Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Krafft, Guido: Lehrbuch der Landwirthschaft auf wissenschaftlicher und praktischer Grundlage. Bd. 1. Berlin, 1875.

Bild:
<< vorherige Seite
Die Bodenbearbeitung.
V.
Die Bodenbearbeitung.

Bezweckt die im Capitel IV erläuterte Melioration eine durchgreifende und
dauernde Aenderung der Bodenbeschaffenheit, um damit den Pflanzenstandort bleibend
zu verbessern, so sucht dagegen die Bodenbearbeitung jene periodischen Aenderungen
in der Bodenbeschaffenheit wieder auszugleichen, welche durch die Benutzung des Bodens
zur Pflanzencultur hervortreten. Jede Pflanze hinterläßt nach der Ernte den Boden
nicht nur -- um den Betrag der von ihr aus dem Boden aufgenommenen Aschen-
bestandtheile -- nährstoffärmer, sondern auch in einem ungünstigeren physikalischen
Zustande. Während des Verweilens der Pflanze am Felde wird der Boden aus-
getrocknet und die Einwirkung der Kohlensäure und des Sauerstoffes der Luft, oder
die Verwitterung beeinträchtiget; der Boden "verschließt" sich nach der Ausdrucks-
weise des praktischen Landwirthes.

Die Bodenbearbeitung ist das emfachste und billigste Mittel, um diese, wenn
auch im Verlaufe einer Vegetation nur geringe Verschlechterung des Bodens wieder
aufzuheben. Durch die mechanische Bearbeitung des Bodens werden der Kohlensäure
und dem Sauerstoff der Luft neue Angriffspunkte geboten, daher die Verwitterung
der alkalischen Thonerdesilicate beschleunigt, und somit, allerdings auf Kosten der ge-
bundenen Bodennährstoffe, neue assimilirbare Pflanzennahrung geschaffen. Außerdem
wird der physikalische Zustand des Bodens, welcher sich durch die Vegetation der
Culturpflanzen verschlechtert hat, durch die Lockerung bei der Bearbeitung wieder
in den Stand gesetzt.

Mit Rücksicht auf die folgende Pflanze sucht die mechanische Bearbeitung den
Boden vorerst zur Aufnahme der Pflanzensamen und weiterhin zum Tragen einer
Vegetation von Culturpflanzen geeignet zu machen. In ersterer Hinsicht wird durch
das Aufbrechen der dicht gewordenen Bodenoberfläche möglich gemacht, daß der in den
Boden gebrachte Samen sicherer die Bedingungen zum Keimen findet. In letzterer
Hinsicht werden durch die Lockerung des Bodens, welche die Bodennährstoffe für die
Pflanzenwurzeln zugänglicher macht und eine Verbesserung des physikalischen Boden-
zustandes nach sich zieht, die Bedingnngen für das weitere Fortkommen der Pflanzen
nach Möglichkeit gesichert.

Erfolgt die mechanische Bearbeitung lange vor der Wiederbestellung des Feldes,
so tritt die Absicht, den Vorrath an aufnehmbarer Pflanzennahrung durch Beförde-
rung der Verwitterung zu vermehren, in den Vordergrund. Sie wird erreicht ent-
weder durch ein derartiges Wenden des Bodens, daß eine möglichst große Ober-
fläche desselben und immer neue Bodentheilchen aus der Tiefe den Verwitterungseinflüssen
preisgegeben werden, oder durch das Mischen der Boden- und Düngertheilchen, durch
welches der Stoffumsatz lebhafter gestaltet wird.

Neben diesen in erster Linie verfolgten Zwecken der Bodenbearbeitung sucht man
durch dieselbe den Boden auch zu verdichten, oder dessen Oberfläche eine bestimmte Form

Die Bodenbearbeitung.
V.
Die Bodenbearbeitung.

