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Klüber, Johann Ludwig: Europäisches Völkerrecht. Bd. 1. Stuttgart, 1821.

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I. Cap. Recht der Selbsterhaltung.
Vermöge dieses Rechtes, ist ein Staat befugt zu
Kriegsrüstung aller Art, namentlich zu Anschaf-
fung, Einrichtung und Unterhaltung von Kriegs-
mannschaft, Kriegsflotten, Geschütz und ande-
rem Waffenvorrath, zu Befestigung sowohl im
Innern des Landes, als auch an den Grenzen, zu
Heerschau, Heerlager, und Volksbewaffnung, zu
SubsidienTractaten und andern Kriegsbündnis-
sen. Ungeachtet keinem Staat eine Zwangpflicht
obliegt, in Absicht auf Bereitung und Gebrauch
solcher Sicherheitsmittel einem andern Rede
zu stehen b), so kann doch das eigene StaatsInter-
esse die moralische Pflicht auflegen, einer andern
Macht, von ihr gefragt oder ungefragt, desshalb
Erklärung zu geben. Die Verweigerung einer
solchen, oder die Ertheilung einer zweideutigen,
oder selbstgenügsamen, auf anständige Anfrage,
hat gewöhnlich Misstrauen und Gegenrüstungen,
wo nicht Thätlichkeiten und Krieg, zur Folge.

a) Beispiele, in dem lüneviller Fr. 1801, Art. 6. Die Einschrän-
kung, welche Frankreich, in Ansehung der Befestigung Dün-
kirchens auf der Seeseite, in den Friedensschlüssen von 1713,
1748 und 1763 übernommen hatte, wurden aufgehoben in
dem pariser Fr. v. 1783, Art. 17. De Marten's recueil, II.
469. Verminderung seiner Kriegsflotte und Verzichtleistung
auf alle seit dem 1. Jan. 1685 geschlossene Bündnisse u. Allian-
zen, versprach Genua in dem Tractat mit Frankreich von 1685,
Art. 3 u. 4. in Du Mont's Corps diplom. T. VII. P. 2. p. 88.
b) F. C. v. Moser von dem Recht eines Souverains den andern
zur Rede zu stellen; in s. kleinen Schriften, Th. VI, S. 287 ff.
J. J. Moser's Versuch des europ. Völkerrechts, VI. 397 -- 420.
Günther's Völkerr. I. 293--320.

I. Cap. Recht der Selbsterhaltung.
Vermöge dieses Rechtes, ist ein Staat befugt zu
Kriegsrüstung aller Art, namentlich zu Anschaf-
fung, Einrichtung und Unterhaltung von Kriegs-
mannschaft, Kriegsflotten, Geschütz und ande-
rem Waffenvorrath, zu Befestigung sowohl im
Innern des Landes, als auch an den Grenzen, zu
Heerschau, Heerlager, und Volksbewaffnung, zu
SubsidienTractaten und andern Kriegsbündnis-
sen. Ungeachtet keinem Staat eine Zwangpflicht
obliegt, in Absicht auf Bereitung und Gebrauch
solcher Sicherheitsmittel einem andern Rede
zu stehen b), so kann doch das eigene StaatsInter-
esse die moralische Pflicht auflegen, einer andern
Macht, von ihr gefragt oder ungefragt, deſshalb
Erklärung zu geben. Die Verweigerung einer
solchen, oder die Ertheilung einer zweideutigen,
oder selbstgenügsamen, auf anständige Anfrage,
hat gewöhnlich Miſstrauen und Gegenrüstungen,
wo nicht Thätlichkeiten und Krieg, zur Folge.

a) Beispiele, in dem lünéviller Fr. 1801, Art. 6. Die Einschrän-
kung, welche Frankreich, in Ansehung der Befestigung Dün-
kirchens auf der Seeseite, in den Friedensschlüssen von 1713,
1748 und 1763 übernommen hatte, wurden aufgehoben in
dem pariser Fr. v. 1783, Art. 17. De Marten’s recueil, II.
469. Verminderung seiner Kriegsflotte und Verzichtleistung
auf alle seit dem 1. Jan. 1685 geschlossene Bündnisse u. Allian-
zen, versprach Genua in dem Tractat mit Frankreich von 1685,
Art. 3 u. 4. in Du Mont’s Corps diplom. T. VII. P. 2. p. 88.
b) F. C. v. Moser von dem Recht eines Souverains den andern
zur Rede zu stellen; in s. kleinen Schriften, Th. VI, S. 287 ff.
J. J. Moser’s Versuch des europ. Völkerrechts, VI. 397 — 420.
Günther’s Völkerr. I. 293—320.
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[79/0085] I. Cap. Recht der Selbsterhaltung. Vermöge dieses Rechtes, ist ein Staat befugt zu Kriegsrüstung aller Art, namentlich zu Anschaf- fung, Einrichtung und Unterhaltung von Kriegs- mannschaft, Kriegsflotten, Geschütz und ande- rem Waffenvorrath, zu Befestigung sowohl im Innern des Landes, als auch an den Grenzen, zu Heerschau, Heerlager, und Volksbewaffnung, zu SubsidienTractaten und andern Kriegsbündnis- sen. Ungeachtet keinem Staat eine Zwangpflicht obliegt, in Absicht auf Bereitung und Gebrauch solcher Sicherheitsmittel einem andern Rede zu stehen b), so kann doch das eigene StaatsInter- esse die moralische Pflicht auflegen, einer andern Macht, von ihr gefragt oder ungefragt, deſshalb Erklärung zu geben. Die Verweigerung einer solchen, oder die Ertheilung einer zweideutigen, oder selbstgenügsamen, auf anständige Anfrage, hat gewöhnlich Miſstrauen und Gegenrüstungen, wo nicht Thätlichkeiten und Krieg, zur Folge. a⁾ Beispiele, in dem lünéviller Fr. 1801, Art. 6. Die Einschrän- kung, welche Frankreich, in Ansehung der Befestigung Dün- kirchens auf der Seeseite, in den Friedensschlüssen von 1713, 1748 und 1763 übernommen hatte, wurden aufgehoben in dem pariser Fr. v. 1783, Art. 17. De Marten’s recueil, II. 469. Verminderung seiner Kriegsflotte und Verzichtleistung auf alle seit dem 1. Jan. 1685 geschlossene Bündnisse u. Allian- zen, versprach Genua in dem Tractat mit Frankreich von 1685, Art. 3 u. 4. in Du Mont’s Corps diplom. T. VII. P. 2. p. 88. b⁾ F. C. v. Moser von dem Recht eines Souverains den andern zur Rede zu stellen; in s. kleinen Schriften, Th. VI, S. 287 ff. J. J. Moser’s Versuch des europ. Völkerrechts, VI. 397 — 420. Günther’s Völkerr. I. 293—320.

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Zitationshilfe: Klüber, Johann Ludwig: Europäisches Völkerrecht. Bd. 1. Stuttgart, 1821, S. 79. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klueber_voelkerrecht01_1821/85>, abgerufen am 20.04.2024.