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Kempelen, Wolfgang von: Mechanismus der menschlichen Sprache. Wien, 1791.

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IV. Abtheilung.
me heraus kann. Und damit ist die ganze Beschrei-
bung des Buchstaben L vollendet. Jetzt wollen wir
untersuchen, ob sie auch richtig ist. Es ist oben
bey B gesagt worden, daß, wenn der Stimme alle
Ausgänge verschlossen sind, sie zwar dennoch, aber
nur eine kleine Weile, etwan eine Sekunde lang
tönen kann. Nun kann man aber das L zehn und
mehr Sekunden lang ganz wohl forttönen lassen.
Dieses muß also ein sicheres Zeichen seyn, daß die
Stimme irgendwo einen ausweg hat. Durch die
Nase kann es nicht seyn, denn die ist geschlossen,
dessen man sich leicht versichert, wenn man sie mit
den Fingern zuhält. Durch den gewöhnlichen gera-
den Zungenkanal eben auch nicht, weil dieser, wie
es der Spiegel zeigt, durch die Zunge vorne, und
so weit es sich in den Mund hineinsehen läßt, ge-
nau verschlossen ist. Also kann diese Oeffnung nir-
gend anders als ganz zu Hinterst der Zunge ge-
sucht werden. Will man sich hierüber allen Zwei-
fel heben, so richte man die Zunge in die Lage des
L und blase statt der Stimme nur bloßen Wind
mit etwas Gewalt hinein, so wird man ihn an den
hinteren Rändern der Zunge, über die er heraus-

ströhmt,

IV. Abtheilung.
me heraus kann. Und damit iſt die ganze Beſchrei-
bung des Buchſtaben L vollendet. Jetzt wollen wir
unterſuchen, ob ſie auch richtig iſt. Es iſt oben
bey B geſagt worden, daß, wenn der Stimme alle
Ausgaͤnge verſchloſſen ſind, ſie zwar dennoch, aber
nur eine kleine Weile, etwan eine Sekunde lang
toͤnen kann. Nun kann man aber das L zehn und
mehr Sekunden lang ganz wohl forttoͤnen laſſen.
Dieſes muß alſo ein ſicheres Zeichen ſeyn, daß die
Stimme irgendwo einen ausweg hat. Durch die
Naſe kann es nicht ſeyn, denn die iſt geſchloſſen,
deſſen man ſich leicht verſichert, wenn man ſie mit
den Fingern zuhaͤlt. Durch den gewoͤhnlichen gera-
den Zungenkanal eben auch nicht, weil dieſer, wie
es der Spiegel zeigt, durch die Zunge vorne, und
ſo weit es ſich in den Mund hineinſehen laͤßt, ge-
nau verſchloſſen iſt. Alſo kann dieſe Oeffnung nir-
gend anders als ganz zu Hinterſt der Zunge ge-
ſucht werden. Will man ſich hieruͤber allen Zwei-
fel heben, ſo richte man die Zunge in die Lage des
L und blaſe ſtatt der Stimme nur bloßen Wind
mit etwas Gewalt hinein, ſo wird man ihn an den
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[294/0354] IV. Abtheilung. me heraus kann. Und damit iſt die ganze Beſchrei- bung des Buchſtaben L vollendet. Jetzt wollen wir unterſuchen, ob ſie auch richtig iſt. Es iſt oben bey B geſagt worden, daß, wenn der Stimme alle Ausgaͤnge verſchloſſen ſind, ſie zwar dennoch, aber nur eine kleine Weile, etwan eine Sekunde lang toͤnen kann. Nun kann man aber das L zehn und mehr Sekunden lang ganz wohl forttoͤnen laſſen. Dieſes muß alſo ein ſicheres Zeichen ſeyn, daß die Stimme irgendwo einen ausweg hat. Durch die Naſe kann es nicht ſeyn, denn die iſt geſchloſſen, deſſen man ſich leicht verſichert, wenn man ſie mit den Fingern zuhaͤlt. Durch den gewoͤhnlichen gera- den Zungenkanal eben auch nicht, weil dieſer, wie es der Spiegel zeigt, durch die Zunge vorne, und ſo weit es ſich in den Mund hineinſehen laͤßt, ge- nau verſchloſſen iſt. Alſo kann dieſe Oeffnung nir- gend anders als ganz zu Hinterſt der Zunge ge- ſucht werden. Will man ſich hieruͤber allen Zwei- fel heben, ſo richte man die Zunge in die Lage des L und blaſe ſtatt der Stimme nur bloßen Wind mit etwas Gewalt hinein, ſo wird man ihn an den hinteren Raͤndern der Zunge, uͤber die er heraus- ſtroͤhmt,

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Zitationshilfe: Kempelen, Wolfgang von: Mechanismus der menschlichen Sprache. Wien, 1791, S. 294. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kempelen_maschine_1791/354>, abgerufen am 28.03.2024.