Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 2. Hannover, 1788.

Bild:
<< vorherige Seite

mehr aus sich selber hören mag; Er rennt dann
lieber, wenn das Gewissen ihm dennoch unan¬
genehme Dinge sagt, fort, in das Getümmel
hinein, wo diese wohlthätige Stimme über¬
schrien wird.

2.

Hüte Dich also, Deinen treuesten Freund,
Dich selber, so zu vernachlässigen, daß dieser
treue Freund Dir den Rücken kehre, wenn Du
Seiner am nöthigsten bedarfst. Ach! es kom¬
men Augenblicke, in denen Du Dich selbst nicht
verlassen darfst, wenn Dich auch jedermann ver¬
lässt; Augenblicke, in welchen der Umgang mit
Deinem Ich der einzige tröstliche ist -- Was
wird aber in solchen Augenblicken aus Dir wer¬
den, wenn Du mit Deinem eigenen Herzen
nicht in Frieden lebst, und auch von dieser Seite
aller Trost, alle Hülfe Dir versagt wird?

3.

Willst Du aber im Umgange mit Dir
Trost, Glück und Ruhe finden; so musst Du
eben so vorsichtig, redlich, fein und gerecht mit
Dir selber umgehn, als mit Andern, also daß

Du

mehr aus ſich ſelber hoͤren mag; Er rennt dann
lieber, wenn das Gewiſſen ihm dennoch unan¬
genehme Dinge ſagt, fort, in das Getuͤmmel
hinein, wo dieſe wohlthaͤtige Stimme uͤber¬
ſchrien wird.

2.

Huͤte Dich alſo, Deinen treueſten Freund,
Dich ſelber, ſo zu vernachlaͤſſigen, daß dieſer
treue Freund Dir den Ruͤcken kehre, wenn Du
Seiner am noͤthigſten bedarfſt. Ach! es kom¬
men Augenblicke, in denen Du Dich ſelbſt nicht
verlaſſen darfſt, wenn Dich auch jedermann ver¬
laͤſſt; Augenblicke, in welchen der Umgang mit
Deinem Ich der einzige troͤſtliche iſt — Was
wird aber in ſolchen Augenblicken aus Dir wer¬
den, wenn Du mit Deinem eigenen Herzen
nicht in Frieden lebſt, und auch von dieſer Seite
aller Troſt, alle Huͤlfe Dir verſagt wird?

3.

Willſt Du aber im Umgange mit Dir
Troſt, Gluͤck und Ruhe finden; ſo muſſt Du
eben ſo vorſichtig, redlich, fein und gerecht mit
Dir ſelber umgehn, als mit Andern, alſo daß

Du
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0323" n="301"/>
mehr aus &#x017F;ich &#x017F;elber ho&#x0364;ren mag; Er rennt dann<lb/>
lieber, wenn das Gewi&#x017F;&#x017F;en ihm dennoch unan¬<lb/>
genehme Dinge &#x017F;agt, fort, in das Getu&#x0364;mmel<lb/>
hinein, wo die&#x017F;e wohltha&#x0364;tige Stimme u&#x0364;ber¬<lb/>
&#x017F;chrien wird.</p><lb/>
          </div>
          <div n="3">
            <head>2.<lb/></head>
            <p>Hu&#x0364;te Dich al&#x017F;o, Deinen treue&#x017F;ten Freund,<lb/>
Dich &#x017F;elber, &#x017F;o zu vernachla&#x0364;&#x017F;&#x017F;igen, daß die&#x017F;er<lb/>
treue Freund Dir den Ru&#x0364;cken kehre, wenn Du<lb/>
Seiner am no&#x0364;thig&#x017F;ten bedarf&#x017F;t. Ach! es kom¬<lb/>
men Augenblicke, in denen Du Dich &#x017F;elb&#x017F;t nicht<lb/>
verla&#x017F;&#x017F;en darf&#x017F;t, wenn Dich auch jedermann ver¬<lb/>
la&#x0364;&#x017F;&#x017F;t; Augenblicke, in welchen der Umgang mit<lb/>
Deinem Ich der einzige tro&#x0364;&#x017F;tliche i&#x017F;t &#x2014; Was<lb/>
wird aber in &#x017F;olchen Augenblicken aus Dir wer¬<lb/>
den, wenn Du mit Deinem eigenen Herzen<lb/>
nicht in Frieden leb&#x017F;t, und auch von die&#x017F;er Seite<lb/>
aller Tro&#x017F;t, alle Hu&#x0364;lfe Dir ver&#x017F;agt wird?</p><lb/>
          </div>
          <div n="3">
            <head>3.<lb/></head>
            <p>Will&#x017F;t Du aber im Umgange mit Dir<lb/>
Tro&#x017F;t, Glu&#x0364;ck und Ruhe finden; &#x017F;o mu&#x017F;&#x017F;t Du<lb/>
eben &#x017F;o vor&#x017F;ichtig, redlich, fein und gerecht mit<lb/>
Dir &#x017F;elber umgehn, als mit Andern, al&#x017F;o daß<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Du<lb/></fw>
</p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[301/0323] mehr aus ſich ſelber hoͤren mag; Er rennt dann lieber, wenn das Gewiſſen ihm dennoch unan¬ genehme Dinge ſagt, fort, in das Getuͤmmel hinein, wo dieſe wohlthaͤtige Stimme uͤber¬ ſchrien wird. 2. Huͤte Dich alſo, Deinen treueſten Freund, Dich ſelber, ſo zu vernachlaͤſſigen, daß dieſer treue Freund Dir den Ruͤcken kehre, wenn Du Seiner am noͤthigſten bedarfſt. Ach! es kom¬ men Augenblicke, in denen Du Dich ſelbſt nicht verlaſſen darfſt, wenn Dich auch jedermann ver¬ laͤſſt; Augenblicke, in welchen der Umgang mit Deinem Ich der einzige troͤſtliche iſt — Was wird aber in ſolchen Augenblicken aus Dir wer¬ den, wenn Du mit Deinem eigenen Herzen nicht in Frieden lebſt, und auch von dieſer Seite aller Troſt, alle Huͤlfe Dir verſagt wird? 3. Willſt Du aber im Umgange mit Dir Troſt, Gluͤck und Ruhe finden; ſo muſſt Du eben ſo vorſichtig, redlich, fein und gerecht mit Dir ſelber umgehn, als mit Andern, alſo daß Du

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang02_1788
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang02_1788/323
Zitationshilfe: Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 2. Hannover, 1788, S. 301. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang02_1788/323>, abgerufen am 18.04.2024.