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Klopstock, Friedrich Gottlieb: Deutsche Gelehrtenrepublik. Hamburg, 1774.

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durch diese allein: sie werden aber nicht immer alle
bestimt, weil die Tonstellung manchmal so beschaffen
ist, daß sie keine oder fast keine Wirkung (keine oder fast keine Wirkung) hat.

Verschiedne Wirkung der Tonstellung in Ab-
sicht auf die zweyzeitigen Wörter, und die zwey-
zeitigen Sylben. Vorhergehende, nachfolgende
und einschliessende Wörter oder Sylben bestimmen
das Tonmaaß zweyzeitiger Wörter. Die Bestim-
mung ist ausser ihnen. Die Bestimmung zweyzei-
tiger Sylben ist in den Wörtern selbst, zu denen sie
gehören. Die Wörter oder Sylben, welche ausser den

mehr-
fang sie in den verwandten hat. Da ihre Wirkung
bey uns Bestimmung der Zweyzeitigkeit ist; so
muß man sie mit dem Accente der Griechen (Leute,
die viel Kentnisse, und nicht weniger Urtheil zu
haben glauben, haben es so gar mit unserm
Tonmaasse überhaupt
so gemacht) nicht
vergleichen. Denn ob ich anthroopos oder an-
throopu
bezeichne, so behalten an und throo
eben dieselbe Quantität. Jch führe dieß nur an,
um der so oft von Deutschen, und mich deucht al-
lein von Deutschen, gemachten Beschuldigung zu
begegnen, daß unser Tonmaaß Accentquantität
wäre. Jch gebe gern zu, daß mancher Deutsche
mehr Griechisch, als Deutsch wisse; aber ich kann
nicht zugeben, daß man viel Griechisch wisse, wenn
man |sich nicht erinnert, daß bey den Griechen der
Accent die Quantität nicht allein nicht bestimte,
sondern daß jener so gar nach dieser verändert
wurde.
(keine oder fast keine Wirkung) Die-
ses findet besonders alsdann statt, wenn nur
Eine kurze Sylbe neben der zweyzeitigen steht.
Es ist die Sache des guten Dichters, diese Ton-
stellung zu vermeiden.
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durch dieſe allein: ſie werden aber nicht immer alle
beſtimt, weil die Tonſtellung manchmal ſo beſchaffen
iſt, daß ſie keine oder faſt keine Wirkung (keine oder fast keine Wirkung) hat.

Verſchiedne Wirkung der Tonſtellung in Ab-
ſicht auf die zweyzeitigen Woͤrter, und die zwey-
zeitigen Sylben. Vorhergehende, nachfolgende
und einſchlieſſende Woͤrter oder Sylben beſtimmen
das Tonmaaß zweyzeitiger Woͤrter. Die Beſtim-
mung iſt auſſer ihnen. Die Beſtimmung zweyzei-
tiger Sylben iſt in den Woͤrtern ſelbſt, zu denen ſie
gehoͤren. Die Woͤrter oder Sylben, welche auſſer den

mehr-
fang ſie in den verwandten hat. Da ihre Wirkung
bey uns Beſtimmung der Zweyzeitigkeit iſt; ſo
muß man ſie mit dem Accente der Griechen (Leute,
die viel Kentniſſe, und nicht weniger Urtheil zu
haben glauben, haben es ſo gar mit unſerm
Tonmaaſſe uͤberhaupt
ſo gemacht) nicht
vergleichen. Denn ob ich ánthroopos oder an-
thróopu
bezeichne, ſo behalten an und throo
eben dieſelbe Quantitaͤt. Jch fuͤhre dieß nur an,
um der ſo oft von Deutſchen, und mich deucht al-
lein von Deutſchen, gemachten Beſchuldigung zu
begegnen, daß unſer Tonmaaß Accentquantitaͤt
waͤre. Jch gebe gern zu, daß mancher Deutſche
mehr Griechiſch, als Deutſch wiſſe; aber ich kann
nicht zugeben, daß man viel Griechiſch wiſſe, wenn
man |ſich nicht erinnert, daß bey den Griechen der
Accent die Quantitaͤt nicht allein nicht beſtimte,
ſondern daß jener ſo gar nach dieſer veraͤndert
wurde.
(keine oder fast keine Wirkung) Die-
ſes findet beſonders alsdann ſtatt, wenn nur
Eine kurze Sylbe neben der zweyzeitigen ſteht.
Es iſt die Sache des guten Dichters, dieſe Ton-
ſtellung zu vermeiden.
Z 3
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[357/0433] durch dieſe allein: ſie werden aber nicht immer alle beſtimt, weil die Tonſtellung manchmal ſo beſchaffen iſt, daß ſie keine oder faſt keine Wirkung (keine oder fast keine Wirkung) hat. Verſchiedne Wirkung der Tonſtellung in Ab- ſicht auf die zweyzeitigen Woͤrter, und die zwey- zeitigen Sylben. Vorhergehende, nachfolgende und einſchlieſſende Woͤrter oder Sylben beſtimmen das Tonmaaß zweyzeitiger Woͤrter. Die Beſtim- mung iſt auſſer ihnen. Die Beſtimmung zweyzei- tiger Sylben iſt in den Woͤrtern ſelbſt, zu denen ſie gehoͤren. Die Woͤrter oder Sylben, welche auſſer den mehr- (Nachdruk. Leidenschaft.) (keine oder fast keine Wirkung) Die- ſes findet beſonders alsdann ſtatt, wenn nur Eine kurze Sylbe neben der zweyzeitigen ſteht. Es iſt die Sache des guten Dichters, dieſe Ton- ſtellung zu vermeiden. (Nachdruk. Leidenschaft.) fang ſie in den verwandten hat. Da ihre Wirkung bey uns Beſtimmung der Zweyzeitigkeit iſt; ſo muß man ſie mit dem Accente der Griechen (Leute, die viel Kentniſſe, und nicht weniger Urtheil zu haben glauben, haben es ſo gar mit unſerm Tonmaaſſe uͤberhaupt ſo gemacht) nicht vergleichen. Denn ob ich ánthroopos oder an- thróopu bezeichne, ſo behalten an und throo eben dieſelbe Quantitaͤt. Jch fuͤhre dieß nur an, um der ſo oft von Deutſchen, und mich deucht al- lein von Deutſchen, gemachten Beſchuldigung zu begegnen, daß unſer Tonmaaß Accentquantitaͤt waͤre. Jch gebe gern zu, daß mancher Deutſche mehr Griechiſch, als Deutſch wiſſe; aber ich kann nicht zugeben, daß man viel Griechiſch wiſſe, wenn man |ſich nicht erinnert, daß bey den Griechen der Accent die Quantitaͤt nicht allein nicht beſtimte, ſondern daß jener ſo gar nach dieſer veraͤndert wurde. Z 3

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Zitationshilfe: Klopstock, Friedrich Gottlieb: Deutsche Gelehrtenrepublik. Hamburg, 1774, S. 357. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klopstock_gelehrtenrepublik_1774/433>, abgerufen am 25.04.2024.