Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Klopstock, Friedrich Gottlieb: Deutsche Gelehrtenrepublik. Hamburg, 1774.

Bild:
<< vorherige Seite
Belonte Gutherzigkeit.

Dem Fürsten der Ansibaren, Bojokalen, war Auf-
ruhr die Befreyung, welche die Jrmensäule verdien-
te, und erhielt. Dafür flehten er und sein Volk
auch dem Feldherrn der Römer vergebens um unbe-
wohnte Felder in ihrem Vaterlande. Sie musten,
da sie fortzogen, die Thräne hinstürzen: Fehlt uns
Erde zur Hütte; so fehlt sie uns doch zum Grabe
nicht.

Dieß erreichten sie bald; die Jünglinge, und die
Männer durch ihr Schwert, die Greise in der Fes-
sel. Und nun waren keine Ansibaren mehr.

Die grosse Entscheidung.

Sechs deutsche Cohorten legten in Pharsaliens
Wagschale das Uebergewicht für den, der in Scy-
thien die Eroberung Deutschlands versuchen wolte.
Allein Brutus zukte den Dolch gegen ihn, und nun
bedurft es unsers Schwertes nicht.

Wir gegen uns.

Die Brukterer waren, bis zum Uebermute, stolz,
und ihre Nachbarn, bis zur Grausamkeit, Hasser
dieser Stolzen. Die Verbündeten zogen das
Schwert, und hörten erst auf zu vertilgen, als die
Uebrigen mit den Schatten sechzig tausend Todter
flohn. Ein Schauspiel für die Römer, das ihr Herz
gewünscht hatte, und das ihr Auge sah. Wir haben
andern Feinden gleiche Schauspiele aufgeführt.

Späte Wiederkunft.

Vierzig Winter waren vergangen, und die gefes-
selten Fabier in Hütt und Hürde grau geworden.

Da
Belonte Gutherzigkeit.

Dem Fuͤrſten der Anſibaren, Bojokalen, war Auf-
ruhr die Befreyung, welche die Jrmenſaͤule verdien-
te, und erhielt. Dafuͤr flehten er und ſein Volk
auch dem Feldherrn der Roͤmer vergebens um unbe-
wohnte Felder in ihrem Vaterlande. Sie muſten,
da ſie fortzogen, die Thraͤne hinſtuͤrzen: Fehlt uns
Erde zur Huͤtte; ſo fehlt ſie uns doch zum Grabe
nicht.

Dieß erreichten ſie bald; die Juͤnglinge, und die
Maͤnner durch ihr Schwert, die Greiſe in der Feſ-
ſel. Und nun waren keine Anſibaren mehr.

Die groſſe Entſcheidung.

Sechs deutſche Cohorten legten in Pharſaliens
Wagſchale das Uebergewicht fuͤr den, der in Scy-
thien die Eroberung Deutſchlands verſuchen wolte.
Allein Brutus zukte den Dolch gegen ihn, und nun
bedurft es unſers Schwertes nicht.

Wir gegen uns.

Die Brukterer waren, bis zum Uebermute, ſtolz,
und ihre Nachbarn, bis zur Grauſamkeit, Haſſer
dieſer Stolzen. Die Verbuͤndeten zogen das
Schwert, und hoͤrten erſt auf zu vertilgen, als die
Uebrigen mit den Schatten ſechzig tauſend Todter
flohn. Ein Schauſpiel fuͤr die Roͤmer, das ihr Herz
gewuͤnſcht hatte, und das ihr Auge ſah. Wir haben
andern Feinden gleiche Schauſpiele aufgefuͤhrt.

Spaͤte Wiederkunft.

Vierzig Winter waren vergangen, und die gefeſ-
ſelten Fabier in Huͤtt und Huͤrde grau geworden.

