Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Knüppeln, Julius Friedrich: Die Rechte der Natur und Menschheit, entweiht durch Menschen. Berlin, 1784.

Bild:
<< vorherige Seite

chen Schwiegersohn zu erkiesen; schon viele hat-
ten sich um Marien beworben; aber sie waren
nicht reich, nicht vornehm genug.

Marie lernte auf der Hochzeit eines angren-
zenden Nachbars, Heinrich Möller kennen, er
war der Sohn eines Verwalters, der durch Un-
glüksfälle um sein Vermögen gekommen, und
jezt sich von einem Jahr zum andern, so durchhel-
fen mußte. Heinrich war ein schöner wohlge-
wachsener Jüngling, beliebt in der ganzen Ge-
gend, besonders wußten die Mädchens ihn we-
gen seiner Artigkeit, und auszeichnenden Sitten
nicht genug zu loben.

Sein Vater hatte ihn, bei seinen guten Um-
ständen auf eine Schule gesandt, und er hatte
hübsche Kenntnisse zurükgebracht. Er erwarb
sich Mariens Freundschaft, und da nur ein
Schritt zwischen der Liebe ist, so war auch dieser
bald gethan; Heinrich erwarb sich auch die
Gunst des alten Meier, und wußte ihn da-
hin zu bringen, ihn zu sich zu nehmen, um die
Landwirtschaft zu erlernen.

Nun hatten unsre Liebenden gewonnen Spiel
-- Sie wohnten unter einem Dache, sahen sich
täglich, und so durch den täglichon Umgang und

H 2

chen Schwiegerſohn zu erkieſen; ſchon viele hat-
ten ſich um Marien beworben; aber ſie waren
nicht reich, nicht vornehm genug.

Marie lernte auf der Hochzeit eines angren-
zenden Nachbars, Heinrich Moͤller kennen, er
war der Sohn eines Verwalters, der durch Un-
gluͤksfaͤlle um ſein Vermoͤgen gekommen, und
jezt ſich von einem Jahr zum andern, ſo durchhel-
fen mußte. Heinrich war ein ſchoͤner wohlge-
wachſener Juͤngling, beliebt in der ganzen Ge-
gend, beſonders wußten die Maͤdchens ihn we-
gen ſeiner Artigkeit, und auszeichnenden Sitten
nicht genug zu loben.

Sein Vater hatte ihn, bei ſeinen guten Um-
ſtaͤnden auf eine Schule geſandt, und er hatte
huͤbſche Kenntniſſe zuruͤkgebracht. Er erwarb
ſich Mariens Freundſchaft, und da nur ein
Schritt zwiſchen der Liebe iſt, ſo war auch dieſer
bald gethan; Heinrich erwarb ſich auch die
Gunſt des alten Meier, und wußte ihn da-
hin zu bringen, ihn zu ſich zu nehmen, um die
Landwirtſchaft zu erlernen.

Nun hatten unſre Liebenden gewonnen Spiel
— Sie wohnten unter einem Dache, ſahen ſich
taͤglich, und ſo durch den taͤglichon Umgang und

H 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0123" n="115"/>
chen Schwieger&#x017F;ohn zu erkie&#x017F;en; &#x017F;chon viele hat-<lb/>
ten &#x017F;ich um <hi rendition="#fr">Marien</hi> beworben; aber &#x017F;ie waren<lb/>
nicht reich, nicht vornehm genug.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#fr">Marie</hi> lernte auf der Hochzeit eines angren-<lb/>
zenden Nachbars, <hi rendition="#fr">Heinrich Mo&#x0364;ller</hi> kennen, er<lb/>
war der Sohn eines Verwalters, der durch Un-<lb/>
glu&#x0364;ksfa&#x0364;lle um &#x017F;ein Vermo&#x0364;gen gekommen, und<lb/>
jezt &#x017F;ich von einem Jahr zum andern, &#x017F;o durchhel-<lb/>
fen mußte. <hi rendition="#fr">Heinrich</hi> war ein &#x017F;cho&#x0364;ner wohlge-<lb/>
wach&#x017F;ener Ju&#x0364;ngling, beliebt in der ganzen Ge-<lb/>
gend, be&#x017F;onders wußten die Ma&#x0364;dchens ihn we-<lb/>
gen &#x017F;einer Artigkeit, und auszeichnenden Sitten<lb/>
nicht genug zu loben.</p><lb/>
          <p>Sein Vater hatte ihn, bei &#x017F;einen guten Um-<lb/>
&#x017F;ta&#x0364;nden auf eine Schule ge&#x017F;andt, und er hatte<lb/>
hu&#x0364;b&#x017F;che Kenntni&#x017F;&#x017F;e zuru&#x0364;kgebracht. Er erwarb<lb/>
&#x017F;ich <hi rendition="#fr">Mariens Freund&#x017F;chaft,</hi> und da nur ein<lb/>
Schritt zwi&#x017F;chen der Liebe i&#x017F;t, &#x017F;o war auch die&#x017F;er<lb/>
bald gethan; <hi rendition="#fr">Heinrich</hi> erwarb &#x017F;ich auch die<lb/>
Gun&#x017F;t des alten <hi rendition="#fr">Meier,</hi> und wußte ihn da-<lb/>
hin zu bringen, ihn zu &#x017F;ich zu nehmen, um die<lb/>
Landwirt&#x017F;chaft zu erlernen.</p><lb/>
          <p>Nun hatten un&#x017F;re Liebenden gewonnen Spiel<lb/>
&#x2014; Sie wohnten unter einem Dache, &#x017F;ahen &#x017F;ich<lb/>
ta&#x0364;glich, und &#x017F;o durch den ta&#x0364;glichon Umgang und<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">H 2</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[115/0123] chen Schwiegerſohn zu erkieſen; ſchon viele hat- ten ſich um Marien beworben; aber ſie waren nicht reich, nicht vornehm genug. Marie lernte auf der Hochzeit eines angren- zenden Nachbars, Heinrich Moͤller kennen, er war der Sohn eines Verwalters, der durch Un- gluͤksfaͤlle um ſein Vermoͤgen gekommen, und jezt ſich von einem Jahr zum andern, ſo durchhel- fen mußte. Heinrich war ein ſchoͤner wohlge- wachſener Juͤngling, beliebt in der ganzen Ge- gend, beſonders wußten die Maͤdchens ihn we- gen ſeiner Artigkeit, und auszeichnenden Sitten nicht genug zu loben. Sein Vater hatte ihn, bei ſeinen guten Um- ſtaͤnden auf eine Schule geſandt, und er hatte huͤbſche Kenntniſſe zuruͤkgebracht. Er erwarb ſich Mariens Freundſchaft, und da nur ein Schritt zwiſchen der Liebe iſt, ſo war auch dieſer bald gethan; Heinrich erwarb ſich auch die Gunſt des alten Meier, und wußte ihn da- hin zu bringen, ihn zu ſich zu nehmen, um die Landwirtſchaft zu erlernen. Nun hatten unſre Liebenden gewonnen Spiel — Sie wohnten unter einem Dache, ſahen ſich taͤglich, und ſo durch den taͤglichon Umgang und H 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/knueppeln_rechte_1784
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/knueppeln_rechte_1784/123
Zitationshilfe: Knüppeln, Julius Friedrich: Die Rechte der Natur und Menschheit, entweiht durch Menschen. Berlin, 1784, S. 115. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knueppeln_rechte_1784/123>, abgerufen am 25.04.2024.