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Krafft, Guido: Lehrbuch der Landwirthschaft auf wissenschaftlicher und praktischer Grundlage. Bd. 1. Berlin, 1875.

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Die Saat.
Aus demselben Grunde geben bei den Kartoffeln ganze Knollen gegenüber den zer-
schnittenen Knollen, Augen etc. den höchsten Ertrag.

Jede Abweichung von der einer Samen-
art eigenthümlichen Form, Färbung
und dem eigenthümlichen Geruche beein-
trächtigt gleichfalls die Verwendbarkeit derselben
zur Saat. Von verschrumpften Körnern, z. B.
verschrumpften Getreidekörnern sog. Kümmel-
körnern, lassen sich, wenn sie auch keimen sollten,
doch nur schwächliche, wenig widerstandsfähige
Pflanzen wegen ihrer unvollständigeren Aus-
bildung erwarten. Samen, welche bei der
Ernte vorzeitig ausgewachsen sind, können eben-
falls nur ein schlechtes, unbrauchbares Saat-

[Abbildung] Fig. 72.

Deckel zum Keimapparat von
Nobbe. Die Oeffnung in der Miite dient zur
Einführung eines kleinen Thermometers.

gut abgeben. Die Schädigung der Saatwaare durch schlechte Einerntung oder
mangelhafte Aufbewahrung wird sich meist schon durch eine abnorme Färbung des
Samens verrathen. Wegen schlechter Aufbewahrung zur Saat weniger geeignet
sind z. B. dunkel schmutziggelb gefärbte Weizensamen einer gewöhnlich wachsgelben
Sorte, Rothkleesamen, welche an Stelle der violetten Backen eine gleichmäßig gelb-
grüne Mißfärbung zeigen, Hanfkörner, welche gleichmäßig gelblich weiß ins grünliche
spielend gefärbt sind oder sonst ein Same, der nicht seine gewöhnliche Färbung besitzt.

Jedem Samen kommt nicht nur eine eigenthümliche Form und Färbung, sondern
auch ein bestimmter Geruch zu. Tritt an Stelle desselben ein dumpfer Geruch,
welcher durch die Vegetation des Pinselschimmels (Penicillium crustaceum) hervor-
gerufen wird, so kann man überzeugt sein, daß der Same durch schlechte Aufbewahrung
gelitten hat. Weizen, welcher von dem Steinbrandpilze ergriffen ist, riecht nach
faulen Eiern oder faulen Fischen.

Schließlich darf bei der Auswahl des Saatgutes die Varietät nicht übersehen
werden. Es können dafür jedoch keine allgemeinen Anhaltspunkte gegeben werden, da
die Varietäten ein und derselben Culturpflanze unter gleichen Boden- und klimatischen
Verhältnissen sehr verschiedene Erträge geben. Die auf Anbauversuche in der betreffen-
den Oertlichkeit gestützte Erfahrung gewährt allein sicheren Anhalt für die Auswahl
der Samenvarietät.

2. Die Reinheit des Samens.

Außer der vorzüglichen Beschaffenheit ist die Reinheit des Samens von fremden
Beimischungen, wie Unkrautsamen, Sand etc. ein Erforderniß eines guten Saatkornes.
Vor der Aussaat müssen alle Unkrautsamen und sonstigen fremden Beimischungen

Länge nach in zwei Hälften oder in vier Theile geschnittene Embryonen von Mais, Sonnen-
blumen, mit Vernarbung der Schnittflächen 2 oder 4 Pflanzen. Einzelne getrennte Theile
des Embryos wachsen so lange ihre Reservestoffe vorhalten. Nackte Embryonen keimten in
Kügelchen aus einem Brei ihres eigenen, zerriebenen Endosperms.

Die Saat.
Aus demſelben Grunde geben bei den Kartoffeln ganze Knollen gegenüber den zer-
ſchnittenen Knollen, Augen ꝛc. den höchſten Ertrag.

Jede Abweichung von der einer Samen-
art eigenthümlichen Form, Färbung
und dem eigenthümlichen Geruche beein-
trächtigt gleichfalls die Verwendbarkeit derſelben
zur Saat. Von verſchrumpften Körnern, z. B.
verſchrumpften Getreidekörnern ſog. Kümmel-
körnern, laſſen ſich, wenn ſie auch keimen ſollten,
doch nur ſchwächliche, wenig widerſtandsfähige
Pflanzen wegen ihrer unvollſtändigeren Aus-
bildung erwarten. Samen, welche bei der
Ernte vorzeitig ausgewachſen ſind, können eben-
falls nur ein ſchlechtes, unbrauchbares Saat-

[Abbildung] Fig. 72.

Deckel zum Keimapparat von
Nobbe. Die Oeffnung in der Miite dient zur
Einführung eines kleinen Thermometers.

gut abgeben. Die Schädigung der Saatwaare durch ſchlechte Einerntung oder
mangelhafte Aufbewahrung wird ſich meiſt ſchon durch eine abnorme Färbung des
Samens verrathen. Wegen ſchlechter Aufbewahrung zur Saat weniger geeignet
ſind z. B. dunkel ſchmutziggelb gefärbte Weizenſamen einer gewöhnlich wachsgelben
Sorte, Rothkleeſamen, welche an Stelle der violetten Backen eine gleichmäßig gelb-
grüne Mißfärbung zeigen, Hanfkörner, welche gleichmäßig gelblich weiß ins grünliche
ſpielend gefärbt ſind oder ſonſt ein Same, der nicht ſeine gewöhnliche Färbung beſitzt.

