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Kölliker, Albert von: Entwicklungsgeschichte des Menschen und der höheren Thiere. Leipzig, 1861.

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Jüngste menschliche Embryonen.
somit noch keinen Darm besass. Allantois und Nabelstrang waren
nicht vorhanden und auch vom Amnios meldet Thomson nichts. Doch
kann man mit Bischoff aus dem von Thomson angegebenen Um-
stande, dass der Embryo mit seinem Rücken an die äussere Eihaut
festgeheftet war, schliessen, dass das Amnios schon da war, in wel-
chem Falle dann die äussere Eihaut entweder als seröse Hülle allein
oder als solche sammt der Dotterhaut aufgefasst werden müsste.
Im erstern Falle wären die Zöttchen Productionen der serösen Hülle,
im letztern könnten dieselben nur ähnliche structurlose Bildun-
gen sein, wie ich sie Ihnen früher vom Kaninchen geschildert habe.

Die zweite Beobachtung von Thomson bezieht sich auf ein EiZweites Ei von
Thomson.

von 6''' Grösse (Fig. 64), dessen Alter Thomson auf 15 Tage schätzt.

[Abbildung] Fig. 64.
[Abbildung] Fig. 65.
Dieses Ei war mehr eiförmig und ebenfalls mit
Zöttchen besetzt. Im Innern der Eihaut desselben
fand sich ein grosser mit Flüssigkeit erfüllter Raum
und an einer Stelle eine Blase von ungefähr 1'''
Grösse, welche die Anlage eines Embryo zeigte.
Der Embryo selbst war auch etwa 1''' gross und
überragte die Blase etwas; von der Rückenseite
gesehen (Fig. 65) zeigte derselbe eine sehr deutliche
Rückenfurche, welche in der Mitte schon im
Schliessen begriffen war und ebenso stark hervor-
tretende Rückenwülste. An der Bauchseite des
Embryo war das Herz bemerklich; und am Kopf-
ende sass ein hautartiger Lappen, wahrscheinlich
ein Stück des Amnios. Auch von diesem Embryo
gibt übrigens Thomson wieder an, dass er mit dem
Rücken am Chorion festsass und ist somit mit Be-
zug auf die Deutung der äusseren Eihaut wiederum die Möglichkeit
vorhanden, dass dieselbe die seröse Hülle war.

Dieses zweite Ei nun ist offenbar nicht ganz normal; der Be-
schaffenheit des Embryo zufolge ist es sehr jung, sicherlich ebenso
jung als das Ei der ersten Beobachtung, wo nicht noch jünger und

[Abbildung]

Fig. 64. Menschliches Ei von 15 Tagen nach Thomson in natürlicher Grösse
geöffnet, um den grossen Innenraum und den kleinen Embryo zu zeigen.

[Abbildung]

Fig. 65. Embryo dieses Eies vergrössert. a Dottersack, b Nackengegend,
wo die Rückenfurche schon geschlossen ist, c Kopftheil des Embryo mit noch
offener Rückenfurche, d hinteres Ende, wo dasselbe der Fall ist, e hautartiger
Anhang, vielleicht ein Theil des Amnios.

Jüngste menschliche Embryonen.
somit noch keinen Darm besass. Allantois und Nabelstrang waren
nicht vorhanden und auch vom Amnios meldet Thomson nichts. Doch
kann man mit Bischoff aus dem von Thomson angegebenen Um-
stande, dass der Embryo mit seinem Rücken an die äussere Eihaut
festgeheftet war, schliessen, dass das Amnios schon da war, in wel-
chem Falle dann die äussere Eihaut entweder als seröse Hülle allein
oder als solche sammt der Dotterhaut aufgefasst werden müsste.
Im erstern Falle wären die Zöttchen Productionen der serösen Hülle,
im letztern könnten dieselben nur ähnliche structurlose Bildun-
gen sein, wie ich sie Ihnen früher vom Kaninchen geschildert habe.

Die zweite Beobachtung von Thomson bezieht sich auf ein EiZweites Ei von
Thomson.

von 6‴ Grösse (Fig. 64), dessen Alter Thomson auf 15 Tage schätzt.

