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Kempelen, Wolfgang von: Mechanismus der menschlichen Sprache. Wien, 1791.

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Von den Lauten oder Buchstaben.

Jedermann weiß, daß der Ton auf der Flöte
bloß dadurch entsteht, daß die durch einen Kanal
Fig. 2. im Durchschnitt A B durchziehende Luft
durch eine Schneide, die sie bey ihrem Ausgange in
C antrifft, zerschnitten oder gleichsam gespalten wird.
(*) Weil nun bey dem Buchstaben F die Luft nicht
wie Fig. 2. gespalten, sondern wie Fig. 3. gleich-
sam mit einer Messerschneide nur geschärft oder ge-
schaben wird, so entsteht kein pfeiffender Ton, son-
dern nur ein siedendes Geräusch. (**)

Die Zähne sind also unumgänglich nöthig, um
dem F das Schneidendsiedende zu geben. Da-
rum können Kinder oder alte Leute, wenn sie die obe-

ren
(*) Es würde uns von unseren Zwecke zu weit ab-
führen, wenn wir hier die Entstehung des Pfeiffen-
oder Flötentones vollkommen untersuchen wollten. Zu
dem Gleichniße, in so weit es hier angewendet wird,
scheinet das obige hinlänglich zu seyn.
(**) Amman (Dissert. de Loquela. Amst. 1770.)
war der Meinung, daß die Luft nur durch die Zwi-
schenräume der Zähne durchrausche, und daß die Un-
terlippe an der Schneide der oberen Zähne durchaus fest
anliege; aber die Erfahrung zeigt es anders.
R
Von den Lauten oder Buchſtaben.

Jedermann weiß, daß der Ton auf der Floͤte
bloß dadurch entſteht, daß die durch einen Kanal
Fig. 2. im Durchſchnitt A B durchziehende Luft
durch eine Schneide, die ſie bey ihrem Ausgange in
C antrifft, zerſchnitten oder gleichſam geſpalten wird.
(*) Weil nun bey dem Buchſtaben F die Luft nicht
wie Fig. 2. geſpalten, ſondern wie Fig. 3. gleich-
ſam mit einer Meſſerſchneide nur geſchaͤrft oder ge-
ſchaben wird, ſo entſteht kein pfeiffender Ton, ſon-
dern nur ein ſiedendes Geraͤuſch. (**)

Die Zaͤhne ſind alſo unumgaͤnglich noͤthig, um
dem F das Schneidendſiedende zu geben. Da-
rum koͤnnen Kinder oder alte Leute, wenn ſie die obe-

ren
(*) Es wuͤrde uns von unſeren Zwecke zu weit ab-
fuͤhren, wenn wir hier die Entſtehung des Pfeiffen-
oder Floͤtentones vollkommen unterſuchen wollten. Zu
dem Gleichniße, in ſo weit es hier angewendet wird,
ſcheinet das obige hinlaͤnglich zu ſeyn.
(**) Amman (Diſſert. de Loquela. Amſt. 1770.)
war der Meinung, daß die Luft nur durch die Zwi-
ſchenraͤume der Zaͤhne durchrauſche, und daß die Un-
terlippe an der Schneide der oberen Zaͤhne durchaus feſt
anliege; aber die Erfahrung zeigt es anders.
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[257/0313] Von den Lauten oder Buchſtaben. Jedermann weiß, daß der Ton auf der Floͤte bloß dadurch entſteht, daß die durch einen Kanal Fig. 2. im Durchſchnitt A B durchziehende Luft durch eine Schneide, die ſie bey ihrem Ausgange in C antrifft, zerſchnitten oder gleichſam geſpalten wird. (*) Weil nun bey dem Buchſtaben F die Luft nicht wie Fig. 2. geſpalten, ſondern wie Fig. 3. gleich- ſam mit einer Meſſerſchneide nur geſchaͤrft oder ge- ſchaben wird, ſo entſteht kein pfeiffender Ton, ſon- dern nur ein ſiedendes Geraͤuſch. (**) Die Zaͤhne ſind alſo unumgaͤnglich noͤthig, um dem F das Schneidendſiedende zu geben. Da- rum koͤnnen Kinder oder alte Leute, wenn ſie die obe- ren (*) Es wuͤrde uns von unſeren Zwecke zu weit ab- fuͤhren, wenn wir hier die Entſtehung des Pfeiffen- oder Floͤtentones vollkommen unterſuchen wollten. Zu dem Gleichniße, in ſo weit es hier angewendet wird, ſcheinet das obige hinlaͤnglich zu ſeyn. (**) Amman (Diſſert. de Loquela. Amſt. 1770.) war der Meinung, daß die Luft nur durch die Zwi- ſchenraͤume der Zaͤhne durchrauſche, und daß die Un- terlippe an der Schneide der oberen Zaͤhne durchaus feſt anliege; aber die Erfahrung zeigt es anders. R

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Zitationshilfe: Kempelen, Wolfgang von: Mechanismus der menschlichen Sprache. Wien, 1791, S. 257. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kempelen_maschine_1791/313>, abgerufen am 25.04.2024.