Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 2. Hannover, 1788.

Bild:
<< vorherige Seite

Ist man seines Kaufs mit einem Trödel-
Juden völlig einig; so wird er doch noch versu¬
chen, uns zu hintergehn. Er wird gewöhnlich
sagen: "er habe kein baares Geld bey sich, wolle
"uns aber die Uhr oder so etwas zum Unter¬
"pfande lassen." Er weiß wohl, daß man das
selten annimt. Giebt man ihm nun Credit und
das Gekaufte mit; so schleppt er dies in der
ganzen Stadt umher, biethet es feil, und bringt
es endlich wieder, mit dem Bedeuten: "man
"solle etwas schwinden lassen; er habe sich über¬
"eilt." Oder er kömmt gar nicht wieder, und
man muß lange hinter der Bezahlung herlau¬
fen. Auch wollen sie gar zu gern Waare statt
Geld geben, denn die baare Münze ist ihnen
sehr an das Herz gewachsen -- Auf dies alles
darf man sich nicht einlassen.

9.

In den mehrsten Provinzen von Teutsch¬
land lebt der Bauer in einer Art von Druck
und Sclaverey, die wahrlich oft härter ist, als
die Leibeigenschaft desselben in andern Ländern.
Mit Abgaben überhäuft, zu schweren Diensten
verurtheilt, unter dem Joch, grausamer, rauh¬

her¬

Iſt man ſeines Kaufs mit einem Troͤdel-
Juden voͤllig einig; ſo wird er doch noch verſu¬
chen, uns zu hintergehn. Er wird gewoͤhnlich
ſagen: „er habe kein baares Geld bey ſich, wolle
„uns aber die Uhr oder ſo etwas zum Unter¬
„pfande laſſen.“ Er weiß wohl, daß man das
ſelten annimt. Giebt man ihm nun Credit und
das Gekaufte mit; ſo ſchleppt er dies in der
ganzen Stadt umher, biethet es feil, und bringt
es endlich wieder, mit dem Bedeuten: „man
„ſolle etwas ſchwinden laſſen; er habe ſich uͤber¬
„eilt.“ Oder er koͤmmt gar nicht wieder, und
man muß lange hinter der Bezahlung herlau¬
fen. Auch wollen ſie gar zu gern Waare ſtatt
Geld geben, denn die baare Muͤnze iſt ihnen
ſehr an das Herz gewachſen — Auf dies alles
darf man ſich nicht einlaſſen.

9.

In den mehrſten Provinzen von Teutſch¬
land lebt der Bauer in einer Art von Druck
und Sclaverey, die wahrlich oft haͤrter iſt, als
die Leibeigenſchaft deſſelben in andern Laͤndern.
Mit Abgaben uͤberhaͤuft, zu ſchweren Dienſten
verurtheilt, unter dem Joch, grauſamer, rauh¬

her¬
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0168" n="146"/>
            <p>I&#x017F;t man &#x017F;eines Kaufs mit einem Tro&#x0364;del-<lb/>
Juden vo&#x0364;llig einig; &#x017F;o wird er doch noch ver&#x017F;<lb/>
chen, uns zu hintergehn. Er wird gewo&#x0364;hnlich<lb/>
&#x017F;agen: &#x201E;er habe kein baares Geld bey &#x017F;ich, wolle<lb/>
&#x201E;uns aber die Uhr oder &#x017F;o etwas zum Unter¬<lb/>
&#x201E;pfande la&#x017F;&#x017F;en.&#x201C; Er weiß wohl, daß man das<lb/>
&#x017F;elten annimt. Giebt man ihm nun Credit und<lb/>
das Gekaufte mit; &#x017F;o &#x017F;chleppt er dies in der<lb/>
ganzen Stadt umher, biethet es feil, und bringt<lb/>
es endlich wieder, mit dem Bedeuten: &#x201E;man<lb/>
&#x201E;&#x017F;olle etwas &#x017F;chwinden la&#x017F;&#x017F;en; er habe &#x017F;ich u&#x0364;ber¬<lb/>
&#x201E;eilt.&#x201C; Oder er ko&#x0364;mmt gar nicht wieder, <choice><sic>uud</sic><corr>und</corr></choice><lb/>
man muß lange hinter der Bezahlung herlau¬<lb/>
fen. Auch wollen &#x017F;ie gar zu gern Waare &#x017F;tatt<lb/>
Geld geben, denn die baare Mu&#x0364;nze i&#x017F;t ihnen<lb/>
&#x017F;ehr an das Herz gewach&#x017F;en &#x2014; Auf dies alles<lb/>
darf man &#x017F;ich nicht einla&#x017F;&#x017F;en.</p><lb/>
          </div>
          <div n="3">
            <head>9.<lb/></head>
            <p>In den mehr&#x017F;ten Provinzen von Teut&#x017F;ch¬<lb/>
land lebt der Bauer in einer Art von Druck<lb/>
und Sclaverey, die wahrlich oft ha&#x0364;rter i&#x017F;t, als<lb/>
die Leibeigen&#x017F;chaft de&#x017F;&#x017F;elben in andern La&#x0364;ndern.<lb/>
Mit Abgaben u&#x0364;berha&#x0364;uft, zu &#x017F;chweren Dien&#x017F;ten<lb/>
verurtheilt, unter dem Joch, grau&#x017F;amer, rauh¬<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">her¬<lb/></fw>
</p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[146/0168] Iſt man ſeines Kaufs mit einem Troͤdel- Juden voͤllig einig; ſo wird er doch noch verſu¬ chen, uns zu hintergehn. Er wird gewoͤhnlich ſagen: „er habe kein baares Geld bey ſich, wolle „uns aber die Uhr oder ſo etwas zum Unter¬ „pfande laſſen.“ Er weiß wohl, daß man das ſelten annimt. Giebt man ihm nun Credit und das Gekaufte mit; ſo ſchleppt er dies in der ganzen Stadt umher, biethet es feil, und bringt es endlich wieder, mit dem Bedeuten: „man „ſolle etwas ſchwinden laſſen; er habe ſich uͤber¬ „eilt.“ Oder er koͤmmt gar nicht wieder, und man muß lange hinter der Bezahlung herlau¬ fen. Auch wollen ſie gar zu gern Waare ſtatt Geld geben, denn die baare Muͤnze iſt ihnen ſehr an das Herz gewachſen — Auf dies alles darf man ſich nicht einlaſſen. 9. In den mehrſten Provinzen von Teutſch¬ land lebt der Bauer in einer Art von Druck und Sclaverey, die wahrlich oft haͤrter iſt, als die Leibeigenſchaft deſſelben in andern Laͤndern. Mit Abgaben uͤberhaͤuft, zu ſchweren Dienſten verurtheilt, unter dem Joch, grauſamer, rauh¬ her¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang02_1788
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang02_1788/168
Zitationshilfe: Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 2. Hannover, 1788, S. 146. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang02_1788/168>, abgerufen am 29.03.2024.