Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Kepler, Johannes: Tertius interveniens. Franckfurt am Mäyn, 1610.

Bild:
<< vorherige Seite

es sich gebüren wil/ das jenige/ was man also erlernet/ von der vnordentlichen Mittel wegen/ dadurch man es erlernet/ hinweg zu werffen vnd zu verdammen: in Ansehung es nicht eben also seyn müssen/ daß man durch Abgötterey vnnd Aberglauben darhinder kommen/ sondern wann der Mensch nicht gefallen were/ eben dieses so wol als auch noch vnzahlbare mehr dinge ordentlicher heyliger Weise von vnsern Eltern auff vns geerbet vnd fortpflantzet worden weren.

V.

Vnd wie abermal in der vorigen Matery die dogmata ecclesiae zwar billich an jhnen selbst geschärpffet/ vollkommen/ vnd dem erstlichen Jntent Gottes deß Schöpffers/ welcher allein auff die ordentliche Fortpflantzung deß menschlichen Geschlechts gesehen/ allerdings gleichförmig seyn sollen: aber doch praxis ipsa nicht ohne Gottes deß Schöpffers Christi vnsers Herrn/ vnd der heyligen Apostel Consens vnnd Zulassung/ der Gebrechlichkeit deß Menschens im sündtlichen Standt/ quo ad indiuidua etwas verhänget vnd nachgibt: Dahin im Alten Testament die Polygamia/ vnd Ehescheydung/ im Neuwen die Beywohnung von Ergetzlichkeit wegen/ zu referiren vnd zu zehlen/ alles in fauorem zu befürderung vnd zu erleichterung der allgemeinen Fruchtbarkeit im Ehestandt: Darvmb dann hernach alles vnordentlich Leben desto strenger abgestrickt vnd verbotten wirdt.

Also möcht nicht vnbillich auch bey fürhabender Matery dahin geschlossen werden: Ob wol das Göttliche Gesetz/ welches heist Gott den Herren lieben von gantzem Hertzen/ von gantzer Seelen/ vnd von allen Kräfften/ hiermit allen den geringsten Gedancken/ als ob der Mensch etwas guts oder böses nicht allein vom Himmel/ sondern auch von allen vnd jeden zeitlichen jrrdischen Vrsachen hoffen solle/ schlecht hinweg außschliesse vnnd verwerffe: Daß jedoch vmb deß Menschens Vnvollkommenheit willen/ so auch/ zu beförderung der Naturkündigung/ vnnd also zu Lob Gottes deß Schöpffers/ zu welchem der Mensch erschaffen/

Aiijr

es sich gebüren wil/ das jenige/ was man also erlernet/ von der vnordentlichen Mittel wegen/ dadurch man es erlernet/ hinweg zu werffen vnd zu verdammen: in Ansehung es nicht eben also seyn müssen/ daß man durch Abgötterey vnnd Aberglauben darhinder kommen/ sondern wann der Mensch nicht gefallen were/ eben dieses so wol als auch noch vnzahlbare mehr dinge ordentlicher heyliger Weise von vnsern Eltern auff vns geerbet vnd fortpflantzet worden weren.

V.

Vnd wie abermal in der vorigen Matery die dogmata ecclesiae zwar billich an jhnen selbst geschärpffet/ vollkommen/ vnd dem erstlichen Jntent Gottes deß Schöpffers/ welcher allein auff die ordentliche Fortpflantzung deß menschlichen Geschlechts gesehen/ allerdings gleichförmig seyn sollen: aber doch praxis ipsa nicht ohne Gottes deß Schöpffers Christi vnsers Herrn/ vnd der heyligen Apostel Consens vnnd Zulassung/ der Gebrechlichkeit deß Menschens im sündtlichen Standt/ quo ad indiuidua etwas verhänget vnd nachgibt: Dahin im Alten Testament die Polygamia/ vnd Ehescheydung/ im Neuwen die Beywohnung von Ergetzlichkeit wegen/ zu referiren vnd zu zehlen/ alles in fauorem zu befürderung vnd zu erleichterung der allgemeinen Fruchtbarkeit im Ehestandt: Darvmb dann hernach alles vnordentlich Leben desto strenger abgestrickt vnd verbotten wirdt.

