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Kempelen, Wolfgang von: Mechanismus der menschlichen Sprache. Wien, 1791.

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Von den Lauten oder Buchstaben.
und aus der Oekonomie der Sprache herleiten. Ein
Gleichniß wird hierzu am besten dienen.

§. 192.

Wenn man Staub oder Toback von dem Pa-
pier wegblasen will, braucht man mehr und gewal-
tigere Luft als zum gemeinen Sprechen. Einige zie-
hen die Lippen bis auf eine kleine Oeffnung zusam-
men, wie wenn sie ein W angeben wollten, und
stoßen durch dieselbe die Luft mit Gewalt heraus; an-
dere schließen den Mund fest zu, drücken die Luft
in der Lunge zusammen, dann lassen sie dieselbe
auf einmal durch eine kleine Oeffnung der Lippen her-
ausbrechen, und so erreichen beyde ihren Zweck,
nämlich den Staub weg zujagen. Nun muß man
bemerken, daß das j gerade derjenige Buchstab ist,
der die größte Anstrengung der Luft und Stimme
erfordert. Diese Gewalt wenden Manche, wie oben
bey dem Blasen, so auch hier unmittelbar an, und
bringen auf der Stelle das J hervor, und dieses
sind die Franzosen. Andere, die dieses nicht so ge-
radezu thun zu können glauben, nehmen ihre Zu-

flucht

Von den Lauten oder Buchſtaben.
und aus der Oekonomie der Sprache herleiten. Ein
Gleichniß wird hierzu am beſten dienen.

§. 192.

Wenn man Staub oder Toback von dem Pa-
pier wegblaſen will, braucht man mehr und gewal-
tigere Luft als zum gemeinen Sprechen. Einige zie-
hen die Lippen bis auf eine kleine Oeffnung zuſam-
men, wie wenn ſie ein W angeben wollten, und
ſtoßen durch dieſelbe die Luft mit Gewalt heraus; an-
dere ſchließen den Mund feſt zu, druͤcken die Luft
in der Lunge zuſammen, dann laſſen ſie dieſelbe
auf einmal durch eine kleine Oeffnung der Lippen her-
ausbrechen, und ſo erreichen beyde ihren Zweck,
naͤmlich den Staub weg zujagen. Nun muß man
bemerken, daß das j gerade derjenige Buchſtab iſt,
der die groͤßte Anſtrengung der Luft und Stimme
erfordert. Dieſe Gewalt wenden Manche, wie oben
bey dem Blaſen, ſo auch hier unmittelbar an, und
bringen auf der Stelle das J hervor, und dieſes
ſind die Franzoſen. Andere, die dieſes nicht ſo ge-
radezu thun zu koͤnnen glauben, nehmen ihre Zu-

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[347/0409] Von den Lauten oder Buchſtaben. und aus der Oekonomie der Sprache herleiten. Ein Gleichniß wird hierzu am beſten dienen. §. 192. Wenn man Staub oder Toback von dem Pa- pier wegblaſen will, braucht man mehr und gewal- tigere Luft als zum gemeinen Sprechen. Einige zie- hen die Lippen bis auf eine kleine Oeffnung zuſam- men, wie wenn ſie ein W angeben wollten, und ſtoßen durch dieſelbe die Luft mit Gewalt heraus; an- dere ſchließen den Mund feſt zu, druͤcken die Luft in der Lunge zuſammen, dann laſſen ſie dieſelbe auf einmal durch eine kleine Oeffnung der Lippen her- ausbrechen, und ſo erreichen beyde ihren Zweck, naͤmlich den Staub weg zujagen. Nun muß man bemerken, daß das j gerade derjenige Buchſtab iſt, der die groͤßte Anſtrengung der Luft und Stimme erfordert. Dieſe Gewalt wenden Manche, wie oben bey dem Blaſen, ſo auch hier unmittelbar an, und bringen auf der Stelle das J hervor, und dieſes ſind die Franzoſen. Andere, die dieſes nicht ſo ge- radezu thun zu koͤnnen glauben, nehmen ihre Zu- flucht

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Zitationshilfe: Kempelen, Wolfgang von: Mechanismus der menschlichen Sprache. Wien, 1791, S. 347. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kempelen_maschine_1791/409>, abgerufen am 23.04.2024.