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Kölliker, Albert von: Entwicklungsgeschichte des Menschen und der höheren Thiere. Leipzig, 1861.

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Fünfunddreissigste Vorlesung.
B. Entwicklung der grösseren Darmdrüsen.

Meine Herren! In der Reihe der grossen Anhangsdrüsen desLungen
des Hühnchens.

Darmkanales mag die Lunge zuerst der Gegenstand unserer heuti-
gen Betrachtung sein. Die Lunge entwickelt sich sowohl beim Hühn-
chen als bei den Säugethieren in sehr früher Zeit, jedoch etwas spä-
ter als die Leber und zwar, wie v. Baer schon vor Jahren richtig
angegeben hat, als eine hohle Ausstülpung aus dem Anfangsdarme.
Nach diesem Autor sieht man beim Hühnerembryo am dritten Tage
dicht hinter der letzten Kiemenspalte zu beiden Seiten des Speise-
kanales eine kleine hohle Auftreibung. Beide gestalten sich bald zu
länglichen Säckchen, rücken zusammen und erhalten ein mittleres
Vereinigungsstück, das sofort zu einem kurzen hohlen Stiele, der
Anlage der Luftröhre, sich auszieht, während jedes Säckchen selbst
in einen kurzen Stiel, den Bronchus, und ein erweitertes Ende, die
Anlage der Lunge, sich umwandelt. -- Diese Angaben v. Baer's, ob-
schon von Reichert und zuerst auch von Bischoff als unrichtig hin-
gestellt, haben sich nichts destoweniger vollkommen bewährt und
hat in unseren Tagen besonders Remak dieselben als nach allen Seiten
befriedigend dargethan. Nach Remak geht jedoch dem Stadium, wel-
ches v. Baer als das erste beschreibt, noch ein anderes voraus, in
welchem die Lunge eine einfache hohle Auftreibung der Wand des
Vorderdarmes ist (Unters. St. 55. Taf. VI. Fig. 72 l). Ausserdem hat
Remak auch bestimmter als v. Baer nachgewiesen, dass die Aus-
stülpung der Darmwand, die zur Lunge wird, aus denselben zwei
Schichten besteht, wie diese, nämlich aus dem Epithelialrohre und
der Faserwand (bei v. Baer als Schleimhaut und Gefässschicht be-
zeichnet).


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Fünfunddreissigste Vorlesung.
B. Entwicklung der grösseren Darmdrüsen.

Meine Herren! In der Reihe der grossen Anhangsdrüsen desLungen
des Hühnchens.

Darmkanales mag die Lunge zuerst der Gegenstand unserer heuti-
gen Betrachtung sein. Die Lunge entwickelt sich sowohl beim Hühn-
chen als bei den Säugethieren in sehr früher Zeit, jedoch etwas spä-
ter als die Leber und zwar, wie v. Baer schon vor Jahren richtig
angegeben hat, als eine hohle Ausstülpung aus dem Anfangsdarme.
Nach diesem Autor sieht man beim Hühnerembryo am dritten Tage
dicht hinter der letzten Kiemenspalte zu beiden Seiten des Speise-
kanales eine kleine hohle Auftreibung. Beide gestalten sich bald zu
länglichen Säckchen, rücken zusammen und erhalten ein mittleres
Vereinigungsstück, das sofort zu einem kurzen hohlen Stiele, der
Anlage der Luftröhre, sich auszieht, während jedes Säckchen selbst
in einen kurzen Stiel, den Bronchus, und ein erweitertes Ende, die
Anlage der Lunge, sich umwandelt. — Diese Angaben v. Baer’s, ob-
schon von Reichert und zuerst auch von Bischoff als unrichtig hin-
gestellt, haben sich nichts destoweniger vollkommen bewährt und
hat in unseren Tagen besonders Remak dieselben als nach allen Seiten
befriedigend dargethan. Nach Remak geht jedoch dem Stadium, wel-
ches v. Baer als das erste beschreibt, noch ein anderes voraus, in
welchem die Lunge eine einfache hohle Auftreibung der Wand des
Vorderdarmes ist (Unters. St. 55. Taf. VI. Fig. 72 l). Ausserdem hat
Remak auch bestimmter als v. Baer nachgewiesen, dass die Aus-
stülpung der Darmwand, die zur Lunge wird, aus denselben zwei
Schichten besteht, wie diese, nämlich aus dem Epithelialrohre und
der Faserwand (bei v. Baer als Schleimhaut und Gefässschicht be-
zeichnet).


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[[371]/0387] Fünfunddreissigste Vorlesung. B. Entwicklung der grösseren Darmdrüsen. Meine Herren! In der Reihe der grossen Anhangsdrüsen des Darmkanales mag die Lunge zuerst der Gegenstand unserer heuti- gen Betrachtung sein. Die Lunge entwickelt sich sowohl beim Hühn- chen als bei den Säugethieren in sehr früher Zeit, jedoch etwas spä- ter als die Leber und zwar, wie v. Baer schon vor Jahren richtig angegeben hat, als eine hohle Ausstülpung aus dem Anfangsdarme. Nach diesem Autor sieht man beim Hühnerembryo am dritten Tage dicht hinter der letzten Kiemenspalte zu beiden Seiten des Speise- kanales eine kleine hohle Auftreibung. Beide gestalten sich bald zu länglichen Säckchen, rücken zusammen und erhalten ein mittleres Vereinigungsstück, das sofort zu einem kurzen hohlen Stiele, der Anlage der Luftröhre, sich auszieht, während jedes Säckchen selbst in einen kurzen Stiel, den Bronchus, und ein erweitertes Ende, die Anlage der Lunge, sich umwandelt. — Diese Angaben v. Baer’s, ob- schon von Reichert und zuerst auch von Bischoff als unrichtig hin- gestellt, haben sich nichts destoweniger vollkommen bewährt und hat in unseren Tagen besonders Remak dieselben als nach allen Seiten befriedigend dargethan. Nach Remak geht jedoch dem Stadium, wel- ches v. Baer als das erste beschreibt, noch ein anderes voraus, in welchem die Lunge eine einfache hohle Auftreibung der Wand des Vorderdarmes ist (Unters. St. 55. Taf. VI. Fig. 72 l). Ausserdem hat Remak auch bestimmter als v. Baer nachgewiesen, dass die Aus- stülpung der Darmwand, die zur Lunge wird, aus denselben zwei Schichten besteht, wie diese, nämlich aus dem Epithelialrohre und der Faserwand (bei v. Baer als Schleimhaut und Gefässschicht be- zeichnet). Lungen des Hühnchens. 24*

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Zitationshilfe: Kölliker, Albert von: Entwicklungsgeschichte des Menschen und der höheren Thiere. Leipzig, 1861, S. [371]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/koelliker_entwicklungs_1861/387>, abgerufen am 19.03.2024.