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Koch, Robert: Untersuchung über die Aetiologie der Wundinfectionskrankheiten. Leipzig, 1878.

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Milzbrand.

Die vielfachen Untersuchungen über Milzbrand haben sich
fast alle mit dem Verhalten der Milzbrandbacillen ausserhalb des
thierischen Körpers beschäftigt. Ueber ihre Menge im Blute machte
man sich gewöhnlich nur nach der Blutprobe, die man aus einem
beliebigen Körpertheil genommen hatte, eine Vorstellung. Von
der im Körper wirklich vorhandenen Menge der Bacillen, von
ihrer Vertheilung im Blutgefässsystem sind aber bis jetzt keine
Angaben zur Veröffentlichung gekommen.

Um diese Lücke auszufüllen und weil die Milzbrandbacillen
sich den Septicämiebacillen so ähnlich verhalten und zum Ver¬
gleich mit diesen sowohl als auch mit den anderen hier geschil¬
derten pathogenen Bakterien dienen können, habe ich es unter¬
nommen, an Impfmilzbrand gestorbene Kaninchen und Mäuse in
derselben Weise, wie die durch künstliche Wundinfectionskrank¬
heiten getödteten Thiere zu untersuchen.

Hierbei erwies sich die isolirte Färbung der Milzbrandbacillen,
wie sie durch Behandlung der in Methylviolett gefärbten Schnitte
mit kohlensaurem Kali erzielt wird, von grösstem Vortheil. Magen-
und Darmschleimhaut lassen sich beispielsweise vermittelst dieses
Verfahrens für die Untersuchung so präpariren, dass selbst bei
schwacher Vergrösserung die Bacillen im ganzen Gefässgebiet
derselben zu übersehen sind. Ebenso geben Schnitte aus den
Lungen, Leber und Nieren ausserordentlich übersichtliche und
instructive Präparate.

Obwohl ich nun vielfach das Blut von milzbrandigen Thieren
früher untersucht hatte und keine geringe Meinung von der Zahl
der Bacillen im Körper eines milzbrandigen Thieres hatte, so
war ich doch ganz überrascht, als ich zum ersten Mal isolirt ge¬
färbte Schnitte und Theile von milzbrandigen Organen, z. B. die

Koch, Wundinfectionskrankheiten.
Milzbrand.

Die vielfachen Untersuchungen über Milzbrand haben sich
fast alle mit dem Verhalten der Milzbrandbacillen ausserhalb des
thierischen Körpers beschäftigt. Ueber ihre Menge im Blute machte
man sich gewöhnlich nur nach der Blutprobe, die man aus einem
beliebigen Körpertheil genommen hatte, eine Vorstellung. Von
der im Körper wirklich vorhandenen Menge der Bacillen, von
ihrer Vertheilung im Blutgefässsystem sind aber bis jetzt keine
Angaben zur Veröffentlichung gekommen.

Um diese Lücke auszufüllen und weil die Milzbrandbacillen
sich den Septicämiebacillen so ähnlich verhalten und zum Ver¬
gleich mit diesen sowohl als auch mit den anderen hier geschil¬
derten pathogenen Bakterien dienen können, habe ich es unter¬
nommen, an Impfmilzbrand gestorbene Kaninchen und Mäuse in
derselben Weise, wie die durch künstliche Wundinfectionskrank¬
heiten getödteten Thiere zu untersuchen.

Hierbei erwies sich die isolirte Färbung der Milzbrandbacillen,
wie sie durch Behandlung der in Methylviolett gefärbten Schnitte
mit kohlensaurem Kali erzielt wird, von grösstem Vortheil. Magen-
und Darmschleimhaut lassen sich beispielsweise vermittelst dieses
Verfahrens für die Untersuchung so präpariren, dass selbst bei
schwacher Vergrösserung die Bacillen im ganzen Gefässgebiet
derselben zu übersehen sind. Ebenso geben Schnitte aus den
Lungen, Leber und Nieren ausserordentlich übersichtliche und
instructive Präparate.

Obwohl ich nun vielfach das Blut von milzbrandigen Thieren
früher untersucht hatte und keine geringe Meinung von der Zahl
der Bacillen im Körper eines milzbrandigen Thieres hatte, so
war ich doch ganz überrascht, als ich zum ersten Mal isolirt ge¬
färbte Schnitte und Theile von milzbrandigen Organen, z. B. die

Koch, Wundinfectionskrankheiten.
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[[65]/0075] Milzbrand. Die vielfachen Untersuchungen über Milzbrand haben sich fast alle mit dem Verhalten der Milzbrandbacillen ausserhalb des thierischen Körpers beschäftigt. Ueber ihre Menge im Blute machte man sich gewöhnlich nur nach der Blutprobe, die man aus einem beliebigen Körpertheil genommen hatte, eine Vorstellung. Von der im Körper wirklich vorhandenen Menge der Bacillen, von ihrer Vertheilung im Blutgefässsystem sind aber bis jetzt keine Angaben zur Veröffentlichung gekommen. Um diese Lücke auszufüllen und weil die Milzbrandbacillen sich den Septicämiebacillen so ähnlich verhalten und zum Ver¬ gleich mit diesen sowohl als auch mit den anderen hier geschil¬ derten pathogenen Bakterien dienen können, habe ich es unter¬ nommen, an Impfmilzbrand gestorbene Kaninchen und Mäuse in derselben Weise, wie die durch künstliche Wundinfectionskrank¬ heiten getödteten Thiere zu untersuchen. Hierbei erwies sich die isolirte Färbung der Milzbrandbacillen, wie sie durch Behandlung der in Methylviolett gefärbten Schnitte mit kohlensaurem Kali erzielt wird, von grösstem Vortheil. Magen- und Darmschleimhaut lassen sich beispielsweise vermittelst dieses Verfahrens für die Untersuchung so präpariren, dass selbst bei schwacher Vergrösserung die Bacillen im ganzen Gefässgebiet derselben zu übersehen sind. Ebenso geben Schnitte aus den Lungen, Leber und Nieren ausserordentlich übersichtliche und instructive Präparate. Obwohl ich nun vielfach das Blut von milzbrandigen Thieren früher untersucht hatte und keine geringe Meinung von der Zahl der Bacillen im Körper eines milzbrandigen Thieres hatte, so war ich doch ganz überrascht, als ich zum ersten Mal isolirt ge¬ färbte Schnitte und Theile von milzbrandigen Organen, z. B. die Koch, Wundinfectionskrankheiten.

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Zitationshilfe: Koch, Robert: Untersuchung über die Aetiologie der Wundinfectionskrankheiten. Leipzig, 1878, S. [65]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/koch_wundinfektionskrankheiten_1878/75>, abgerufen am 23.04.2024.