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Kerl, Bruno: Metallurgische Probirkunst. Leipzig, 1866.

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§. 114. Verfahren beim Abtreiben.
blanken Oberfläche des flüssigen Kornes zeigen sich hier und
da matte Erhabenheiten, welche sich immer mehr an einander
reihend, die Oberfläche des erstarrten Kornes matt erscheinen
lassen und nach Plattner eine Verbindung von metallischem
Silber mit Silberoxyd zu sein scheinen. Bei einem Kupfer-
gehalt
breitet sich das Korn während des Blickens gewöhnlich
etwas aus, kann aber oberflächlich eine ganz weisse Farbe zeigen.
Ein geringer Tellurgehalt ertheilt dem Silberkorn eine ge-
strickte, graulich weisse matte Oberfläche.

Körner mit Wurzeln von Rissen in der Capelle pflegen an
diesen bleihaltig zu sein. Das Silber ist nicht chemisch rein,
sondern nur brandfein und enthält etwa 997--998 Tausendthle.
reines Silber. Die Verunreinigungen im Silber, nach der Quali-
tät des Probirgutes verschieden, compensiren in Etwas den Ver-
lust durch Capellenzug (S. 236) und werden nicht weiter in Rück-
sicht gezogen. Ein durch Erhitzen des Korns mit Salpetersäure
zu erkennender Goldgehalt (§. 128) ist in Abzug zu bringen.

Die von Metalloxyden mehr oder weniger vollgesogenen
Capellen sind je nach den fremden Beimengungen verschieden
gefärbt, z. B. bei reinem Blei gelb, bei kupferhaltigem mehr oder
weniger schwarzgrün. Antimon bringt die Capelle leicht zum
Bersten. Die in der Hitze rothe, unter der Abkühlung gelbe Feder-
glätte erscheint darin in dünnen, elastisch biegsamen, stark glän-
zenden halbdurchsichtigen Blättchen, welche in lockerer Zusam-
menhäufung zuweilen schöne Gruppirungen bilden. Risse in
den Capellen deuten auf unvollständige Trocknung oder mangel-
haftes Capellenmaterial (S. 89) oder einen grösseren Antimon-
gehalt des Werkbleies. An ihrem tiefsten Puncte zeigen sie da,
wo das Silberkorn gelegen hat, einen schwarzen Fleck, welcher
vielleicht von Silberoxyd herrührt, da hier die Capellenmasse
am silberreichsten ist (S. 237).

Capellen aus Knochenmehl (oder statt dessen aus Fischgräten)
nehmen etwa ein gleiches Gewicht Blei, in Glätte verwandelt,
auf, solche aus Knochenmehl und Asche (S. 91) aber können das
Doppelte Blei anziehen. Letztere leiten auch die Wärme weniger,
brauchen deshalb minder heiss gehalten zu werden und setzen
leichter Federglätte an. Sättigt sich eine zu kleine Capelle mit
Bleioxyd, ohne dass schon alles Blei abgetrieben ist, so stellt
man sie auf eine umgekehrte abgeäthmete leere Capelle, welche
dann das übrige Bleioxyd einsaugt.



§. 114. Verfahren beim Abtreiben.
blanken Oberfläche des flüssigen Kornes zeigen sich hier und
da matte Erhabenheiten, welche sich immer mehr an einander
reihend, die Oberfläche des erstarrten Kornes matt erscheinen
lassen und nach Plattner eine Verbindung von metallischem
Silber mit Silberoxyd zu sein scheinen. Bei einem Kupfer-
gehalt
breitet sich das Korn während des Blickens gewöhnlich
etwas aus, kann aber oberflächlich eine ganz weisse Farbe zeigen.
Ein geringer Tellurgehalt ertheilt dem Silberkorn eine ge-
strickte, graulich weisse matte Oberfläche.

Körner mit Wurzeln von Rissen in der Capelle pflegen an
diesen bleihaltig zu sein. Das Silber ist nicht chemisch rein,
sondern nur brandfein und enthält etwa 997—998 Tausendthle.
reines Silber. Die Verunreinigungen im Silber, nach der Quali-
tät des Probirgutes verschieden, compensiren in Etwas den Ver-
lust durch Capellenzug (S. 236) und werden nicht weiter in Rück-
sicht gezogen. Ein durch Erhitzen des Korns mit Salpetersäure
zu erkennender Goldgehalt (§. 128) ist in Abzug zu bringen.

