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Knüppeln, Julius Friedrich: Die Rechte der Natur und Menschheit, entweiht durch Menschen. Berlin, 1784.

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dieses aus, und bekräftigten es durch einen Eid.
Er ward also nach den Gesezzen zum Tode ver-
urteilt, diese Strafe aber noch aus besonderer
Gnade in eine Gefängnißstrafe verwandelt.
Lange duldete er in einem schlechten Gewölbe des
Elends schwere Leiden des Körpers und der
Seele, bis endlich sein Verfolger starb. Seine
Freunde drangen darauf auf eine nochmalige Un-
rersuchung seines Prozesses, und da bekundeten
eben die Zeugen, die wider ihn gezeugt, seine
Unschuld, und sagten aus, daß sie von ihrem
Herrn zu einer falschen Angabe wären gezwun-
gen worden. Er ward also freigesprochen, seine
Unschuld durch einen richterlichen Spruch aner-
kannt, und das vorige Urteil annullirt -- Aber
das war auch alles -- wo blieb der Ersaz für
so viel erduldete Leiden? Nichts, gar nichts --
siech und elend, mit einem zerrütetten Körper,
muste der freigesprochene unschuldige Mann Tage
des Kummers zubringen, fand wenig Mitleid
bei Menschen, und starb endlich im Spital auf
dem Strohlager der Unschuld.



dieſes aus, und bekraͤftigten es durch einen Eid.
Er ward alſo nach den Geſezzen zum Tode ver-
urteilt, dieſe Strafe aber noch aus beſonderer
Gnade in eine Gefaͤngnißſtrafe verwandelt.
Lange duldete er in einem ſchlechten Gewoͤlbe des
Elends ſchwere Leiden des Koͤrpers und der
Seele, bis endlich ſein Verfolger ſtarb. Seine
Freunde drangen darauf auf eine nochmalige Un-
rerſuchung ſeines Prozeſſes, und da bekundeten
eben die Zeugen, die wider ihn gezeugt, ſeine
Unſchuld, und ſagten aus, daß ſie von ihrem
Herrn zu einer falſchen Angabe waͤren gezwun-
gen worden. Er ward alſo freigeſprochen, ſeine
Unſchuld durch einen richterlichen Spruch aner-
kannt, und das vorige Urteil annullirt — Aber
das war auch alles — wo blieb der Erſaz fuͤr
ſo viel erduldete Leiden? Nichts, gar nichts —
ſiech und elend, mit einem zerruͤtetten Koͤrper,
muſte der freigeſprochene unſchuldige Mann Tage
des Kummers zubringen, fand wenig Mitleid
bei Menſchen, und ſtarb endlich im Spital auf
dem Strohlager der Unſchuld.



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[271/0279] dieſes aus, und bekraͤftigten es durch einen Eid. Er ward alſo nach den Geſezzen zum Tode ver- urteilt, dieſe Strafe aber noch aus beſonderer Gnade in eine Gefaͤngnißſtrafe verwandelt. Lange duldete er in einem ſchlechten Gewoͤlbe des Elends ſchwere Leiden des Koͤrpers und der Seele, bis endlich ſein Verfolger ſtarb. Seine Freunde drangen darauf auf eine nochmalige Un- rerſuchung ſeines Prozeſſes, und da bekundeten eben die Zeugen, die wider ihn gezeugt, ſeine Unſchuld, und ſagten aus, daß ſie von ihrem Herrn zu einer falſchen Angabe waͤren gezwun- gen worden. Er ward alſo freigeſprochen, ſeine Unſchuld durch einen richterlichen Spruch aner- kannt, und das vorige Urteil annullirt — Aber das war auch alles — wo blieb der Erſaz fuͤr ſo viel erduldete Leiden? Nichts, gar nichts — ſiech und elend, mit einem zerruͤtetten Koͤrper, muſte der freigeſprochene unſchuldige Mann Tage des Kummers zubringen, fand wenig Mitleid bei Menſchen, und ſtarb endlich im Spital auf dem Strohlager der Unſchuld.

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Zitationshilfe: Knüppeln, Julius Friedrich: Die Rechte der Natur und Menschheit, entweiht durch Menschen. Berlin, 1784, S. 271. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/knueppeln_rechte_1784/279>, abgerufen am 23.04.2024.