Also möcht nicht vnbillich auch bey fürhabender Matery dahin geschlossen werden: Ob wol das Göttliche Gesetz/ welches heist Gott den Herren lieben von gantzem Hertzen/ von gantzer Seelen/ vnd von allen Kräfften/ hiermit allen den geringsten Gedancken/ als ob der Mensch etwas guts oder böses nicht allein vom Himmel/ sondern auch von allen vnd jeden zeitlichen jrrdischen Vrsachen hoffen solle/ schlecht hinweg außschliesse vnnd verwerffe: Daß jedoch vmb deß Menschens Vnvollkommenheit willen/ so auch/ zu beförderung der Naturkündigung/ vnnd also zu Lob Gottes deß Schöpffers/ zu welchem der Mensch erschaffen/

Aiijr
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0024" n="[Aiijr]"/>
es sich gebüren wil/ das jenige/ was
             man also erlernet/ von der vnordentlichen Mittel wegen/ dadurch man es erlernet/ hinweg
             zu werffen vnd zu verdammen: in Ansehung es nicht eben also seyn müssen/ daß man durch
             Abgötterey vnnd Aberglauben darhinder kommen/ sondern wann der Mensch nicht gefallen
             were/ eben dieses so wol als auch noch vnzahlbare mehr dinge ordentlicher heyliger Weise
             von vnsern Eltern auff vns geerbet vnd fortpflantzet worden weren. </p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head>V. </head><lb/>
          <p> Vnd wie abermal in der vorigen Matery die <hi rendition="#aq">dogmata ecclesiae</hi> zwar billich an jhnen selbst geschärpffet/ vollkommen/ vnd dem erstlichen Jntent Gottes
             deß Schöpffers/ welcher allein auff die ordentliche Fortpflantzung deß menschlichen
             Geschlechts gesehen/ allerdings gleichförmig seyn sollen: aber doch <hi rendition="#aq">praxis ipsa</hi> nicht ohne Gottes deß Schöpffers Christi vnsers Herrn/ vnd der
             heyligen Apostel Consens vnnd Zulassung/ der Gebrechlichkeit deß Menschens im
             sündtlichen Standt/ <hi rendition="#aq">quo ad indiuidua </hi>etwas verhänget vnd nachgibt: Dahin im Alten
             Testament die <hi rendition="#aq">Polygamia</hi>/ vnd Ehescheydung/ im Neuwen die
             Beywohnung von Ergetzlichkeit wegen/ zu referiren vnd zu zehlen/ alles in <hi rendition="#aq">fauorem</hi> zu befürderung vnd zu erleichterung der allgemeinen
             Fruchtbarkeit im Ehestandt: Darvmb dann hernach alles vnordentlich Leben desto strenger
             abgestrickt vnd verbotten wirdt. </p>
          <p> Also möcht nicht vnbillich auch bey fürhabender Matery dahin geschlossen werden: Ob
             wol das Göttliche Gesetz/ welches heist Gott den Herren lieben von gantzem Hertzen/ von
             gantzer Seelen/ vnd von allen Kräfften/ hiermit allen den geringsten Gedancken/ als ob
             der Mensch etwas guts oder böses nicht allein vom Himmel/ sondern auch von allen vnd
             jeden zeitlichen jrrdischen Vrsachen hoffen solle/ schlecht hinweg außschliesse vnnd
             verwerffe: Daß jedoch vmb deß Menschens Vnvollkommenheit willen/ so auch/ zu beförderung
             der Naturkündigung/ vnnd also zu Lob Gottes deß Schöpffers/ zu welchem der Mensch
             erschaffen/
             <fw type="sig" place="bottom">Aiijr</fw>