[Abbildung] Fig. 64.
[Abbildung] Fig. 65.
Dieses Ei war mehr eiförmig und ebenfalls mit
Zöttchen besetzt. Im Innern der Eihaut desselben
fand sich ein grosser mit Flüssigkeit erfüllter Raum
und an einer Stelle eine Blase von ungefähr 1‴
Grösse, welche die Anlage eines Embryo zeigte.
Der Embryo selbst war auch etwa 1‴ gross und
überragte die Blase etwas; von der Rückenseite
gesehen (Fig. 65) zeigte derselbe eine sehr deutliche
Rückenfurche, welche in der Mitte schon im
Schliessen begriffen war und ebenso stark hervor-
tretende Rückenwülste. An der Bauchseite des
Embryo war das Herz bemerklich; und am Kopf-
ende sass ein hautartiger Lappen, wahrscheinlich
ein Stück des Amnios. Auch von diesem Embryo
gibt übrigens Thomson wieder an, dass er mit dem
Rücken am Chorion festsass und ist somit mit Be-
zug auf die Deutung der äusseren Eihaut wiederum die Möglichkeit
vorhanden, dass dieselbe die seröse Hülle war.

Dieses zweite Ei nun ist offenbar nicht ganz normal; der Be-
schaffenheit des Embryo zufolge ist es sehr jung, sicherlich ebenso
jung als das Ei der ersten Beobachtung, wo nicht noch jünger und

[Abbildung]

Fig. 64. Menschliches Ei von 15 Tagen nach Thomson in natürlicher Grösse
geöffnet, um den grossen Innenraum und den kleinen Embryo zu zeigen.

[Abbildung]

Fig. 65. Embryo dieses Eies vergrössert. a Dottersack, b Nackengegend,
wo die Rückenfurche schon geschlossen ist, c Kopftheil des Embryo mit noch
offener Rückenfurche, d hinteres Ende, wo dasselbe der Fall ist, e hautartiger
Anhang, vielleicht ein Theil des Amnios.

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[123/0139] Jüngste menschliche Embryonen. somit noch keinen Darm besass. Allantois und Nabelstrang waren nicht vorhanden und auch vom Amnios meldet Thomson nichts. Doch kann man mit Bischoff aus dem von Thomson angegebenen Um- stande, dass der Embryo mit seinem Rücken an die äussere Eihaut festgeheftet war, schliessen, dass das Amnios schon da war, in wel- chem Falle dann die äussere Eihaut entweder als seröse Hülle allein oder als solche sammt der Dotterhaut aufgefasst werden müsste. Im erstern Falle wären die Zöttchen Productionen der serösen Hülle, im letztern könnten dieselben nur ähnliche structurlose Bildun- gen sein, wie ich sie Ihnen früher vom Kaninchen geschildert habe. Die zweite Beobachtung von Thomson bezieht sich auf ein Ei von 6‴ Grösse (Fig. 64), dessen Alter Thomson auf 15 Tage schätzt. [Abbildung Fig. 64.] [Abbildung Fig. 65.] Dieses Ei war mehr eiförmig und ebenfalls mit Zöttchen besetzt. Im Innern der Eihaut desselben fand sich ein grosser mit Flüssigkeit erfüllter Raum und an einer Stelle eine Blase von ungefähr 1‴ Grösse, welche die Anlage eines Embryo zeigte. Der Embryo selbst war auch etwa 1‴ gross und überragte die Blase etwas; von der Rückenseite gesehen (Fig. 65) zeigte derselbe eine sehr deutliche Rückenfurche, welche in der Mitte schon im Schliessen begriffen war und ebenso stark hervor- tretende Rückenwülste. An der Bauchseite des Embryo war das Herz bemerklich; und am Kopf- ende sass ein hautartiger Lappen, wahrscheinlich ein Stück des Amnios. Auch von diesem Embryo gibt übrigens Thomson wieder an, dass er mit dem Rücken am Chorion festsass und ist somit mit Be- zug auf die Deutung der äusseren Eihaut wiederum die Möglichkeit vorhanden, dass dieselbe die seröse Hülle war. Zweites Ei von Thomson. Dieses zweite Ei nun ist offenbar nicht ganz normal; der Be- schaffenheit des Embryo zufolge ist es sehr jung, sicherlich ebenso jung als das Ei der ersten Beobachtung, wo nicht noch jünger und [Abbildung Fig. 64. Menschliches Ei von 15 Tagen nach Thomson in natürlicher Grösse geöffnet, um den grossen Innenraum und den kleinen Embryo zu zeigen.] [Abbildung Fig. 65. Embryo dieses Eies vergrössert. a Dottersack, b Nackengegend, wo die Rückenfurche schon geschlossen ist, c Kopftheil des Embryo mit noch offener Rückenfurche, d hinteres Ende, wo dasselbe der Fall ist, e hautartiger Anhang, vielleicht ein Theil des Amnios.]

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Zitationshilfe: Kölliker, Albert von: Entwicklungsgeschichte des Menschen und der höheren Thiere. Leipzig, 1861, S. 123. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/koelliker_entwicklungs_1861/139>, abgerufen am 25.04.2024.