Bezweckt die im Capitel IV erläuterte Melioration eine durchgreifende und
dauernde Aenderung der Bodenbeſchaffenheit, um damit den Pflanzenſtandort bleibend
zu verbeſſern, ſo ſucht dagegen die Bodenbearbeitung jene periodiſchen Aenderungen
in der Bodenbeſchaffenheit wieder auszugleichen, welche durch die Benutzung des Bodens
zur Pflanzencultur hervortreten. Jede Pflanze hinterläßt nach der Ernte den Boden
nicht nur — um den Betrag der von ihr aus dem Boden aufgenommenen Aſchen-
beſtandtheile — nährſtoffärmer, ſondern auch in einem ungünſtigeren phyſikaliſchen
Zuſtande. Während des Verweilens der Pflanze am Felde wird der Boden aus-
getrocknet und die Einwirkung der Kohlenſäure und des Sauerſtoffes der Luft, oder
die Verwitterung beeinträchtiget; der Boden „verſchließt“ ſich nach der Ausdrucks-
weiſe des praktiſchen Landwirthes.

Die Bodenbearbeitung iſt das emfachſte und billigſte Mittel, um dieſe, wenn
auch im Verlaufe einer Vegetation nur geringe Verſchlechterung des Bodens wieder
aufzuheben. Durch die mechaniſche Bearbeitung des Bodens werden der Kohlenſäure
und dem Sauerſtoff der Luft neue Angriffspunkte geboten, daher die Verwitterung
der alkaliſchen Thonerdeſilicate beſchleunigt, und ſomit, allerdings auf Koſten der ge-
bundenen Bodennährſtoffe, neue aſſimilirbare Pflanzennahrung geſchaffen. Außerdem
wird der phyſikaliſche Zuſtand des Bodens, welcher ſich durch die Vegetation der
Culturpflanzen verſchlechtert hat, durch die Lockerung bei der Bearbeitung wieder
in den Stand geſetzt.

Mit Rückſicht auf die folgende Pflanze ſucht die mechaniſche Bearbeitung den
Boden vorerſt zur Aufnahme der Pflanzenſamen und weiterhin zum Tragen einer
Vegetation von Culturpflanzen geeignet zu machen. In erſterer Hinſicht wird durch
das Aufbrechen der dicht gewordenen Bodenoberfläche möglich gemacht, daß der in den
Boden gebrachte Samen ſicherer die Bedingungen zum Keimen findet. In letzterer
Hinſicht werden durch die Lockerung des Bodens, welche die Bodennährſtoffe für die
Pflanzenwurzeln zugänglicher macht und eine Verbeſſerung des phyſikaliſchen Boden-
zuſtandes nach ſich zieht, die Bedingnngen für das weitere Fortkommen der Pflanzen
nach Möglichkeit geſichert.

Erfolgt die mechaniſche Bearbeitung lange vor der Wiederbeſtellung des Feldes,
ſo tritt die Abſicht, den Vorrath an aufnehmbarer Pflanzennahrung durch Beförde-
rung der Verwitterung zu vermehren, in den Vordergrund. Sie wird erreicht ent-
weder durch ein derartiges Wenden des Bodens, daß eine möglichſt große Ober-
fläche deſſelben und immer neue Bodentheilchen aus der Tiefe den Verwitterungseinflüſſen
preisgegeben werden, oder durch das Miſchen der Boden- und Düngertheilchen, durch
welches der Stoffumſatz lebhafter geſtaltet wird.

Neben dieſen in erſter Linie verfolgten Zwecken der Bodenbearbeitung ſucht man
durch dieſelbe den Boden auch zu verdichten, oder deſſen Oberfläche eine beſtimmte Form