Die von Metalloxyden mehr oder weniger vollgesogenen
Capellen sind je nach den fremden Beimengungen verschieden
gefärbt, z. B. bei reinem Blei gelb, bei kupferhaltigem mehr oder
weniger schwarzgrün. Antimon bringt die Capelle leicht zum
Bersten. Die in der Hitze rothe, unter der Abkühlung gelbe Feder-
glätte erscheint darin in dünnen, elastisch biegsamen, stark glän-
zenden halbdurchsichtigen Blättchen, welche in lockerer Zusam-
menhäufung zuweilen schöne Gruppirungen bilden. Risse in
den Capellen deuten auf unvollständige Trocknung oder mangel-
haftes Capellenmaterial (S. 89) oder einen grösseren Antimon-
gehalt des Werkbleies. An ihrem tiefsten Puncte zeigen sie da,
wo das Silberkorn gelegen hat, einen schwarzen Fleck, welcher
vielleicht von Silberoxyd herrührt, da hier die Capellenmasse
am silberreichsten ist (S. 237).

Capellen aus Knochenmehl (oder statt dessen aus Fischgräten)
nehmen etwa ein gleiches Gewicht Blei, in Glätte verwandelt,
auf, solche aus Knochenmehl und Asche (S. 91) aber können das
Doppelte Blei anziehen. Letztere leiten auch die Wärme weniger,
brauchen deshalb minder heiss gehalten zu werden und setzen
leichter Federglätte an. Sättigt sich eine zu kleine Capelle mit
Bleioxyd, ohne dass schon alles Blei abgetrieben ist, so stellt
man sie auf eine umgekehrte abgeäthmete leere Capelle, welche
dann das übrige Bleioxyd einsaugt.



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[261/0299] §. 114. Verfahren beim Abtreiben. blanken Oberfläche des flüssigen Kornes zeigen sich hier und da matte Erhabenheiten, welche sich immer mehr an einander reihend, die Oberfläche des erstarrten Kornes matt erscheinen lassen und nach Plattner eine Verbindung von metallischem Silber mit Silberoxyd zu sein scheinen. Bei einem Kupfer- gehalt breitet sich das Korn während des Blickens gewöhnlich etwas aus, kann aber oberflächlich eine ganz weisse Farbe zeigen. Ein geringer Tellurgehalt ertheilt dem Silberkorn eine ge- strickte, graulich weisse matte Oberfläche. Körner mit Wurzeln von Rissen in der Capelle pflegen an diesen bleihaltig zu sein. Das Silber ist nicht chemisch rein, sondern nur brandfein und enthält etwa 997—998 Tausendthle. reines Silber. Die Verunreinigungen im Silber, nach der Quali- tät des Probirgutes verschieden, compensiren in Etwas den Ver- lust durch Capellenzug (S. 236) und werden nicht weiter in Rück- sicht gezogen. Ein durch Erhitzen des Korns mit Salpetersäure zu erkennender Goldgehalt (§. 128) ist in Abzug zu bringen. Die von Metalloxyden mehr oder weniger vollgesogenen Capellen sind je nach den fremden Beimengungen verschieden gefärbt, z. B. bei reinem Blei gelb, bei kupferhaltigem mehr oder weniger schwarzgrün. Antimon bringt die Capelle leicht zum Bersten. Die in der Hitze rothe, unter der Abkühlung gelbe Feder- glätte erscheint darin in dünnen, elastisch biegsamen, stark glän- zenden halbdurchsichtigen Blättchen, welche in lockerer Zusam- menhäufung zuweilen schöne Gruppirungen bilden. Risse in den Capellen deuten auf unvollständige Trocknung oder mangel- haftes Capellenmaterial (S. 89) oder einen grösseren Antimon- gehalt des Werkbleies. An ihrem tiefsten Puncte zeigen sie da, wo das Silberkorn gelegen hat, einen schwarzen Fleck, welcher vielleicht von Silberoxyd herrührt, da hier die Capellenmasse am silberreichsten ist (S. 237). Capellen aus Knochenmehl (oder statt dessen aus Fischgräten) nehmen etwa ein gleiches Gewicht Blei, in Glätte verwandelt, auf, solche aus Knochenmehl und Asche (S. 91) aber können das Doppelte Blei anziehen. Letztere leiten auch die Wärme weniger, brauchen deshalb minder heiss gehalten zu werden und setzen leichter Federglätte an. Sättigt sich eine zu kleine Capelle mit Bleioxyd, ohne dass schon alles Blei abgetrieben ist, so stellt man sie auf eine umgekehrte abgeäthmete leere Capelle, welche dann das übrige Bleioxyd einsaugt.

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Zitationshilfe: Kerl, Bruno: Metallurgische Probirkunst. Leipzig, 1866, S. 261. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kerl_metallurgische_1866/299>, abgerufen am 25.04.2024.