilinder zu verdichten, wozu ſie
„ihre wunderbare Beweglichkeit geſchickt macht. Sie
„wird vermittelſt ihrer Bekleidungen an das Zun-
„genbein, den Schlund, an die Mandeln, an
„den Kehlendeckel, und an das Zahnfleiſch ange-
„haͤnget, ſo wie durch Huͤlfe der Muskeln. — —
„Das bekannte Zungenband iſt eine Falte von die-
„ſer gedoppelten Bekleidung, und dieſes Band
„bindet den mittlern Theil der unteren Zungen-
„flaͤche an diejenige Haut des Mundes, die uͤber
„den Druͤſen unter der Zunge liegt, und ans Zaͤh-
„nefleiſch. Man ſagt, daß dieſes Baͤndchen, wenn
„es kurz iſt, der freien Bewegung der Zunge
„hinderlich ſeyn koͤnne, und ſogar die Ausſprache
„verhindere, ſo daß wenigſtens die Buchſtaben r.
„und l. wegen der Enge dieſes Bandes, nicht recht
„auszuſprechen waͤren. Doch das waͤre zu viel,
„wenn man den mehreſten Stammelnden, weil
„dieſes Zungenband zu kurz iſt, und ſie die Zun-
„ge aus dem Munde nicht hervor ſtrecken koͤnnen,
„daſſelbe durchſchneiden wollte. Es kannte Cel-
„ſus einen Mann, der bei geloͤſeter und freyer
„Zunge dennoch nicht reden konnte.

§. 75.
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[134/0174] III. Abtheilung. „ſich zu einem Cilinder zu verdichten, wozu ſie „ihre wunderbare Beweglichkeit geſchickt macht. Sie „wird vermittelſt ihrer Bekleidungen an das Zun- „genbein, den Schlund, an die Mandeln, an „den Kehlendeckel, und an das Zahnfleiſch ange- „haͤnget, ſo wie durch Huͤlfe der Muskeln. — — „Das bekannte Zungenband iſt eine Falte von die- „ſer gedoppelten Bekleidung, und dieſes Band „bindet den mittlern Theil der unteren Zungen- „flaͤche an diejenige Haut des Mundes, die uͤber „den Druͤſen unter der Zunge liegt, und ans Zaͤh- „nefleiſch. Man ſagt, daß dieſes Baͤndchen, wenn „es kurz iſt, der freien Bewegung der Zunge „hinderlich ſeyn koͤnne, und ſogar die Ausſprache „verhindere, ſo daß wenigſtens die Buchſtaben r. „und l. wegen der Enge dieſes Bandes, nicht recht „auszuſprechen waͤren. Doch das waͤre zu viel, „wenn man den mehreſten Stammelnden, weil „dieſes Zungenband zu kurz iſt, und ſie die Zun- „ge aus dem Munde nicht hervor ſtrecken koͤnnen, „daſſelbe durchſchneiden wollte. Es kannte Cel- „ſus einen Mann, der bei geloͤſeter und freyer „Zunge dennoch nicht reden konnte. §. 75.

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Zitationshilfe: Kempelen, Wolfgang von: Mechanismus der menschlichen Sprache. Wien, 1791, S. 134. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kempelen_maschine_1791/174>, abgerufen am 25.04.2024.