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Klüber, Johann Ludwig: Europäisches Völkerrecht. Bd. 1. Stuttgart, 1821.

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II. Th. II. Tit. Bedingte Rechte; in friedl. Verhältn.
die beiderseitigen Küsten verschiedenen Staaten gehörten. --
Viele Staatsverträge bestimmen für benachbarte Meere eine
Entfernung von drei Lieues, z. B. der pariser Fr. von 1763,
Art. 5, vergl. jedoch mit Art. 15, wo 15 Lieues festgesetzt
sind; der französische Tractat mit Algier, von 1689, be-
stimmt 10 Lieues von der französischen Küste an. Daher
betrachten einige die Weite von drei Lieues als einen auf
Herkommen beruhenden Grundsatz des europäischen Völker-
rechtes. Manche der ältern Rechtslehrer bestimmten nach
Willkühr eine Meilenzahl, z. B. 60, oder 100; andere wähl-
ten einen andern, noch schwankenderen Maasstab, z. B. zwei
Tagreisen, oder so weit das Gesicht eines Menschen, oder
ein Wurfspiess in die See trägt, oder die Stimme eines Men-
schen von der Küste aus gehört werden kann. Rayneval
stimmt für den sichtbaren Horizont. Oberherrschaft und
Eigenthum über die See behauptet Dänemark, 4 Meilen von
Island, und 15 von Grönland. Streit desswegen mit Gross-
britannien und den vereinigten Niederlanden. Moser's Ver-
such, VII. 677. Kluit hist. federum Belgii federati, P. II.
p. 422. Pestel diss. selecta capita juris gentium maritimi, §. 9.
b) z. B. die Südersee, das curische und das frische Haff.
§. 131.
Fortsetzung.

Von der angezeigten Art sind ferner: 4) die-
jenigen grössern Meerbusen, Meerengen und
angrenzenden Meere, welche, obgleich sie von
dem Ufer aus mit Canonen nicht ganz können
bestrichen werden, dennoch als beherrscht von
andern Staaten anerkannt sind a) (mare clau-
sum); 5) diejenigen Theile des Weltmeeres an
dem Landgebiet, wo den Schiffen durch die
Natur oder Kunst mehr oder weniger Sicher-
heit gegen Sturm verschafft wird, so weit man
den Schiffen nach Willkühr den Eingang oder
Aufenthalt wehren kann b) (Rheden, Hafen);

II. Th. II. Tit. Bedingte Rechte; in friedl. Verhältn.
die beiderseitigen Küsten verschiedenen Staaten gehörten. —
Viele Staatsverträge bestimmen für benachbarte Meere eine
Entfernung von drei Lieues, z. B. der pariser Fr. von 1763,
Art. 5, vergl. jedoch mit Art. 15, wo 15 Lieues festgesetzt
sind; der französische Tractat mit Algier, von 1689, be-
stimmt 10 Lieues von der französischen Küste an. Daher
betrachten einige die Weite von drei Lieues als einen auf
Herkommen beruhenden Grundsatz des europäischen Völker-
rechtes. Manche der ältern Rechtslehrer bestimmten nach
Willkühr eine Meilenzahl, z. B. 60, oder 100; andere wähl-
ten einen andern, noch schwankenderen Maasstab, z. B. zwei
Tagreisen, oder so weit das Gesicht eines Menschen, oder
ein Wurfspieſs in die See trägt, oder die Stimme eines Men-
schen von der Küste aus gehört werden kann. Rayneval
stimmt für den sichtbaren Horizont. Oberherrschaft und
Eigenthum über die See behauptet Dänemark, 4 Meilen von
Island, und 15 von Grönland. Streit deſswegen mit Groſs-
britannien und den vereinigten Niederlanden. Moser’s Ver-
such, VII. 677. Kluit hist. federum Belgii federati, P. II.
p. 422. Pestel diss. selecta capita juris gentium maritimi, §. 9.
b) z. B. die Südersee, das curische und das frische Haff.
§. 131.
Fortsetzung.

Von der angezeigten Art sind ferner: 4) die-
jenigen grössern Meerbusen, Meerengen und
angrenzenden Meere, welche, obgleich sie von
dem Ufer aus mit Canonen nicht ganz können
bestrichen werden, dennoch als beherrscht von
andern Staaten anerkannt sind a) (mare clau-
sum); 5) diejenigen Theile des Weltmeeres an
dem Landgebiet, wo den Schiffen durch die
Natur oder Kunst mehr oder weniger Sicher-
heit gegen Sturm verschafft wird, so weit man
den Schiffen nach Willkühr den Eingang oder
Aufenthalt wehren kann b) (Rheden, Hafen);

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[206/0212] II. Th. II. Tit. Bedingte Rechte; in friedl. Verhältn. a⁾ die beiderseitigen Küsten verschiedenen Staaten gehörten. — Viele Staatsverträge bestimmen für benachbarte Meere eine Entfernung von drei Lieues, z. B. der pariser Fr. von 1763, Art. 5, vergl. jedoch mit Art. 15, wo 15 Lieues festgesetzt sind; der französische Tractat mit Algier, von 1689, be- stimmt 10 Lieues von der französischen Küste an. Daher betrachten einige die Weite von drei Lieues als einen auf Herkommen beruhenden Grundsatz des europäischen Völker- rechtes. Manche der ältern Rechtslehrer bestimmten nach Willkühr eine Meilenzahl, z. B. 60, oder 100; andere wähl- ten einen andern, noch schwankenderen Maasstab, z. B. zwei Tagreisen, oder so weit das Gesicht eines Menschen, oder ein Wurfspieſs in die See trägt, oder die Stimme eines Men- schen von der Küste aus gehört werden kann. Rayneval stimmt für den sichtbaren Horizont. Oberherrschaft und Eigenthum über die See behauptet Dänemark, 4 Meilen von Island, und 15 von Grönland. Streit deſswegen mit Groſs- britannien und den vereinigten Niederlanden. Moser’s Ver- such, VII. 677. Kluit hist. federum Belgii federati, P. II. p. 422. Pestel diss. selecta capita juris gentium maritimi, §. 9. b⁾ z. B. die Südersee, das curische und das frische Haff. §. 131. Fortsetzung. Von der angezeigten Art sind ferner: 4) die- jenigen grössern Meerbusen, Meerengen und angrenzenden Meere, welche, obgleich sie von dem Ufer aus mit Canonen nicht ganz können bestrichen werden, dennoch als beherrscht von andern Staaten anerkannt sind a) (mare clau- sum); 5) diejenigen Theile des Weltmeeres an dem Landgebiet, wo den Schiffen durch die Natur oder Kunst mehr oder weniger Sicher- heit gegen Sturm verschafft wird, so weit man den Schiffen nach Willkühr den Eingang oder Aufenthalt wehren kann b) (Rheden, Hafen);

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Zitationshilfe: Klüber, Johann Ludwig: Europäisches Völkerrecht. Bd. 1. Stuttgart, 1821, S. 206. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klueber_voelkerrecht01_1821/212>, abgerufen am 28.03.2024.