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0109" n="91"/>
          <fw place="top" type="header">Die Bodenbearbeitung.</fw><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#aq">V.</hi><lb/> <hi rendition="#b">Die Bodenbearbeitung.</hi> </head><lb/>
            <p>Bezweckt die im Capitel <hi rendition="#aq">IV</hi> erläuterte Melioration eine durchgreifende und<lb/>
dauernde Aenderung der Bodenbe&#x017F;chaffenheit, um damit den Pflanzen&#x017F;tandort bleibend<lb/>
zu verbe&#x017F;&#x017F;ern, &#x017F;o &#x017F;ucht dagegen die Bodenbearbeitung jene periodi&#x017F;chen Aenderungen<lb/>
in der Bodenbe&#x017F;chaffenheit wieder auszugleichen, welche durch die Benutzung des Bodens<lb/>
zur Pflanzencultur hervortreten. Jede Pflanze hinterläßt nach der Ernte den Boden<lb/>
nicht nur &#x2014; um den Betrag der von ihr aus dem Boden aufgenommenen A&#x017F;chen-<lb/>
be&#x017F;tandtheile &#x2014; nähr&#x017F;toffärmer, &#x017F;ondern auch in einem ungün&#x017F;tigeren phy&#x017F;ikali&#x017F;chen<lb/>
Zu&#x017F;tande. Während des Verweilens der Pflanze am Felde wird der Boden aus-<lb/>
getrocknet und die Einwirkung der Kohlen&#x017F;äure und des Sauer&#x017F;toffes der Luft, oder<lb/>
die Verwitterung beeinträchtiget; der Boden &#x201E;ver&#x017F;chließt&#x201C; &#x017F;ich nach der Ausdrucks-<lb/>
wei&#x017F;e des prakti&#x017F;chen Landwirthes.</p><lb/>
            <p>Die Bodenbearbeitung i&#x017F;t das emfach&#x017F;te und billig&#x017F;te Mittel, um die&#x017F;e, wenn<lb/>
auch im Verlaufe einer Vegetation nur geringe Ver&#x017F;chlechterung des Bodens wieder<lb/>
aufzuheben. Durch die mechani&#x017F;che Bearbeitung des Bodens werden der Kohlen&#x017F;äure<lb/>
und dem Sauer&#x017F;toff der Luft neue Angriffspunkte geboten, daher die Verwitterung<lb/>
der alkali&#x017F;chen Thonerde&#x017F;ilicate be&#x017F;chleunigt, und &#x017F;omit, allerdings auf Ko&#x017F;ten der ge-<lb/>
bundenen Bodennähr&#x017F;toffe, neue a&#x017F;&#x017F;imilirbare Pflanzennahrung ge&#x017F;chaffen. Außerdem<lb/>
wird der phy&#x017F;ikali&#x017F;che Zu&#x017F;tand des Bodens, welcher &#x017F;ich durch die Vegetation der<lb/>
Culturpflanzen ver&#x017F;chlechtert hat, durch die Lockerung bei der Bearbeitung wieder<lb/>
in den Stand ge&#x017F;etzt.</p><lb/>
            <p>Mit Rück&#x017F;icht auf die folgende Pflanze &#x017F;ucht die mechani&#x017F;che Bearbeitung den<lb/>
Boden vorer&#x017F;t zur Aufnahme der Pflanzen&#x017F;amen und weiterhin zum Tragen einer<lb/>
Vegetation von Culturpflanzen geeignet zu machen. In er&#x017F;terer Hin&#x017F;icht wird durch<lb/>
das Aufbrechen der dicht gewordenen Bodenoberfläche möglich gemacht, daß der in den<lb/>
Boden gebrachte Samen &#x017F;icherer die Bedingungen zum Keimen findet. In letzterer<lb/>
Hin&#x017F;icht werden durch die Lockerung des Bodens, welche die Bodennähr&#x017F;toffe für die<lb/>
Pflanzenwurzeln zugänglicher macht und eine Verbe&#x017F;&#x017F;erung des phy&#x017F;ikali&#x017F;chen Boden-<lb/>
zu&#x017F;tandes nach &#x017F;ich zieht, die Bedingnngen für das weitere Fortkommen der Pflanzen<lb/>
nach Möglichkeit ge&#x017F;ichert.</p><lb/>
            <p>Erfolgt die mechani&#x017F;che Bearbeitung lange vor der Wiederbe&#x017F;tellung des Feldes,<lb/>
&#x017F;o tritt die Ab&#x017F;icht, den Vorrath an aufnehmbarer Pflanzennahrung durch Beförde-<lb/>
rung der Verwitterung zu vermehren, in den Vordergrund. Sie wird erreicht ent-<lb/>
weder durch ein derartiges <hi rendition="#g">Wenden</hi> des Bodens, daß eine möglich&#x017F;t große Ober-<lb/>
fläche de&#x017F;&#x017F;elben und immer neue Bodentheilchen aus der Tiefe den Verwitterungseinflü&#x017F;&#x017F;en<lb/>
preisgegeben werden, oder durch das <hi rendition="#g">Mi&#x017F;chen</hi> der Boden- und Düngertheilchen, durch<lb/>
