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Klein, Felix: Vergleichende Betrachtungen über neuere geometrische Forschungen. Erlangen, 1872.

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gedacht worden ist. Aber es schien um so berechtigter,
derartige zusammenfassende Betrachtungen zu publiciren,
als die Geometrie, die doch ihrem Stoffe nach einheitlich
ist, bei der raschen Entwicklung, die sie in der letzten Zeit
genommen hat, nur zu sehr in eine Reihe von beinahe
getrennten Disciplinen zerfallen ist 1), die sich ziemlich un-
abhängig von einander weiter bilden. Es lag dabei aber
auch noch die besondere Absicht vor, Methoden und Ge-
sichtspuncte darzulegen, welche von Lie und mir in neu-
eren Arbeiten entwickelt wurden. Es haben unsere bei-
derseitigen Arbeiten, auf wie verschiedenartige Gegenstände
sie sich auch bezogen, übereinstimmend auf die hier dar-
gelegte allgemeine Auffassungsweise hingedrängt, so dass
es eine Art von Nothwendigkeit war, auch einmal diese
zu erörtern und von ihr aus die betr. Arbeiten nach In-
halt und Tendenz zu characterisiren.

War bisher nur von geometrischen Forschungen die
Rede, so sollen darunter mit verstanden sein die Unter-
suchungen über beliebig ausgedehnte Mannigfaltigkeiten,
die sich, unter Abstreifung des für die rein mathemathische
Betrachtung unwesentlichen räumlichen Bildes 2), aus der
Geometrie entwickelt haben 3). Es gibt bei der Untersuch-
ung von Mannigfaltigkeiten eben solche verschiedene Ty-
pen, wie in der Geometrie, und es gilt, wie bei der Geo-
metrie, das Gemeinsame und das Unterscheidende unab-
hängig von einander unternommener Forschungen hervor-
zuheben. Abstract genommen wär es im Folgenden nur
nöthig, schlechthin von mehrfach ausgedehnten Mannigfal-
tigkeiten zu reden; aber durch Anknüpfung an die geläu-
figeren räumlichen Vorstellungen wird die Auseinandersetz-
ung einfacher und verständlicher. Indem wir von der Betrach-
tung der geometrischen Dinge ausgehen und an ihnen als ei-
nem Beispiele die allgemeinen Gedanken entwickeln, verfol-
gen wir den Gang, den die Wissenschaft in ihrer Ausbil-
dung genommen hat, und den bei der Darstellung zu Grunde
zu legen gewöhnlich das Vortheilhafteste ist. --

1) Vergl. Note II.
2) Vergl. Note III.
3) Vergl. Note IV.

gedacht worden ist. Aber es schien um so berechtigter,
derartige zusammenfassende Betrachtungen zu publiciren,
als die Geometrie, die doch ihrem Stoffe nach einheitlich
ist, bei der raschen Entwicklung, die sie in der letzten Zeit
genommen hat, nur zu sehr in eine Reihe von beinahe
getrennten Disciplinen zerfallen ist 1), die sich ziemlich un-
abhängig von einander weiter bilden. Es lag dabei aber
auch noch die besondere Absicht vor, Methoden und Ge-
sichtspuncte darzulegen, welche von Lie und mir in neu-
eren Arbeiten entwickelt wurden. Es haben unsere bei-
derseitigen Arbeiten, auf wie verschiedenartige Gegenstände
sie sich auch bezogen, übereinstimmend auf die hier dar-
gelegte allgemeine Auffassungsweise hingedrängt, so dass
es eine Art von Nothwendigkeit war, auch einmal diese
zu erörtern und von ihr aus die betr. Arbeiten nach In-
halt und Tendenz zu characterisiren.

