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Klüber, Johann Ludwig: Europäisches Völkerrecht. Bd. 1. Stuttgart, 1821.

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II. Th. II. Tit. Bedingte Rechte; in friedl. Verhältn.
jedem Andern die Pflicht auflegt, sich des Ge-
brauchs der occupirten Sache zu enthalten b).
Die Occupation eines unbewohnten, Niemand
gehörigen Theils des Erdbodens, erstreckt sich
daher weiter nicht, als die geschehene eigenthüm-
liche Besitznehmung klar ist. Als Zeichen die-
ser Besitzergreifung und der Fortdauer des ei-
genthümlichen Besitzes, dienen alle äussern Merk-
male, wodurch einem Andern die schon gesche-
hene Zueignung der Sache, und deren Fort-
dauer c), bekannt werden kann.

a) Auch nicht die blosse Entdeckung, z. B. einer Insel. -- Un-
befugt waren die päpstlichen ExclusivPrivilegien auf Län-
derEntdeckungen und Occupationen, für Portugal 1454, be-
stätigt 1481 und 1493, für Spanien 1493, nebst der vom
Papst gezogenen DemarcationsLinie; auch war unverbind-
lich für dritte Mächte, der unter jenen beiden Staaten, in
Absicht auf eine solche Linie, unter päpstlicher Vermittlung
geschlossene Vergleich von 1494, bestätigt 1506 von Papst
Julius II. Günther's VR. II, 7 f. 203 f. Büsch Welthän-
del, S. 63. Meusel's europ. Staatengeschichte (Leipz. 1816),
S. 82 f. Dennoch hielt Spanien noch in der neuern Zeit
sich für berechtigt, alle andern Nationen von Erwerbungen
in der Südsee auszuschliessen, auch sogar die diesseit der
Meerenge gelegene Küste von den portugiesischen Grenzen
in Brasilien bis an die Spitze von SüdAmerika allein zu be-
sitzen, obgleich es dort fast keine Colonien hat. Moser's
Beyträge, V. 515. Auch behauptete es, dass England unter
Jacob I. zu seinem Vortheil verzichtet habe auf Anlegung
irgend eines Etablissements in SüdAmerika. Ebendas. V. 521.
Auch Holland that Vorstellung gegen Anlegung einer gross-
britannischen Colonie in Ostindien, auf einer Insel in der
Nähe holländischer Besitzungen. Ebendas. V. 556. -- Un-
ter dem Vorwand der ersten Entdeckung, Eroberung und
Occupation, liessen die Vereinigten Staaten von Amerika im
J. 1813 von einer ziemlich bevölkerten Insel Besitz nehmen,

II. Th. II. Tit. Bedingte Rechte; in friedl. Verhältn.
jedem Andern die Pflicht auflegt, sich des Ge-
brauchs der occupirten Sache zu enthalten b).
Die Occupation eines unbewohnten, Niemand
gehörigen Theils des Erdbodens, erstreckt sich
daher weiter nicht, als die geschehene eigenthüm-
liche Besitznehmung klar ist. Als Zeichen die-
ser Besitzergreifung und der Fortdauer des ei-
genthümlichen Besitzes, dienen alle äussern Merk-
male, wodurch einem Andern die schon gesche-
hene Zueignung der Sache, und deren Fort-
dauer c), bekannt werden kann.

