Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Kotzebue, August von: Menschenhaß und Reue. Berlin, 1790.

Bild:
<< vorherige Seite
habe ich so meine eigene Manier, ein Geheimniß
unter die Leute zu bringen. Mit meinen Briefen
in der Tasche halte ich die Leute auf den Straßen
an; ich lese sie in der Canzeley des Herrn Gerichts-
halters vor, ich publicire sie in der Kirche --
Graf. Ja, ja; und wenn er keine Briefe be-
kommt, so schmiedet er sie selbst.
Bitterm. Auch wohl mit unter, Ew. Hochgräfl.
Excellenz. Die Correspondenten sind zuweilen
saumselig.
Dritter Auftritt.
Der Major. Die Vorigen.
Graf. (ihm entgegen) Nun, endlich kommt doch
einer, der die Krebse wird verzehren helfen, die
so groß sind, als die Schildkröten. -- Aber mein
Himmel! welch ein O Jeminesgesicht! Kommen
Sie, Herr Schwager; ein Glas Burgunder auf
den Schrecken!
Major. Verzeihen Sie! ich habe weder Hun-
ger noch Durst.
Graf. Hören Sie! unter allen Dingen auf der
Welt verzeihe ich das gerade am wenigsten, wenn
man in meinem Hause nicht lustig und froh ist.
habe ich ſo meine eigene Manier, ein Geheimniß
unter die Leute zu bringen. Mit meinen Briefen
in der Taſche halte ich die Leute auf den Straßen
an; ich leſe ſie in der Canzeley des Herrn Gerichts-
halters vor, ich publicire ſie in der Kirche —
Graf. Ja, ja; und wenn er keine Briefe be-
kommt, ſo ſchmiedet er ſie ſelbſt.
Bitterm. Auch wohl mit unter, Ew. Hochgraͤfl.
Excellenz. Die Correſpondenten ſind zuweilen
ſaumſelig.
Dritter Auftritt.
Der Major. Die Vorigen.
Graf. (ihm entgegen) Nun, endlich kommt doch
einer, der die Krebſe wird verzehren helfen, die
ſo groß ſind, als die Schildkroͤten. — Aber mein
Himmel! welch ein O Jeminesgeſicht! Kommen
Sie, Herr Schwager; ein Glas Burgunder auf
den Schrecken!
Major. Verzeihen Sie! ich habe weder Hun-
ger noch Durſt.
Graf. Hoͤren Sie! unter allen Dingen auf der
Welt verzeihe ich das gerade am wenigſten, wenn
man in meinem Hauſe nicht luſtig und froh iſt.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <sp who="#BITTER">
              <p><pb facs="#f0150" n="142"/>
habe ich &#x017F;o meine eigene Manier, ein Geheimniß<lb/>
unter die Leute zu bringen. Mit meinen Briefen<lb/>
in der Ta&#x017F;che halte ich die Leute auf den Straßen<lb/>
an; ich le&#x017F;e &#x017F;ie in der Canzeley des Herrn Gerichts-<lb/>
halters vor, ich publicire &#x017F;ie in der Kirche &#x2014;</p>
            </sp><lb/>
            <sp who="#GRAF">
              <speaker> <hi rendition="#fr">Graf.</hi> </speaker>
              <p>Ja, ja; und wenn er keine Briefe be-<lb/>
kommt, &#x017F;o &#x017F;chmiedet er &#x017F;ie &#x017F;elb&#x017F;t.</p>
            </sp><lb/>
            <sp who="#BITTER">
              <speaker> <hi rendition="#fr">Bitterm.</hi> </speaker>
              <p>Auch wohl mit unter, Ew. Hochgra&#x0364;fl.<lb/>
Excellenz. Die Corre&#x017F;pondenten &#x017F;ind zuweilen<lb/>
&#x017F;aum&#x017F;elig.</p>
            </sp>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Dritter Auftritt</hi>.</hi> </head><lb/>
            <stage>Der Major. Die Vorigen.</stage><lb/>
            <sp who="#GRAF">
              <speaker> <hi rendition="#fr">Graf.</hi> </speaker>
              <stage>(ihm entgegen)</stage>
              <p>Nun, endlich kommt doch<lb/>
einer, der die Kreb&#x017F;e wird verzehren helfen, die<lb/>
&#x017F;o groß &#x017F;ind, als die Schildkro&#x0364;ten. &#x2014; Aber mein<lb/>
Himmel! welch ein O Jeminesge&#x017F;icht! Kommen<lb/>
Sie, Herr Schwager; ein Glas Burgunder auf<lb/>
den Schrecken!</p>
            </sp><lb/>
            <sp who="#MAJ">
              <speaker> <hi rendition="#fr">Major.</hi> </speaker>
              <p>Verzeihen Sie! ich habe weder Hun-<lb/>
ger noch Dur&#x017F;t.</p>
            </sp><lb/>
            <sp who="#GRAF">
              <speaker> <hi rendition="#fr">Graf.</hi> </speaker>
              <p>Ho&#x0364;ren Sie! unter allen Dingen auf der<lb/>
Welt verzeihe ich das gerade am wenig&#x017F;ten, wenn<lb/>
man in meinem Hau&#x017F;e nicht lu&#x017F;tig und froh i&#x017F;t.<lb/></p>
            </sp>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[142/0150] habe ich ſo meine eigene Manier, ein Geheimniß unter die Leute zu bringen. Mit meinen Briefen in der Taſche halte ich die Leute auf den Straßen an; ich leſe ſie in der Canzeley des Herrn Gerichts- halters vor, ich publicire ſie in der Kirche — Graf. Ja, ja; und wenn er keine Briefe be- kommt, ſo ſchmiedet er ſie ſelbſt. Bitterm. Auch wohl mit unter, Ew. Hochgraͤfl. Excellenz. Die Correſpondenten ſind zuweilen ſaumſelig. Dritter Auftritt. Der Major. Die Vorigen. Graf. (ihm entgegen) Nun, endlich kommt doch einer, der die Krebſe wird verzehren helfen, die ſo groß ſind, als die Schildkroͤten. — Aber mein Himmel! welch ein O Jeminesgeſicht! Kommen Sie, Herr Schwager; ein Glas Burgunder auf den Schrecken! Major. Verzeihen Sie! ich habe weder Hun- ger noch Durſt. Graf. Hoͤren Sie! unter allen Dingen auf der Welt verzeihe ich das gerade am wenigſten, wenn man in meinem Hauſe nicht luſtig und froh iſt.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kotzebue_menschenhass_1790
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kotzebue_menschenhass_1790/150
Zitationshilfe: Kotzebue, August von: Menschenhaß und Reue. Berlin, 1790, S. 142. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kotzebue_menschenhass_1790/150>, abgerufen am 19.04.2024.