War bisher nur von geometrischen Forschungen die
Rede, so sollen darunter mit verstanden sein die Unter-
suchungen über beliebig ausgedehnte Mannigfaltigkeiten,
die sich, unter Abstreifung des für die rein mathemathische
Betrachtung unwesentlichen räumlichen Bildes 2), aus der
Geometrie entwickelt haben 3). Es gibt bei der Untersuch-
ung von Mannigfaltigkeiten eben solche verschiedene Ty-
pen, wie in der Geometrie, und es gilt, wie bei der Geo-
metrie, das Gemeinsame und das Unterscheidende unab-
hängig von einander unternommener Forschungen hervor-
zuheben. Abstract genommen wär es im Folgenden nur
nöthig, schlechthin von mehrfach ausgedehnten Mannigfal-
tigkeiten zu reden; aber durch Anknüpfung an die geläu-
figeren räumlichen Vorstellungen wird die Auseinandersetz-
ung einfacher und verständlicher. Indem wir von der Betrach-
tung der geometrischen Dinge ausgehen und an ihnen als ei-
nem Beispiele die allgemeinen Gedanken entwickeln, verfol-
gen wir den Gang, den die Wissenschaft in ihrer Ausbil-
dung genommen hat, und den bei der Darstellung zu Grunde
zu legen gewöhnlich das Vortheilhafteste ist. —

1) Vergl. Note II.
2) Vergl. Note III.
3) Vergl. Note IV.
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[4/0012] gedacht worden ist. Aber es schien um so berechtigter, derartige zusammenfassende Betrachtungen zu publiciren, als die Geometrie, die doch ihrem Stoffe nach einheitlich ist, bei der raschen Entwicklung, die sie in der letzten Zeit genommen hat, nur zu sehr in eine Reihe von beinahe getrennten Disciplinen zerfallen ist 1), die sich ziemlich un- abhängig von einander weiter bilden. Es lag dabei aber auch noch die besondere Absicht vor, Methoden und Ge- sichtspuncte darzulegen, welche von Lie und mir in neu- eren Arbeiten entwickelt wurden. Es haben unsere bei- derseitigen Arbeiten, auf wie verschiedenartige Gegenstände sie sich auch bezogen, übereinstimmend auf die hier dar- gelegte allgemeine Auffassungsweise hingedrängt, so dass es eine Art von Nothwendigkeit war, auch einmal diese zu erörtern und von ihr aus die betr. Arbeiten nach In- halt und Tendenz zu characterisiren. War bisher nur von geometrischen Forschungen die Rede, so sollen darunter mit verstanden sein die Unter- suchungen über beliebig ausgedehnte Mannigfaltigkeiten, die sich, unter Abstreifung des für die rein mathemathische Betrachtung unwesentlichen räumlichen Bildes 2), aus der Geometrie entwickelt haben 3). Es gibt bei der Untersuch- ung von Mannigfaltigkeiten eben solche verschiedene Ty- pen, wie in der Geometrie, und es gilt, wie bei der Geo- metrie, das Gemeinsame und das Unterscheidende unab- hängig von einander unternommener Forschungen hervor- zuheben. Abstract genommen wär es im Folgenden nur nöthig, schlechthin von mehrfach ausgedehnten Mannigfal- tigkeiten zu reden; aber durch Anknüpfung an die geläu- figeren räumlichen Vorstellungen wird die Auseinandersetz- ung einfacher und verständlicher. Indem wir von der Betrach- tung der geometrischen Dinge ausgehen und an ihnen als ei- nem Beispiele die allgemeinen Gedanken entwickeln, verfol- gen wir den Gang, den die Wissenschaft in ihrer Ausbil- dung genommen hat, und den bei der Darstellung zu Grunde zu legen gewöhnlich das Vortheilhafteste ist. — 1) Vergl. Note II. 2) Vergl. Note III. 3) Vergl. Note IV.

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Zitationshilfe: Klein, Felix: Vergleichende Betrachtungen über neuere geometrische Forschungen. Erlangen, 1872, S. 4. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klein_geometrische_1872/12>, abgerufen am 18.04.2024.