Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 1. Hannover, 1788.

Bild:
<< vorherige Seite
Erstes Capittel.

Allgemeine Bemerkungen und Vorschrif¬
ten über den Umgang mit Menschen.


1.

Jeder Mensch gilt in dieser Welt nur
so viel, als wozu er sich selbst macht.

Das ist ein goldener Spruch; ein reiches The¬
ma zu einem Folianten, über den esprit de con¬
duite
und über die Mittel, in der Welt seinen
Zweck zu erlangen; Ein Satz, dessen Wahrheit
auf die Erfahrung aller Zeitalter gestützt ist.
Diese Erfahrung lehrt den Abentheurer und
Großsprecher, sich bey dem großen Haufen für
einen Mann von Wichtigkeit auszugeben,
von seinen Verbindungen mit Fürsten und
Staatsmännern, mit Männern, welche nicht ein:
mal von seiner Existenz etwas wissen, in einem
Tone zu reden, der ihm, wo nichts mehr, doch we¬
nigstens manche freye Mahlzeit und den Zutritt
in den ersten Häusern erwirbt. Ich habe ei¬
nen Menschen gekannt, der auf diese Art von
seiner Vertraulichkeit mit dem Kaiser und dem

Für¬
Erſtes Capittel.

Allgemeine Bemerkungen und Vorſchrif¬
ten uͤber den Umgang mit Menſchen.


1.

Jeder Menſch gilt in dieſer Welt nur
ſo viel, als wozu er ſich ſelbſt macht.

Das iſt ein goldener Spruch; ein reiches The¬
ma zu einem Folianten, uͤber den eſprit de con¬
duite
und uͤber die Mittel, in der Welt ſeinen
Zweck zu erlangen; Ein Satz, deſſen Wahrheit
auf die Erfahrung aller Zeitalter geſtuͤtzt iſt.
Dieſe Erfahrung lehrt den Abentheurer und
Großſprecher, ſich bey dem großen Haufen fuͤr
einen Mann von Wichtigkeit auszugeben,
von ſeinen Verbindungen mit Fuͤrſten und
Staatsmaͤnnern, mit Maͤnnern, welche nicht ein:
mal von ſeiner Exiſtenz etwas wiſſen, in einem
Tone zu reden, der ihm, wo nichts mehr, doch we¬
nigſtens manche freye Mahlzeit und den Zutritt
in den erſten Haͤuſern erwirbt. Ich habe ei¬
nen Menſchen gekannt, der auf dieſe Art von
ſeiner Vertraulichkeit mit dem Kaiſer und dem

Fuͤr¬
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0064" n="34"/>
        </div>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#g">Er&#x017F;tes Capittel.</hi> </head><lb/>
          <argument>
            <p rendition="#c">Allgemeine Bemerkungen und Vor&#x017F;chrif¬<lb/>
ten u&#x0364;ber den Umgang mit Men&#x017F;chen.</p>
          </argument><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
          <div n="3">
            <head>1.<lb/></head>
            <p><hi rendition="#fr">Jeder Men&#x017F;ch gilt in die&#x017F;er Welt nur<lb/>
&#x017F;o viel, als wozu er &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t macht.</hi><lb/>
Das i&#x017F;t ein goldener Spruch; ein reiches The¬<lb/>
ma zu einem Folianten, u&#x0364;ber den <hi rendition="#aq">e&#x017F;prit de con¬<lb/>
duite</hi> und u&#x0364;ber die Mittel, in der Welt &#x017F;einen<lb/>
Zweck zu erlangen; Ein Satz, de&#x017F;&#x017F;en Wahrheit<lb/>
auf die Erfahrung aller Zeitalter ge&#x017F;tu&#x0364;tzt i&#x017F;t.<lb/>
Die&#x017F;e Erfahrung lehrt den Abentheurer und<lb/>
Groß&#x017F;precher, &#x017F;ich bey dem großen Haufen fu&#x0364;r<lb/>
einen Mann von Wichtigkeit auszugeben,<lb/>
von &#x017F;einen Verbindungen mit Fu&#x0364;r&#x017F;ten und<lb/>
Staatsma&#x0364;nnern, mit Ma&#x0364;nnern, welche nicht ein:<lb/>
mal von &#x017F;einer Exi&#x017F;tenz etwas wi&#x017F;&#x017F;en, in einem<lb/>
Tone zu reden, der ihm, wo nichts mehr, doch we¬<lb/>
nig&#x017F;tens manche freye Mahlzeit und den Zutritt<lb/>
in den er&#x017F;ten Ha&#x0364;u&#x017F;ern erwirbt. Ich habe ei¬<lb/>
nen Men&#x017F;chen gekannt, der auf die&#x017F;e Art von<lb/>
&#x017F;einer Vertraulichkeit mit dem Kai&#x017F;er und dem<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Fu&#x0364;<lb/></fw>
</p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[34/0064] Erſtes Capittel. Allgemeine Bemerkungen und Vorſchrif¬ ten uͤber den Umgang mit Menſchen. 1. Jeder Menſch gilt in dieſer Welt nur ſo viel, als wozu er ſich ſelbſt macht. Das iſt ein goldener Spruch; ein reiches The¬ ma zu einem Folianten, uͤber den eſprit de con¬ duite und uͤber die Mittel, in der Welt ſeinen Zweck zu erlangen; Ein Satz, deſſen Wahrheit auf die Erfahrung aller Zeitalter geſtuͤtzt iſt. Dieſe Erfahrung lehrt den Abentheurer und Großſprecher, ſich bey dem großen Haufen fuͤr einen Mann von Wichtigkeit auszugeben, von ſeinen Verbindungen mit Fuͤrſten und Staatsmaͤnnern, mit Maͤnnern, welche nicht ein: mal von ſeiner Exiſtenz etwas wiſſen, in einem Tone zu reden, der ihm, wo nichts mehr, doch we¬ nigſtens manche freye Mahlzeit und den Zutritt in den erſten Haͤuſern erwirbt. Ich habe ei¬ nen Menſchen gekannt, der auf dieſe Art von ſeiner Vertraulichkeit mit dem Kaiſer und dem Fuͤr¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang01_1788
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang01_1788/64
Zitationshilfe: Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 1. Hannover, 1788, S. 34. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang01_1788/64>, abgerufen am 25.04.2024.