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Kölliker, Albert von: Entwicklungsgeschichte des Menschen und der höheren Thiere. Leipzig, 1861.

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Einundzwanzigste Vorlesung.

Nachdem ich Ihnen, meine Herren, die Eihäute des MenschenEntwicklung der
menschlichen
Eihüllen.

aus der Mitte der Schwangerschaft und aus späterer Zeit geschildert
und auch die Haupttypen der Säugethiere in ihren wesentlichen Ver-
hältnissen beschrieben habe, will ich heute versuchen, die Frage zu
beantworten, auf welche Art und Weise die Bildung der mensch-
lichen Eihäute vor sich geht. Fassen wir zunächst die fötalen
Eihüllen
ins Auge, so bleibt nur noch das Chorion zur Bespre-
chung übrig.

Sie erinnern sich aus dem, was ich Ihnen von Thieren mit-Entwicklung des
Chorions.

theilte, dass das spätere (secundäre) oder eigentliche Chorion überall
aus zwei Bestandtheilen zusammengesetzt ist und zwar 1) aus einer
Epithelialschicht nach aussen, welche auch die Zotten überzieht und
2) aus einer Bindegewebsschicht mit Gefässen nach innen. Die Epi-
thelialschicht ist, wie alle bisher angestellten Beobachtungen un-
zweifelhaft darthun, nichts Anderes als die seröse Hülle, deren Ent-
wicklung, wie Sie wissen, mit der Bildung des Amnios in nahem
Zusammenhange steht (Siehe die vierzehnte Vorlesung). Die Bindege-
websschicht des Chorions, diese innere Schicht, welche Blutgefässe
führt, stammt bei den meisten Thieren von der Allantois, es kann
jedoch, wie wir bei den Nagern gesehen haben, auch der Dottersack
Gefässe an die äussere Eihülle abgeben und sich so an der Bildung
des Chorions betheiligen. Es ist nun die Frage, wie die Verhält-
nisse in dieser Beziehung beim Menschen sich gestalten, ob wir be-
rechtigt sind, die bei Thieren geltenden Gesetze auch auf denselben
überzutragen, oder ob wir für ihn besondere specifische Verhältnisse
anzunehmen haben. Vor Allem ist zu betonen, dass auch beim
Menschen eine primäre äussere Eihaut von einer späteren bleibenden

Einundzwanzigste Vorlesung.

Nachdem ich Ihnen, meine Herren, die Eihäute des MenschenEntwicklung der
menschlichen
Eihüllen.

aus der Mitte der Schwangerschaft und aus späterer Zeit geschildert
und auch die Haupttypen der Säugethiere in ihren wesentlichen Ver-
hältnissen beschrieben habe, will ich heute versuchen, die Frage zu
beantworten, auf welche Art und Weise die Bildung der mensch-
lichen Eihäute vor sich geht. Fassen wir zunächst die fötalen
Eihüllen
ins Auge, so bleibt nur noch das Chorion zur Bespre-
chung übrig.

Sie erinnern sich aus dem, was ich Ihnen von Thieren mit-Entwicklung des
Chorions.

theilte, dass das spätere (secundäre) oder eigentliche Chorion überall
aus zwei Bestandtheilen zusammengesetzt ist und zwar 1) aus einer
Epithelialschicht nach aussen, welche auch die Zotten überzieht und
2) aus einer Bindegewebsschicht mit Gefässen nach innen. Die Epi-
thelialschicht ist, wie alle bisher angestellten Beobachtungen un-
zweifelhaft darthun, nichts Anderes als die seröse Hülle, deren Ent-
wicklung, wie Sie wissen, mit der Bildung des Amnios in nahem
Zusammenhange steht (Siehe die vierzehnte Vorlesung). Die Bindege-
websschicht des Chorions, diese innere Schicht, welche Blutgefässe
führt, stammt bei den meisten Thieren von der Allantois, es kann
jedoch, wie wir bei den Nagern gesehen haben, auch der Dottersack
Gefässe an die äussere Eihülle abgeben und sich so an der Bildung
des Chorions betheiligen. Es ist nun die Frage, wie die Verhält-
nisse in dieser Beziehung beim Menschen sich gestalten, ob wir be-
rechtigt sind, die bei Thieren geltenden Gesetze auch auf denselben
überzutragen, oder ob wir für ihn besondere specifische Verhältnisse
anzunehmen haben. Vor Allem ist zu betonen, dass auch beim
Menschen eine primäre äussere Eihaut von einer späteren bleibenden

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[[171]/0187] Einundzwanzigste Vorlesung. Nachdem ich Ihnen, meine Herren, die Eihäute des Menschen aus der Mitte der Schwangerschaft und aus späterer Zeit geschildert und auch die Haupttypen der Säugethiere in ihren wesentlichen Ver- hältnissen beschrieben habe, will ich heute versuchen, die Frage zu beantworten, auf welche Art und Weise die Bildung der mensch- lichen Eihäute vor sich geht. Fassen wir zunächst die fötalen Eihüllen ins Auge, so bleibt nur noch das Chorion zur Bespre- chung übrig. Entwicklung der menschlichen Eihüllen. Sie erinnern sich aus dem, was ich Ihnen von Thieren mit- theilte, dass das spätere (secundäre) oder eigentliche Chorion überall aus zwei Bestandtheilen zusammengesetzt ist und zwar 1) aus einer Epithelialschicht nach aussen, welche auch die Zotten überzieht und 2) aus einer Bindegewebsschicht mit Gefässen nach innen. Die Epi- thelialschicht ist, wie alle bisher angestellten Beobachtungen un- zweifelhaft darthun, nichts Anderes als die seröse Hülle, deren Ent- wicklung, wie Sie wissen, mit der Bildung des Amnios in nahem Zusammenhange steht (Siehe die vierzehnte Vorlesung). Die Bindege- websschicht des Chorions, diese innere Schicht, welche Blutgefässe führt, stammt bei den meisten Thieren von der Allantois, es kann jedoch, wie wir bei den Nagern gesehen haben, auch der Dottersack Gefässe an die äussere Eihülle abgeben und sich so an der Bildung des Chorions betheiligen. Es ist nun die Frage, wie die Verhält- nisse in dieser Beziehung beim Menschen sich gestalten, ob wir be- rechtigt sind, die bei Thieren geltenden Gesetze auch auf denselben überzutragen, oder ob wir für ihn besondere specifische Verhältnisse anzunehmen haben. Vor Allem ist zu betonen, dass auch beim Menschen eine primäre äussere Eihaut von einer späteren bleibenden Entwicklung des Chorions.

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Zitationshilfe: Kölliker, Albert von: Entwicklungsgeschichte des Menschen und der höheren Thiere. Leipzig, 1861, S. [171]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/koelliker_entwicklungs_1861/187>, abgerufen am 19.03.2024.