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Klinger, Friedrich Maximilian: Fausts Leben, Thaten und Höllenfahrt. St. Petersburg, 1791.

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11.

Faust befand sich hier in seinem Elemen-
te, die geistige Schwärmerey hatte den Zun-
der der Lust so nahe an die Herzen gelegt,
daß er nur anzublasen brauchte, um sie in
Flammen zu setzen. Er flog von Sieg zu
Sieg, nuzte hierbey die Macht des Teufels
wenig, destomehr aber sein Gold und Ju-
welen, die auch die Frommen zu brauchen
wissen. Angelika ward unsichtbar, und al-
les Bemühen Fausts war vergebens, ihr
noch einmal zu nahen, er vergaß sie auch
bald in den neuen Berauschungen. Er las
in der Zwischenzeit mit dem Teufel die Hand-
schrift der Physiognomik, die ihm einer der
Späher für eine große Summe verkauft hat-
te, und ärgerte sich grimmig an der Zuver-
läßigkeit, der Unwissenheit und dem dichte-
rischen Schwulst des Verfassers. Der Teu-
fel glühte vor Zorn, da er sogar sein eignes
Portrait in der Handschrift fand, das der
junge Mönch mit der nur ihm eignen Verwe-
genheit beurtheilt hatte. Es verdroß ihn so

heftig,
11.

Fauſt befand ſich hier in ſeinem Elemen-
te, die geiſtige Schwaͤrmerey hatte den Zun-
der der Luſt ſo nahe an die Herzen gelegt,
daß er nur anzublaſen brauchte, um ſie in
Flammen zu ſetzen. Er flog von Sieg zu
Sieg, nuzte hierbey die Macht des Teufels
wenig, deſtomehr aber ſein Gold und Ju-
welen, die auch die Frommen zu brauchen
wiſſen. Angelika ward unſichtbar, und al-
les Bemuͤhen Fauſts war vergebens, ihr
noch einmal zu nahen, er vergaß ſie auch
bald in den neuen Berauſchungen. Er las
in der Zwiſchenzeit mit dem Teufel die Hand-
ſchrift der Phyſiognomik, die ihm einer der
Spaͤher fuͤr eine große Summe verkauft hat-
te, und aͤrgerte ſich grimmig an der Zuver-
laͤßigkeit, der Unwiſſenheit und dem dichte-
riſchen Schwulſt des Verfaſſers. Der Teu-
fel gluͤhte vor Zorn, da er ſogar ſein eignes
Portrait in der Handſchrift fand, das der
junge Moͤnch mit der nur ihm eignen Verwe-
genheit beurtheilt hatte. Es verdroß ihn ſo

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[228/0239] 11. Fauſt befand ſich hier in ſeinem Elemen- te, die geiſtige Schwaͤrmerey hatte den Zun- der der Luſt ſo nahe an die Herzen gelegt, daß er nur anzublaſen brauchte, um ſie in Flammen zu ſetzen. Er flog von Sieg zu Sieg, nuzte hierbey die Macht des Teufels wenig, deſtomehr aber ſein Gold und Ju- welen, die auch die Frommen zu brauchen wiſſen. Angelika ward unſichtbar, und al- les Bemuͤhen Fauſts war vergebens, ihr noch einmal zu nahen, er vergaß ſie auch bald in den neuen Berauſchungen. Er las in der Zwiſchenzeit mit dem Teufel die Hand- ſchrift der Phyſiognomik, die ihm einer der Spaͤher fuͤr eine große Summe verkauft hat- te, und aͤrgerte ſich grimmig an der Zuver- laͤßigkeit, der Unwiſſenheit und dem dichte- riſchen Schwulſt des Verfaſſers. Der Teu- fel gluͤhte vor Zorn, da er ſogar ſein eignes Portrait in der Handſchrift fand, das der junge Moͤnch mit der nur ihm eignen Verwe- genheit beurtheilt hatte. Es verdroß ihn ſo heftig,

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Zitationshilfe: Klinger, Friedrich Maximilian: Fausts Leben, Thaten und Höllenfahrt. St. Petersburg, 1791, S. 228. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klinger_faust_1791/239>, abgerufen am 29.03.2024.