a) Auch nicht die blosse Entdeckung, z. B. einer Insel. — Un-
befugt waren die päpstlichen ExclusivPrivilegien auf Län-
derEntdeckungen und Occupationen, für Portugal 1454, be-
stätigt 1481 und 1493, für Spanien 1493, nebst der vom
Papst gezogenen DemarcationsLinie; auch war unverbind-
lich für dritte Mächte, der unter jenen beiden Staaten, in
Absicht auf eine solche Linie, unter päpstlicher Vermittlung
geschlossene Vergleich von 1494, bestätigt 1506 von Papst
Julius II. Günther’s VR. II, 7 f. 203 f. Büsch Welthän-
del, S. 63. Meusel’s europ. Staatengeschichte (Leipz. 1816),
S. 82 f. Dennoch hielt Spanien noch in der neuern Zeit
sich für berechtigt, alle andern Nationen von Erwerbungen
in der Südsee auszuschliessen, auch sogar die diesseit der
Meerenge gelegene Küste von den portugiesischen Grenzen
in Brasilien bis an die Spitze von SüdAmerika allein zu be-
sitzen, obgleich es dort fast keine Colonien hat. Moser’s
Beyträge, V. 515. Auch behauptete es, daſs England unter
Jacob I. zu seinem Vortheil verzichtet habe auf Anlegung
irgend eines Etablissements in SüdAmerika. Ebendas. V. 521.
Auch Holland that Vorstellung gegen Anlegung einer groſs-
britannischen Colonie in Ostindien, auf einer Insel in der
Nähe holländischer Besitzungen. Ebendas. V. 556. — Un-
ter dem Vorwand der ersten Entdeckung, Eroberung und
Occupation, liessen die Vereinigten Staaten von Amerika im
J. 1813 von einer ziemlich bevölkerten Insel Besitz nehmen,
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[200/0206] II. Th. II. Tit. Bedingte Rechte; in friedl. Verhältn. jedem Andern die Pflicht auflegt, sich des Ge- brauchs der occupirten Sache zu enthalten b). Die Occupation eines unbewohnten, Niemand gehörigen Theils des Erdbodens, erstreckt sich daher weiter nicht, als die geschehene eigenthüm- liche Besitznehmung klar ist. Als Zeichen die- ser Besitzergreifung und der Fortdauer des ei- genthümlichen Besitzes, dienen alle äussern Merk- male, wodurch einem Andern die schon gesche- hene Zueignung der Sache, und deren Fort- dauer c), bekannt werden kann. a⁾ Auch nicht die blosse Entdeckung, z. B. einer Insel. — Un- befugt waren die päpstlichen ExclusivPrivilegien auf Län- derEntdeckungen und Occupationen, für Portugal 1454, be- stätigt 1481 und 1493, für Spanien 1493, nebst der vom Papst gezogenen DemarcationsLinie; auch war unverbind- lich für dritte Mächte, der unter jenen beiden Staaten, in Absicht auf eine solche Linie, unter päpstlicher Vermittlung geschlossene Vergleich von 1494, bestätigt 1506 von Papst Julius II. Günther’s VR. II, 7 f. 203 f. Büsch Welthän- del, S. 63. Meusel’s europ. Staatengeschichte (Leipz. 1816), S. 82 f. Dennoch hielt Spanien noch in der neuern Zeit sich für berechtigt, alle andern Nationen von Erwerbungen in der Südsee auszuschliessen, auch sogar die diesseit der Meerenge gelegene Küste von den portugiesischen Grenzen in Brasilien bis an die Spitze von SüdAmerika allein zu be- sitzen, obgleich es dort fast keine Colonien hat. Moser’s Beyträge, V. 515. Auch behauptete es, daſs England unter Jacob I. zu seinem Vortheil verzichtet habe auf Anlegung irgend eines Etablissements in SüdAmerika. Ebendas. V. 521. Auch Holland that Vorstellung gegen Anlegung einer groſs- britannischen Colonie in Ostindien, auf einer Insel in der Nähe holländischer Besitzungen. Ebendas. V. 556. — Un- ter dem Vorwand der ersten Entdeckung, Eroberung und Occupation, liessen die Vereinigten Staaten von Amerika im J. 1813 von einer ziemlich bevölkerten Insel Besitz nehmen,

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Zitationshilfe: Klüber, Johann Ludwig: Europäisches Völkerrecht. Bd. 1. Stuttgart, 1821, S. 200. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klueber_voelkerrecht01_1821/206>, abgerufen am 29.03.2024.