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Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 1. Hannover, 1788.

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"den Verlust ersetzen, wenn ich meinen Gat¬
"ten von mir stoße." -- und ein solcher Triumpf
der Rückkehr, komme er früh oder spät! ist
dann süß, und macht alle Leiden vergessen.

7.

Klugheit und Rechtschaffenheit aber erfor¬
dern, daß man sich selber gegen die Eindrücke
größerer Liebenswürdigkeit, welche fremde Per¬
sonen auf uns machen könnten, wafne. In
der frühern Jugend, wenn die Phantasie lebhaft
ist, die Begierden heftig würken, und das Herz
noch oft mit dem Kopfe davonläuft, würde ich
rathen, solchen gefährlichen Gelegenheiten aus¬
zuweichen; Ein junger Mann, welcher merkt,
das ein Frauenzimmer, mit der er umgeht,
ihm vielleicht einst besser als seine Frau gefal¬
len, wildes Feuer in ihm entzünden, oder we¬
nigstens seine häusliche Glückseligkeit verbit¬
tern könnte, thut wohl, wenn er, in so fern
er sich nicht Festigkeit genug zutrauet -- und
er urtheilt weise, wenn er sich diese nicht leicht
zutrauet -- thut, sage ich, wohl, wenn er sol¬
chen Umgang, so viel möglich, meidet, damit
derselbe ihm nicht zum Bedürfnisse werde. Diese

Vor¬

„den Verluſt erſetzen, wenn ich meinen Gat¬
„ten von mir ſtoße.“ — und ein ſolcher Triumpf
der Ruͤckkehr, komme er fruͤh oder ſpaͤt! iſt
dann ſuͤß, und macht alle Leiden vergeſſen.

7.

Klugheit und Rechtſchaffenheit aber erfor¬
dern, daß man ſich ſelber gegen die Eindruͤcke
groͤßerer Liebenswuͤrdigkeit, welche fremde Per¬
ſonen auf uns machen koͤnnten, wafne. In
der fruͤhern Jugend, wenn die Phantaſie lebhaft
iſt, die Begierden heftig wuͤrken, und das Herz
noch oft mit dem Kopfe davonlaͤuft, wuͤrde ich
rathen, ſolchen gefaͤhrlichen Gelegenheiten aus¬
zuweichen; Ein junger Mann, welcher merkt,
das ein Frauenzimmer, mit der er umgeht,
ihm vielleicht einſt beſſer als ſeine Frau gefal¬
len, wildes Feuer in ihm entzuͤnden, oder we¬
nigſtens ſeine haͤusliche Gluͤckſeligkeit verbit¬
tern koͤnnte, thut wohl, wenn er, in ſo fern
er ſich nicht Feſtigkeit genug zutrauet — und
er urtheilt weiſe, wenn er ſich dieſe nicht leicht
zutrauet — thut, ſage ich, wohl, wenn er ſol¬
chen Umgang, ſo viel moͤglich, meidet, damit
derſelbe ihm nicht zum Beduͤrfniſſe werde. Dieſe

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[128/0158] „den Verluſt erſetzen, wenn ich meinen Gat¬ „ten von mir ſtoße.“ — und ein ſolcher Triumpf der Ruͤckkehr, komme er fruͤh oder ſpaͤt! iſt dann ſuͤß, und macht alle Leiden vergeſſen. 7. Klugheit und Rechtſchaffenheit aber erfor¬ dern, daß man ſich ſelber gegen die Eindruͤcke groͤßerer Liebenswuͤrdigkeit, welche fremde Per¬ ſonen auf uns machen koͤnnten, wafne. In der fruͤhern Jugend, wenn die Phantaſie lebhaft iſt, die Begierden heftig wuͤrken, und das Herz noch oft mit dem Kopfe davonlaͤuft, wuͤrde ich rathen, ſolchen gefaͤhrlichen Gelegenheiten aus¬ zuweichen; Ein junger Mann, welcher merkt, das ein Frauenzimmer, mit der er umgeht, ihm vielleicht einſt beſſer als ſeine Frau gefal¬ len, wildes Feuer in ihm entzuͤnden, oder we¬ nigſtens ſeine haͤusliche Gluͤckſeligkeit verbit¬ tern koͤnnte, thut wohl, wenn er, in ſo fern er ſich nicht Feſtigkeit genug zutrauet — und er urtheilt weiſe, wenn er ſich dieſe nicht leicht zutrauet — thut, ſage ich, wohl, wenn er ſol¬ chen Umgang, ſo viel moͤglich, meidet, damit derſelbe ihm nicht zum Beduͤrfniſſe werde. Dieſe Vor¬

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Zitationshilfe: Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 1. Hannover, 1788, S. 128. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang01_1788/158>, abgerufen am 29.03.2024.