Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 2. Hannover, 1788.

Bild:
<< vorherige Seite

wissen. Wer sich viel Jahre hindurch an großen
und kleinen Höfen und sonst in der großen Welt
hat umhertreiben müssen, der wird nie in Ver¬
legenheit von jener Art kommen können. Er
wird die Fertigkeit erlangt haben, sich geschwind
zu orientiren, schnell zu fassen, welche Sprache
anwendbar ist; die guten Leute hingegen, die
nicht Gelegenheit gefunden haben, diesen Grad
von Verfeinerung zu erlangen, sollen wohl be¬
herzigen, was zu Anfange dieses Abschnitts ge¬
sagt worden.

4.

Wer aber endlich viel und immer in der
großen Welt lebt, der thut doch wohl, den herr¬
schenden Ton zu studieren und die äussern Ge¬
bräuche derselben anzunehmen. Ersteres ist so
schwer nicht, und Letzteres kann ohne schädlichen
Einfluß auf unsern Character geschehen. Zeichne
Dich also nicht aus, durch altväterische Kleidung
oder Manieren! aber vergiß nicht, dabey auf
Dein Alter, Deinen Stand und Dein Vermö¬
gen Rücksicht zu nehmen, und copiere nicht die
Lächerlichkeiten einzelner Thoren, noch die ephe¬
merischen Moden des Augenblicks! Mache Dich

mit

wiſſen. Wer ſich viel Jahre hindurch an großen
und kleinen Hoͤfen und ſonſt in der großen Welt
hat umhertreiben muͤſſen, der wird nie in Ver¬
legenheit von jener Art kommen koͤnnen. Er
wird die Fertigkeit erlangt haben, ſich geſchwind
zu orientiren, ſchnell zu faſſen, welche Sprache
anwendbar iſt; die guten Leute hingegen, die
nicht Gelegenheit gefunden haben, dieſen Grad
von Verfeinerung zu erlangen, ſollen wohl be¬
herzigen, was zu Anfange dieſes Abſchnitts ge¬
ſagt worden.

4.

Wer aber endlich viel und immer in der
großen Welt lebt, der thut doch wohl, den herr¬
ſchenden Ton zu ſtudieren und die aͤuſſern Ge¬
braͤuche derſelben anzunehmen. Erſteres iſt ſo
ſchwer nicht, und Letzteres kann ohne ſchaͤdlichen
Einfluß auf unſern Character geſchehen. Zeichne
Dich alſo nicht aus, durch altvaͤteriſche Kleidung
oder Manieren! aber vergiß nicht, dabey auf
Dein Alter, Deinen Stand und Dein Vermoͤ¬
gen Ruͤckſicht zu nehmen, und copiere nicht die
Laͤcherlichkeiten einzelner Thoren, noch die ephe¬
meriſchen Moden des Augenblicks! Mache Dich

mit
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0072" n="50"/>
wi&#x017F;&#x017F;en. Wer &#x017F;ich viel Jahre hindurch an großen<lb/>
und kleinen Ho&#x0364;fen und &#x017F;on&#x017F;t in der großen Welt<lb/>
hat umhertreiben mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en, der wird nie in Ver¬<lb/>
legenheit von jener Art kommen ko&#x0364;nnen. Er<lb/>
wird die Fertigkeit erlangt haben, &#x017F;ich ge&#x017F;chwind<lb/>
zu orientiren, &#x017F;chnell zu fa&#x017F;&#x017F;en, welche Sprache<lb/>
anwendbar i&#x017F;t; die guten Leute hingegen, die<lb/>
nicht Gelegenheit gefunden haben, die&#x017F;en Grad<lb/>
von Verfeinerung zu erlangen, &#x017F;ollen wohl be¬<lb/>
herzigen, was zu Anfange die&#x017F;es Ab&#x017F;chnitts ge¬<lb/>
&#x017F;agt worden.</p><lb/>
          </div>
          <div n="3">
            <head>4.<lb/></head>
            <p>Wer aber endlich viel und immer in der<lb/>
großen Welt lebt, der thut doch wohl, den herr¬<lb/>
&#x017F;chenden Ton zu &#x017F;tudieren und die a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;ern Ge¬<lb/>
bra&#x0364;uche der&#x017F;elben anzunehmen. Er&#x017F;teres i&#x017F;t &#x017F;o<lb/>
&#x017F;chwer nicht, und Letzteres kann ohne &#x017F;cha&#x0364;dlichen<lb/>
Einfluß auf un&#x017F;ern Character ge&#x017F;chehen. Zeichne<lb/>
Dich al&#x017F;o nicht aus, durch altva&#x0364;teri&#x017F;che Kleidung<lb/>
oder Manieren! aber vergiß nicht, dabey auf<lb/>
Dein Alter, Deinen Stand und Dein Vermo&#x0364;¬<lb/>
gen Ru&#x0364;ck&#x017F;icht zu nehmen, und copiere nicht die<lb/>
La&#x0364;cherlichkeiten einzelner Thoren, noch die ephe¬<lb/>
meri&#x017F;chen Moden des Augenblicks! Mache Dich<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">mit<lb/></fw>
</p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[50/0072] wiſſen. Wer ſich viel Jahre hindurch an großen und kleinen Hoͤfen und ſonſt in der großen Welt hat umhertreiben muͤſſen, der wird nie in Ver¬ legenheit von jener Art kommen koͤnnen. Er wird die Fertigkeit erlangt haben, ſich geſchwind zu orientiren, ſchnell zu faſſen, welche Sprache anwendbar iſt; die guten Leute hingegen, die nicht Gelegenheit gefunden haben, dieſen Grad von Verfeinerung zu erlangen, ſollen wohl be¬ herzigen, was zu Anfange dieſes Abſchnitts ge¬ ſagt worden. 4. Wer aber endlich viel und immer in der großen Welt lebt, der thut doch wohl, den herr¬ ſchenden Ton zu ſtudieren und die aͤuſſern Ge¬ braͤuche derſelben anzunehmen. Erſteres iſt ſo ſchwer nicht, und Letzteres kann ohne ſchaͤdlichen Einfluß auf unſern Character geſchehen. Zeichne Dich alſo nicht aus, durch altvaͤteriſche Kleidung oder Manieren! aber vergiß nicht, dabey auf Dein Alter, Deinen Stand und Dein Vermoͤ¬ gen Ruͤckſicht zu nehmen, und copiere nicht die Laͤcherlichkeiten einzelner Thoren, noch die ephe¬ meriſchen Moden des Augenblicks! Mache Dich mit

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang02_1788
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang02_1788/72
Zitationshilfe: Knigge, Adolph von: Ueber den Umgang mit Menschen. Bd. 2. Hannover, 1788, S. 50. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knigge_umgang02_1788/72>, abgerufen am 28.03.2024.