Jedem Samen kommt nicht nur eine eigenthümliche Form und Färbung, ſondern
auch ein beſtimmter Geruch zu. Tritt an Stelle deſſelben ein dumpfer Geruch,
welcher durch die Vegetation des Pinſelſchimmels (Penicillium crustaceum) hervor-
gerufen wird, ſo kann man überzeugt ſein, daß der Same durch ſchlechte Aufbewahrung
gelitten hat. Weizen, welcher von dem Steinbrandpilze ergriffen iſt, riecht nach
faulen Eiern oder faulen Fiſchen.

Schließlich darf bei der Auswahl des Saatgutes die Varietät nicht überſehen
werden. Es können dafür jedoch keine allgemeinen Anhaltspunkte gegeben werden, da
die Varietäten ein und derſelben Culturpflanze unter gleichen Boden- und klimatiſchen
Verhältniſſen ſehr verſchiedene Erträge geben. Die auf Anbauverſuche in der betreffen-
den Oertlichkeit geſtützte Erfahrung gewährt allein ſicheren Anhalt für die Auswahl
der Samenvarietät.

2. Die Reinheit des Samens.

Außer der vorzüglichen Beſchaffenheit iſt die Reinheit des Samens von fremden
Beimiſchungen, wie Unkrautſamen, Sand ꝛc. ein Erforderniß eines guten Saatkornes.
Vor der Ausſaat müſſen alle Unkrautſamen und ſonſtigen fremden Beimiſchungen

Länge nach in zwei Hälften oder in vier Theile geſchnittene Embryonen von Mais, Sonnen-
blumen, mit Vernarbung der Schnittflächen 2 oder 4 Pflanzen. Einzelne getrennte Theile
des Embryos wachſen ſo lange ihre Reſerveſtoffe vorhalten. Nackte Embryonen keimten in
Kügelchen aus einem Brei ihres eigenen, zerriebenen Endoſperms.
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[207/0225] Die Saat. Aus demſelben Grunde geben bei den Kartoffeln ganze Knollen gegenüber den zer- ſchnittenen Knollen, Augen ꝛc. den höchſten Ertrag. Jede Abweichung von der einer Samen- art eigenthümlichen Form, Färbung und dem eigenthümlichen Geruche beein- trächtigt gleichfalls die Verwendbarkeit derſelben zur Saat. Von verſchrumpften Körnern, z. B. verſchrumpften Getreidekörnern ſog. Kümmel- körnern, laſſen ſich, wenn ſie auch keimen ſollten, doch nur ſchwächliche, wenig widerſtandsfähige Pflanzen wegen ihrer unvollſtändigeren Aus- bildung erwarten. Samen, welche bei der Ernte vorzeitig ausgewachſen ſind, können eben- falls nur ein ſchlechtes, unbrauchbares Saat- [Abbildung Fig. 72. Deckel zum Keimapparat von Nobbe. Die Oeffnung in der Miite dient zur Einführung eines kleinen Thermometers.] gut abgeben. Die Schädigung der Saatwaare durch ſchlechte Einerntung oder mangelhafte Aufbewahrung wird ſich meiſt ſchon durch eine abnorme Färbung des Samens verrathen. Wegen ſchlechter Aufbewahrung zur Saat weniger geeignet ſind z. B. dunkel ſchmutziggelb gefärbte Weizenſamen einer gewöhnlich wachsgelben Sorte, Rothkleeſamen, welche an Stelle der violetten Backen eine gleichmäßig gelb- grüne Mißfärbung zeigen, Hanfkörner, welche gleichmäßig gelblich weiß ins grünliche ſpielend gefärbt ſind oder ſonſt ein Same, der nicht ſeine gewöhnliche Färbung beſitzt. Jedem Samen kommt nicht nur eine eigenthümliche Form und Färbung, ſondern auch ein beſtimmter Geruch zu. Tritt an Stelle deſſelben ein dumpfer Geruch, welcher durch die Vegetation des Pinſelſchimmels (Penicillium crustaceum) hervor- gerufen wird, ſo kann man überzeugt ſein, daß der Same durch ſchlechte Aufbewahrung gelitten hat. Weizen, welcher von dem Steinbrandpilze ergriffen iſt, riecht nach faulen Eiern oder faulen Fiſchen. Schließlich darf bei der Auswahl des Saatgutes die Varietät nicht überſehen werden. Es können dafür jedoch keine allgemeinen Anhaltspunkte gegeben werden, da die Varietäten ein und derſelben Culturpflanze unter gleichen Boden- und klimatiſchen Verhältniſſen ſehr verſchiedene Erträge geben. Die auf Anbauverſuche in der betreffen- den Oertlichkeit geſtützte Erfahrung gewährt allein ſicheren Anhalt für die Auswahl der Samenvarietät. 2. Die Reinheit des Samens. Außer der vorzüglichen Beſchaffenheit iſt die Reinheit des Samens von fremden Beimiſchungen, wie Unkrautſamen, Sand ꝛc. ein Erforderniß eines guten Saatkornes. Vor der Ausſaat müſſen alle Unkrautſamen und ſonſtigen fremden Beimiſchungen 4) 4) Länge nach in zwei Hälften oder in vier Theile geſchnittene Embryonen von Mais, Sonnen- blumen, mit Vernarbung der Schnittflächen 2 oder 4 Pflanzen. Einzelne getrennte Theile des Embryos wachſen ſo lange ihre Reſerveſtoffe vorhalten. Nackte Embryonen keimten in Kügelchen aus einem Brei ihres eigenen, zerriebenen Endoſperms.

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Zitationshilfe: Krafft, Guido: Lehrbuch der Landwirthschaft auf wissenschaftlicher und praktischer Grundlage. Bd. 1. Berlin, 1875, S. 207. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/krafft_landwirthschaft01_1875/225>, abgerufen am 23.04.2024.