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Klüber, Johann Ludwig: Europäisches Völkerrecht. Bd. 2. Stuttgart, 1821.

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II. Th. II. Tit. Bedingte Rechte; in feindl. Verhältn.
verhalten eines Staates, ganz vorzüglich für das-
jenige eines gerechten Feindes, die Vermuthung
streitet, so muss jede von dem gerechten Feind
angewandte Gewaltthätigkeit, als Mittel zum Zweck,
im Zweifel für rechtmäsig gehalten werden.

a) Vattel, liv. 3, ch. 11 et 9. v. Kamptz neue Lit., §. 331.
-- Selbst ein Vertilgungskrieg (bellum internecinum, guerre
d'extermination ou a mort) kann, nach den Umständen, nicht
ungerecht seyn. So ist das Sprichwort, Mars exlex, zu ver-
stehen. C. G. Heyne progr. de bellis internecinis eorumque
caussis et eventis. Goett. 1794. Fol. -- Das Recht des ge-
rechten Feindes ist zu beurtheilen, nicht bloss nach dem
Anfang des Kriegs, sondern auch nach den Folgen dessel-
ben. "Jus nostrum non ex solo belli principio spectandum,
sed et ex caussis subnascentibus". Grotius, lib. III. c. 1.
§. 3. Zu beiden gehört, ausser dem Ersatz des vor und
nach dem Ausbruch des Kriegs zugefügten Schadens, auch
der Kriegskosten, vollständige Sicherung gegen jede künftige
Beleidigung von Seite des ungerechten Feindes. Sicherheit
dieser Art kann, nach den ganz allein der vernunftmäsigen
Beurtheilung des gerechten Feindes unterliegenden Umstän-
den, in einem gegebenen Fall anders nicht statt finden, als
dadurch, dass der ungerechte Feind für die Zukunft un-
schädlich, das heisst, unfähig zu ungerechter Gewaltthätig-
keit gegen ihn gemacht werde.
§. 242.
2) Zeit und Raum.

Die Befugniss des gerechten Feindes zu dem
Krieg, nach dem ganzen Umfang seines Rechtes,
dauert fort, bis sein rechtmäsiger Zweck erreicht
ist. Er kann also den Krieg fortsetzen, bis sein
Feind angemessene Friedensbedingungen anbie-
tet, oder annimmt; in Ermangelung dessen, bis
solche demselben durch Sieg gewaltsam sind ab-

II. Th. II. Tit. Bedingte Rechte; in feindl. Verhältn.
verhalten eines Staates, ganz vorzüglich für das-
jenige eines gerechten Feindes, die Vermuthung
streitet, so muſs jede von dem gerechten Feind
angewandte Gewaltthätigkeit, als Mittel zum Zweck,
im Zweifel für rechtmäsig gehalten werden.

a) Vattel, liv. 3, ch. 11 et 9. v. Kamptz neue Lit., §. 331.
— Selbst ein Vertilgungskrieg (bellum internecinum, guerre
d’extermination ou à mort) kann, nach den Umständen, nicht
ungerecht seyn. So ist das Sprichwort, Mars exlex, zu ver-
stehen. C. G. Heyne progr. de bellis internecinis eorumque
caussis et eventis. Goett. 1794. Fol. — Das Recht des ge-
rechten Feindes ist zu beurtheilen, nicht bloſs nach dem
Anfang des Kriegs, sondern auch nach den Folgen dessel-
ben. „Jus nostrum non ex solo belli principio spectandum,
sed et ex caussis subnascentibus“. Grotius, lib. III. c. 1.
§. 3. Zu beiden gehört, ausser dem Ersatz des vor und
nach dem Ausbruch des Kriegs zugefügten Schadens, auch
der Kriegskosten, vollständige Sicherung gegen jede künftige
Beleidigung von Seite des ungerechten Feindes. Sicherheit
dieser Art kann, nach den ganz allein der vernunftmäsigen
Beurtheilung des gerechten Feindes unterliegenden Umstän-
den, in einem gegebenen Fall anders nicht statt finden, als
dadurch, daſs der ungerechte Feind für die Zukunft un-
schädlich, das heiſst, unfähig zu ungerechter Gewaltthätig-
keit gegen ihn gemacht werde.
§. 242.
2) Zeit und Raum.

Die Befugniſs des gerechten Feindes zu dem
Krieg, nach dem ganzen Umfang seines Rechtes,
dauert fort, bis sein rechtmäsiger Zweck erreicht
ist. Er kann also den Krieg fortsetzen, bis sein
Feind angemessene Friedensbedingungen anbie-
tet, oder annimmt; in Ermangelung dessen, bis
solche demselben durch Sieg gewaltsam sind ab-

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[394/0026] II. Th. II. Tit. Bedingte Rechte; in feindl. Verhältn. verhalten eines Staates, ganz vorzüglich für das- jenige eines gerechten Feindes, die Vermuthung streitet, so muſs jede von dem gerechten Feind angewandte Gewaltthätigkeit, als Mittel zum Zweck, im Zweifel für rechtmäsig gehalten werden. a⁾ Vattel, liv. 3, ch. 11 et 9. v. Kamptz neue Lit., §. 331. — Selbst ein Vertilgungskrieg (bellum internecinum, guerre d’extermination ou à mort) kann, nach den Umständen, nicht ungerecht seyn. So ist das Sprichwort, Mars exlex, zu ver- stehen. C. G. Heyne progr. de bellis internecinis eorumque caussis et eventis. Goett. 1794. Fol. — Das Recht des ge- rechten Feindes ist zu beurtheilen, nicht bloſs nach dem Anfang des Kriegs, sondern auch nach den Folgen dessel- ben. „Jus nostrum non ex solo belli principio spectandum, sed et ex caussis subnascentibus“. Grotius, lib. III. c. 1. §. 3. Zu beiden gehört, ausser dem Ersatz des vor und nach dem Ausbruch des Kriegs zugefügten Schadens, auch der Kriegskosten, vollständige Sicherung gegen jede künftige Beleidigung von Seite des ungerechten Feindes. Sicherheit dieser Art kann, nach den ganz allein der vernunftmäsigen Beurtheilung des gerechten Feindes unterliegenden Umstän- den, in einem gegebenen Fall anders nicht statt finden, als dadurch, daſs der ungerechte Feind für die Zukunft un- schädlich, das heiſst, unfähig zu ungerechter Gewaltthätig- keit gegen ihn gemacht werde. §. 242. 2) Zeit und Raum. Die Befugniſs des gerechten Feindes zu dem Krieg, nach dem ganzen Umfang seines Rechtes, dauert fort, bis sein rechtmäsiger Zweck erreicht ist. Er kann also den Krieg fortsetzen, bis sein Feind angemessene Friedensbedingungen anbie- tet, oder annimmt; in Ermangelung dessen, bis solche demselben durch Sieg gewaltsam sind ab-

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Zitationshilfe: Klüber, Johann Ludwig: Europäisches Völkerrecht. Bd. 2. Stuttgart, 1821, S. 394. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klueber_voelkerrecht02_1821/26>, abgerufen am 29.03.2024.