Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Kleist, Heinrich von: Das Käthchen von Heilbronn oder die Feuerprobe. Berlin, 1810.

Bild:
<< vorherige Seite
Theobald.
Die Eichen sind so still, die auf den Bergen ver-
streut sind: man hört den Specht, der daran pickt.
Ich glaube, sie wissen, daß Käthchen angekommen ist,
und lauschen auf das, was sie denkt. Wenn ich mich
doch in die Welt auflösen könnte, um es zu erfahren.
Harfenklang muß nicht lieblicher seyn, als ihr Gefühl;
es würde Israel hinweggelockt von David und seinen
Zungen neue Psalter gelehrt haben. -- Mein liebes
Käthchen?
Käthchen.
Mein lieber Vater!
Theobald.
Sprich ein Wort.
Käthchen.
Sind wir am Ziele?
Theobald.
Wir sind's. Dort in jenem freundlichen Gebäude,
das mit seinen Thürmen zwischen die Felsen geklemmt
ist, sind die stillen Zellen der frommen Augustiner-
mönche; und hier, der geheiligte Ort, wo sie beten.
Käthchen.
Ich fühle mich matt.
Theobald.
Wir wollen uns setzen. Komm, gieb mir deine
Hand, das ich dich stütze. Hier vor diesem Gitter ist
Theobald.
Die Eichen ſind ſo ſtill, die auf den Bergen ver-
ſtreut ſind: man hört den Specht, der daran pickt.
Ich glaube, ſie wiſſen, daß Käthchen angekommen iſt,
und lauſchen auf das, was ſie denkt. Wenn ich mich
doch in die Welt auflöſen könnte, um es zu erfahren.
Harfenklang muß nicht lieblicher ſeyn, als ihr Gefühl;
es würde Iſrael hinweggelockt von David und ſeinen
Zungen neue Pſalter gelehrt haben. — Mein liebes
Käthchen?
Käthchen.
Mein lieber Vater!
Theobald.
Sprich ein Wort.
Käthchen.
Sind wir am Ziele?
Theobald.
Wir ſind's. Dort in jenem freundlichen Gebäude,
das mit ſeinen Thürmen zwiſchen die Felſen geklemmt
iſt, ſind die ſtillen Zellen der frommen Auguſtiner-
mönche; und hier, der geheiligte Ort, wo ſie beten.
Käthchen.
Ich fühle mich matt.
Theobald.
Wir wollen uns ſetzen. Komm, gieb mir deine
Hand, das ich dich ſtütze. Hier vor dieſem Gitter iſt
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0101" n="95"/>
          <sp who="#THE">
            <speaker><hi rendition="#g">Theobald</hi>.</speaker><lb/>
            <p>Die Eichen &#x017F;ind &#x017F;o &#x017F;till, die auf den Bergen ver-<lb/>
&#x017F;treut &#x017F;ind: man hört den Specht, der daran pickt.<lb/>
Ich glaube, &#x017F;ie wi&#x017F;&#x017F;en, daß Käthchen angekommen i&#x017F;t,<lb/>
und lau&#x017F;chen auf das, was &#x017F;ie denkt. Wenn ich mich<lb/>
doch in die Welt auflö&#x017F;en könnte, um es zu erfahren.<lb/>
Harfenklang muß nicht lieblicher &#x017F;eyn, als ihr Gefühl;<lb/>
es würde I&#x017F;rael hinweggelockt von David und &#x017F;einen<lb/>
Zungen neue P&#x017F;alter gelehrt haben. &#x2014; Mein liebes<lb/>
Käthchen?</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#KAET">
            <speaker><hi rendition="#g">Käthchen</hi>.</speaker><lb/>
            <p>Mein lieber Vater!</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#THE">
            <speaker><hi rendition="#g">Theobald</hi>.</speaker><lb/>
            <p>Sprich ein Wort.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#KAET">
            <speaker><hi rendition="#g">Käthchen</hi>.</speaker><lb/>
            <p>Sind wir am Ziele?</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#THE">
            <speaker><hi rendition="#g">Theobald</hi>.</speaker><lb/>
            <p>Wir &#x017F;ind's. Dort in jenem freundlichen Gebäude,<lb/>
das mit &#x017F;einen Thürmen zwi&#x017F;chen die Fel&#x017F;en geklemmt<lb/>
i&#x017F;t, &#x017F;ind die &#x017F;tillen Zellen der frommen Augu&#x017F;tiner-<lb/>
mönche; und hier, der geheiligte Ort, wo &#x017F;ie beten.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#KAET">
            <speaker><hi rendition="#g">Käthchen</hi>.</speaker><lb/>
            <p>Ich fühle mich matt.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#THE">
            <speaker><hi rendition="#g">Theobald</hi>.</speaker><lb/>
            <p>Wir wollen uns &#x017F;etzen. Komm, gieb mir deine<lb/>
Hand, das ich dich &#x017F;tütze. Hier vor die&#x017F;em Gitter i&#x017F;t<lb/></p>
          </sp>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[95/0101] Theobald. Die Eichen ſind ſo ſtill, die auf den Bergen ver- ſtreut ſind: man hört den Specht, der daran pickt. Ich glaube, ſie wiſſen, daß Käthchen angekommen iſt, und lauſchen auf das, was ſie denkt. Wenn ich mich doch in die Welt auflöſen könnte, um es zu erfahren. Harfenklang muß nicht lieblicher ſeyn, als ihr Gefühl; es würde Iſrael hinweggelockt von David und ſeinen Zungen neue Pſalter gelehrt haben. — Mein liebes Käthchen? Käthchen. Mein lieber Vater! Theobald. Sprich ein Wort. Käthchen. Sind wir am Ziele? Theobald. Wir ſind's. Dort in jenem freundlichen Gebäude, das mit ſeinen Thürmen zwiſchen die Felſen geklemmt iſt, ſind die ſtillen Zellen der frommen Auguſtiner- mönche; und hier, der geheiligte Ort, wo ſie beten. Käthchen. Ich fühle mich matt. Theobald. Wir wollen uns ſetzen. Komm, gieb mir deine Hand, das ich dich ſtütze. Hier vor dieſem Gitter iſt

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kleist_kaethchen_1810
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kleist_kaethchen_1810/101
Zitationshilfe: Kleist, Heinrich von: Das Käthchen von Heilbronn oder die Feuerprobe. Berlin, 1810, S. 95. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kleist_kaethchen_1810/101>, abgerufen am 28.03.2024.