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Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 2. Hannover, 1788.

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barkeit der Menschen könnte ich schreiben, wenn
ich nicht, aus Schonung gegen Die, welche sich
von dieser Seite an mir versündigt haben, meine
vielfachen traurigen Erfahrungen in diesem Fache
lieber verschweigen wollte!

16.

Manchen Leuten ist es schlechterdings ohn¬
möglich, in irgend einer Sache den graden
Weg zu gehn; Ränke, Schwänke und Win¬
kelzüge
mischen sich in alle ihre Unternehmun¬
gen, ohne daß sie deswegen von Grund aus böse
sind. Eine unglückliche Stimmung des Ge¬
müths und die Einwürkung von Lebensart und
Schicksalen können diesen Character bilden. So
wird, zum Beyspiel, ein sehr mistrauischer
Mann auch wohl die unschuldigste Handlung
heimlich thun, sich verstellen, und seinen wahren
Zweck verschleyern. Ein Mann von übel geord¬
neter Thätigkeit, oder von zu viel raschem Feuer,
ein schlauer, unternehmender Kopf, der in ei¬
ner Lage ist, wo ihm alles zu einfach hergeht,
wo es ihm an Gelegenheit fehlt, seine Talente
zu entwickeln, wird allerley schiefe Seitensprünge
wagen, um seinen Würkungscreis zu erweitern,

oder

barkeit der Menſchen koͤnnte ich ſchreiben, wenn
ich nicht, aus Schonung gegen Die, welche ſich
von dieſer Seite an mir verſuͤndigt haben, meine
vielfachen traurigen Erfahrungen in dieſem Fache
lieber verſchweigen wollte!

16.

Manchen Leuten iſt es ſchlechterdings ohn¬
moͤglich, in irgend einer Sache den graden
Weg zu gehn; Raͤnke, Schwaͤnke und Win¬
kelzuͤge
miſchen ſich in alle ihre Unternehmun¬
gen, ohne daß ſie deswegen von Grund aus boͤſe
ſind. Eine ungluͤckliche Stimmung des Ge¬
muͤths und die Einwuͤrkung von Lebensart und
Schickſalen koͤnnen dieſen Character bilden. So
wird, zum Beyſpiel, ein ſehr mistrauiſcher
Mann auch wohl die unſchuldigſte Handlung
heimlich thun, ſich verſtellen, und ſeinen wahren
Zweck verſchleyern. Ein Mann von uͤbel geord¬
neter Thaͤtigkeit, oder von zu viel raſchem Feuer,
ein ſchlauer, unternehmender Kopf, der in ei¬
ner Lage iſt, wo ihm alles zu einfach hergeht,
wo es ihm an Gelegenheit fehlt, ſeine Talente
zu entwickeln, wird allerley ſchiefe Seitenſpruͤnge
wagen, um ſeinen Wuͤrkungscreis zu erweitern,

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[228/0250] barkeit der Menſchen koͤnnte ich ſchreiben, wenn ich nicht, aus Schonung gegen Die, welche ſich von dieſer Seite an mir verſuͤndigt haben, meine vielfachen traurigen Erfahrungen in dieſem Fache lieber verſchweigen wollte! 16. Manchen Leuten iſt es ſchlechterdings ohn¬ moͤglich, in irgend einer Sache den graden Weg zu gehn; Raͤnke, Schwaͤnke und Win¬ kelzuͤge miſchen ſich in alle ihre Unternehmun¬ gen, ohne daß ſie deswegen von Grund aus boͤſe ſind. Eine ungluͤckliche Stimmung des Ge¬ muͤths und die Einwuͤrkung von Lebensart und Schickſalen koͤnnen dieſen Character bilden. So wird, zum Beyſpiel, ein ſehr mistrauiſcher Mann auch wohl die unſchuldigſte Handlung heimlich thun, ſich verſtellen, und ſeinen wahren Zweck verſchleyern. Ein Mann von uͤbel geord¬ neter Thaͤtigkeit, oder von zu viel raſchem Feuer, ein ſchlauer, unternehmender Kopf, der in ei¬ ner Lage iſt, wo ihm alles zu einfach hergeht, wo es ihm an Gelegenheit fehlt, ſeine Talente zu entwickeln, wird allerley ſchiefe Seitenſpruͤnge wagen, um ſeinen Wuͤrkungscreis zu erweitern, oder

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Zitationshilfe: Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 2. Hannover, 1788, S. 228. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang02_1788/250>, abgerufen am 28.03.2024.