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[[Aiijr]/0024] es sich gebüren wil/ das jenige/ was man also erlernet/ von der vnordentlichen Mittel wegen/ dadurch man es erlernet/ hinweg zu werffen vnd zu verdammen: in Ansehung es nicht eben also seyn müssen/ daß man durch Abgötterey vnnd Aberglauben darhinder kommen/ sondern wann der Mensch nicht gefallen were/ eben dieses so wol als auch noch vnzahlbare mehr dinge ordentlicher heyliger Weise von vnsern Eltern auff vns geerbet vnd fortpflantzet worden weren. V. Vnd wie abermal in der vorigen Matery die dogmata ecclesiae zwar billich an jhnen selbst geschärpffet/ vollkommen/ vnd dem erstlichen Jntent Gottes deß Schöpffers/ welcher allein auff die ordentliche Fortpflantzung deß menschlichen Geschlechts gesehen/ allerdings gleichförmig seyn sollen: aber doch praxis ipsa nicht ohne Gottes deß Schöpffers Christi vnsers Herrn/ vnd der heyligen Apostel Consens vnnd Zulassung/ der Gebrechlichkeit deß Menschens im sündtlichen Standt/ quo ad indiuidua etwas verhänget vnd nachgibt: Dahin im Alten Testament die Polygamia/ vnd Ehescheydung/ im Neuwen die Beywohnung von Ergetzlichkeit wegen/ zu referiren vnd zu zehlen/ alles in fauorem zu befürderung vnd zu erleichterung der allgemeinen Fruchtbarkeit im Ehestandt: Darvmb dann hernach alles vnordentlich Leben desto strenger abgestrickt vnd verbotten wirdt. Also möcht nicht vnbillich auch bey fürhabender Matery dahin geschlossen werden: Ob wol das Göttliche Gesetz/ welches heist Gott den Herren lieben von gantzem Hertzen/ von gantzer Seelen/ vnd von allen Kräfften/ hiermit allen den geringsten Gedancken/ als ob der Mensch etwas guts oder böses nicht allein vom Himmel/ sondern auch von allen vnd jeden zeitlichen jrrdischen Vrsachen hoffen solle/ schlecht hinweg außschliesse vnnd verwerffe: Daß jedoch vmb deß Menschens Vnvollkommenheit willen/ so auch/ zu beförderung der Naturkündigung/ vnnd also zu Lob Gottes deß Schöpffers/ zu welchem der Mensch erschaffen/ Aiijr

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Gloning: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-11-19T13:21:53Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Oliver Trübestein: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-11-19T13:21:53Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Nicolas Roudet: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-11-19T13:21:53Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Hannah Sophia Glaum: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-11-19T13:21:53Z)
Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel: Bereitstellung der Bilddigitalisate (Signatur Nx 22 (1)) (2013-12-10T14:15:34Z)

Weitere Informationen:

Die Transkription erfolgte nach den unter http://www.deutschestextarchiv.de/doku/basisformat formulierten Richtlinien.

Verfahren der Texterfassung: manuell (einfach erfasst).

Als Leitdruck wurde ein gescannter Ausschnitt aus Johannes Kepler: Gesammelte Werke. Band IV herangezogen. Die beim Leitdruck genannte Bibliothek ist nur eine von vielen, die dieses Buch besitzt.

  • langes s (ſ): als s transkribiert
  • rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert
  • Silbentrennung: aufgelöst
  • Vollständigkeit: teilweise erfasst



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/keppler_tertius_1610
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/keppler_tertius_1610/24
Zitationshilfe: Kepler, Johannes: Tertius interveniens. Franckfurt am Mäyn, 1610, S. [Aiijr]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keppler_tertius_1610/24>, abgerufen am 25.04.2024.