welches der Stoffum&#x017F;atz lebhafter ge&#x017F;taltet wird.</p><lb/>
            <p>Neben die&#x017F;en in er&#x017F;ter Linie verfolgten Zwecken der Bodenbearbeitung &#x017F;ucht man<lb/>
durch die&#x017F;elbe den Boden auch zu verdichten, oder de&#x017F;&#x017F;en Oberfläche eine be&#x017F;timmte Form<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[91/0109] Die Bodenbearbeitung. V. Die Bodenbearbeitung. Bezweckt die im Capitel IV erläuterte Melioration eine durchgreifende und dauernde Aenderung der Bodenbeſchaffenheit, um damit den Pflanzenſtandort bleibend zu verbeſſern, ſo ſucht dagegen die Bodenbearbeitung jene periodiſchen Aenderungen in der Bodenbeſchaffenheit wieder auszugleichen, welche durch die Benutzung des Bodens zur Pflanzencultur hervortreten. Jede Pflanze hinterläßt nach der Ernte den Boden nicht nur — um den Betrag der von ihr aus dem Boden aufgenommenen Aſchen- beſtandtheile — nährſtoffärmer, ſondern auch in einem ungünſtigeren phyſikaliſchen Zuſtande. Während des Verweilens der Pflanze am Felde wird der Boden aus- getrocknet und die Einwirkung der Kohlenſäure und des Sauerſtoffes der Luft, oder die Verwitterung beeinträchtiget; der Boden „verſchließt“ ſich nach der Ausdrucks- weiſe des praktiſchen Landwirthes. Die Bodenbearbeitung iſt das emfachſte und billigſte Mittel, um dieſe, wenn auch im Verlaufe einer Vegetation nur geringe Verſchlechterung des Bodens wieder aufzuheben. Durch die mechaniſche Bearbeitung des Bodens werden der Kohlenſäure und dem Sauerſtoff der Luft neue Angriffspunkte geboten, daher die Verwitterung der alkaliſchen Thonerdeſilicate beſchleunigt, und ſomit, allerdings auf Koſten der ge- bundenen Bodennährſtoffe, neue aſſimilirbare Pflanzennahrung geſchaffen. Außerdem wird der phyſikaliſche Zuſtand des Bodens, welcher ſich durch die Vegetation der Culturpflanzen verſchlechtert hat, durch die Lockerung bei der Bearbeitung wieder in den Stand geſetzt. Mit Rückſicht auf die folgende Pflanze ſucht die mechaniſche Bearbeitung den Boden vorerſt zur Aufnahme der Pflanzenſamen und weiterhin zum Tragen einer Vegetation von Culturpflanzen geeignet zu machen. In erſterer Hinſicht wird durch das Aufbrechen der dicht gewordenen Bodenoberfläche möglich gemacht, daß der in den Boden gebrachte Samen ſicherer die Bedingungen zum Keimen findet. In letzterer Hinſicht werden durch die Lockerung des Bodens, welche die Bodennährſtoffe für die Pflanzenwurzeln zugänglicher macht und eine Verbeſſerung des phyſikaliſchen Boden- zuſtandes nach ſich zieht, die Bedingnngen für das weitere Fortkommen der Pflanzen nach Möglichkeit geſichert. Erfolgt die mechaniſche Bearbeitung lange vor der Wiederbeſtellung des Feldes, ſo tritt die Abſicht, den Vorrath an aufnehmbarer Pflanzennahrung durch Beförde- rung der Verwitterung zu vermehren, in den Vordergrund. Sie wird erreicht ent- weder durch ein derartiges Wenden des Bodens, daß eine möglichſt große Ober- fläche deſſelben und immer neue Bodentheilchen aus der Tiefe den Verwitterungseinflüſſen preisgegeben werden, oder durch das Miſchen der Boden- und Düngertheilchen, durch welches der Stoffumſatz lebhafter geſtaltet wird. Neben dieſen in erſter Linie verfolgten Zwecken der Bodenbearbeitung ſucht man durch dieſelbe den Boden auch zu verdichten, oder deſſen Oberfläche eine beſtimmte Form

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/krafft_landwirthschaft01_1875
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/krafft_landwirthschaft01_1875/109
Zitationshilfe: Krafft, Guido: Lehrbuch der Landwirthschaft auf wissenschaftlicher und praktischer Grundlage. Bd. 1. Berlin, 1875, S. 91. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/krafft_landwirthschaft01_1875/109>, abgerufen am 16.04.2024.