Da
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0324" n="248"/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b">Belonte Gutherzigkeit.</hi> </head><lb/>
            <p>Dem Fu&#x0364;r&#x017F;ten der An&#x017F;ibaren, Bojokalen, war Auf-<lb/>
ruhr die Befreyung, welche die Jrmen&#x017F;a&#x0364;ule verdien-<lb/>
te, und erhielt. Dafu&#x0364;r flehten er und &#x017F;ein Volk<lb/>
auch dem Feldherrn der Ro&#x0364;mer vergebens um unbe-<lb/>
wohnte Felder in ihrem Vaterlande. Sie mu&#x017F;ten,<lb/>
da &#x017F;ie fortzogen, die Thra&#x0364;ne hin&#x017F;tu&#x0364;rzen: Fehlt uns<lb/>
Erde zur Hu&#x0364;tte; &#x017F;o fehlt &#x017F;ie uns doch zum Grabe<lb/>
nicht.</p><lb/>
            <p>Dieß erreichten &#x017F;ie bald; die Ju&#x0364;nglinge, und die<lb/>
Ma&#x0364;nner durch ihr Schwert, die Grei&#x017F;e in der Fe&#x017F;-<lb/>
&#x017F;el. Und nun waren keine An&#x017F;ibaren mehr.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b">Die gro&#x017F;&#x017F;e Ent&#x017F;cheidung.</hi> </head><lb/>
            <p>Sechs deut&#x017F;che Cohorten legten in Phar&#x017F;aliens<lb/>
Wag&#x017F;chale das Uebergewicht fu&#x0364;r den, der in Scy-<lb/>
thien die Eroberung Deut&#x017F;chlands ver&#x017F;uchen wolte.<lb/>
Allein Brutus zukte den Dolch gegen ihn, und nun<lb/>
bedurft es un&#x017F;ers Schwertes nicht.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b">Wir gegen uns.</hi> </head><lb/>
            <p>Die Brukterer waren, bis zum Uebermute, &#x017F;tolz,<lb/>
und ihre Nachbarn, bis zur Grau&#x017F;amkeit, Ha&#x017F;&#x017F;er<lb/>
die&#x017F;er Stolzen. Die Verbu&#x0364;ndeten zogen das<lb/>
Schwert, und ho&#x0364;rten er&#x017F;t auf zu vertilgen, als die<lb/>
Uebrigen mit den Schatten &#x017F;echzig tau&#x017F;end Todter<lb/>
flohn. Ein Schau&#x017F;piel fu&#x0364;r die Ro&#x0364;mer, das ihr Herz<lb/>
gewu&#x0364;n&#x017F;cht hatte, und das ihr Auge &#x017F;ah. Wir haben<lb/>
andern Feinden gleiche Schau&#x017F;piele aufgefu&#x0364;hrt.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b">Spa&#x0364;te Wiederkunft.</hi> </head><lb/>
            <p>Vierzig Winter waren vergangen, und die gefe&#x017F;-<lb/>
&#x017F;elten Fabier in Hu&#x0364;tt und Hu&#x0364;rde grau geworden.<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Da</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[248/0324] Belonte Gutherzigkeit. Dem Fuͤrſten der Anſibaren, Bojokalen, war Auf- ruhr die Befreyung, welche die Jrmenſaͤule verdien- te, und erhielt. Dafuͤr flehten er und ſein Volk auch dem Feldherrn der Roͤmer vergebens um unbe- wohnte Felder in ihrem Vaterlande. Sie muſten, da ſie fortzogen, die Thraͤne hinſtuͤrzen: Fehlt uns Erde zur Huͤtte; ſo fehlt ſie uns doch zum Grabe nicht. Dieß erreichten ſie bald; die Juͤnglinge, und die Maͤnner durch ihr Schwert, die Greiſe in der Feſ- ſel. Und nun waren keine Anſibaren mehr. Die groſſe Entſcheidung. Sechs deutſche Cohorten legten in Pharſaliens Wagſchale das Uebergewicht fuͤr den, der in Scy- thien die Eroberung Deutſchlands verſuchen wolte. Allein Brutus zukte den Dolch gegen ihn, und nun bedurft es unſers Schwertes nicht. Wir gegen uns. Die Brukterer waren, bis zum Uebermute, ſtolz, und ihre Nachbarn, bis zur Grauſamkeit, Haſſer dieſer Stolzen. Die Verbuͤndeten zogen das Schwert, und hoͤrten erſt auf zu vertilgen, als die Uebrigen mit den Schatten ſechzig tauſend Todter flohn. Ein Schauſpiel fuͤr die Roͤmer, das ihr Herz gewuͤnſcht hatte, und das ihr Auge ſah. Wir haben andern Feinden gleiche Schauſpiele aufgefuͤhrt. Spaͤte Wiederkunft. Vierzig Winter waren vergangen, und die gefeſ- ſelten Fabier in Huͤtt und Huͤrde grau geworden. Da

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_gelehrtenrepublik_1774
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_gelehrtenrepublik_1774/324
Zitationshilfe: Klopstock, Friedrich Gottlieb: Deutsche Gelehrtenrepublik. Hamburg, 1774, S. 248. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_gelehrtenrepublik_1774/324>, abgerufen am 29.03.2024.