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Krafft, Guido: Lehrbuch der Landwirthschaft auf wissenschaftlicher und praktischer Grundlage. Bd. 1. Berlin, 1875.

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Die Ernte.
das Absterben des Krautes oder das Gelbwerden der Blätter. Bei mehrjährigen
Wurzelfrüchten, welche gewöhnlich vor dem Frosteintritte geerntet werden müssen,
entscheidet für den Beginn der Ernte auch das Herannahen der späteren Jahreszeit.

Die Veränderungen, welche mit der fortschreitenden Entwickelung in den Wurzeln
und Knollen vor sich gehen, sind ähnlich jenen, welche beim Ausreifen der Samen
stattfinden. Auch hier wandern die organischen Stoffe besonders die Stärke aus den
grünen Pflanzentheilen nur in anderer Richtung, nämlich nach abwärts, in die unter-
irdischen Pflanzentheile, um dort wie bei der Zuckerrübe in Zucker umgewandelt oder
wie bei der Kartoffel als Stärke aufgespeichert zu werden. Diese Wanderung
nimmt mit fortschreitendem Alter der Wurzeln und Knollen bis zur Reife hin stetig
zu, so zwar daß, günstige Witterung vorausgesetzt, jede Verzögerung der Ernte, so
lange die Blätter noch grün, eine Vermehrung der nutzbaren Stoffe ermöglicht.

Das Ernteverfahren ist in der Regel sehr einfach, es beschränkt sich auf das
Ausnehmen der Wurzeln und Knollen mit der Hand unter Mithilfe der Haue, des
Spatens, des Karstes oder der Mistgabel. Bei Knollengewächsen erfolgt das Aus-
nehmen auch unter Anwendung des Pfluges, des Häufelpfluges oder des Kartoffel-
aushebepfluges, welche die Knollen derart aus dem Boden bringen, daß sie dann mit
der Hand von der Erde aufgenommen werden können. Die Leistungsfähigkeit einer
Person bei dem Herausnehmen der Rüben, deren Köpfe und Blätter gleich mit einem
Messer abgeschnitten werden, beträgt 0.05--0.07 Hectar. Bei Anwendung des Pfluges
können im Tag 0.8--1.25 Hectar Kartoffeln oder 0.18--0.3 Hectar Rüben aus dem

[Abbildung] Fig. 132.

Kartoffelaushebepflug von J. & F. Howard. -- Gewicht 80 Kilo, Preis 112 Mark, 56 fl.

Boden gebracht werden. Bei dem Ausnehmen hat man darauf zu achten, daß die
Geräthe so tief gebraucht werden, daß die sämmtlichen unterirdischen Theile gewonnen
werden. Ebenso müssen die Knollen und Wurzeln möglichst unverletzt ausgehoben
werden, da verletzte Stellen leicht zum Faulen Veranlassung geben. Die Blätter
oder die Krauttheile, welche von den Wurzeln bei der Ernte abgeschnitten werden,
werden am Felde gleichmäßig ausgebreitet und später untergepflügt. Auf eine nähere Be-
sprechung des Ernteverfahrens bei den Hackfrüchten kann an dieser Stelle, wo es sich nur
um die Besprechung allgemeiner Culturmaßregeln handelt, nicht eingegangen werden.
Dagegen verdienen die Geräthe zur Ernte der Hackfrüchte noch einige Beachtung.

Das größte Hinderniß für die Anwendung der Erntegeräthe bei den Kartoffeln
und Rüben bildet das Kraut, durch welches leicht Verstopfungen herbeigeführt werden, die
das Geräthe unwirksam machen. Feuchte oder nasse Erde erhöht nicht nur die Ansprüche
an die Zugkraft, sondern führt gleichfalls zu Verstopfungen der Geräthe. Am wenigsten

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Die Ernte.
das Abſterben des Krautes oder das Gelbwerden der Blätter. Bei mehrjährigen
Wurzelfrüchten, welche gewöhnlich vor dem Froſteintritte geerntet werden müſſen,
entſcheidet für den Beginn der Ernte auch das Herannahen der ſpäteren Jahreszeit.

Die Veränderungen, welche mit der fortſchreitenden Entwickelung in den Wurzeln
und Knollen vor ſich gehen, ſind ähnlich jenen, welche beim Ausreifen der Samen
ſtattfinden. Auch hier wandern die organiſchen Stoffe beſonders die Stärke aus den
grünen Pflanzentheilen nur in anderer Richtung, nämlich nach abwärts, in die unter-
irdiſchen Pflanzentheile, um dort wie bei der Zuckerrübe in Zucker umgewandelt oder
wie bei der Kartoffel als Stärke aufgeſpeichert zu werden. Dieſe Wanderung
nimmt mit fortſchreitendem Alter der Wurzeln und Knollen bis zur Reife hin ſtetig
zu, ſo zwar daß, günſtige Witterung vorausgeſetzt, jede Verzögerung der Ernte, ſo
lange die Blätter noch grün, eine Vermehrung der nutzbaren Stoffe ermöglicht.

Das Ernteverfahren iſt in der Regel ſehr einfach, es beſchränkt ſich auf das
Ausnehmen der Wurzeln und Knollen mit der Hand unter Mithilfe der Haue, des
Spatens, des Karſtes oder der Miſtgabel. Bei Knollengewächſen erfolgt das Aus-
nehmen auch unter Anwendung des Pfluges, des Häufelpfluges oder des Kartoffel-
aushebepfluges, welche die Knollen derart aus dem Boden bringen, daß ſie dann mit
der Hand von der Erde aufgenommen werden können. Die Leiſtungsfähigkeit einer
Perſon bei dem Herausnehmen der Rüben, deren Köpfe und Blätter gleich mit einem
Meſſer abgeſchnitten werden, beträgt 0.05—0.07 Hectar. Bei Anwendung des Pfluges
können im Tag 0.8—1.25 Hectar Kartoffeln oder 0.18—0.3 Hectar Rüben aus dem

[Abbildung] Fig. 132.

Kartoffelaushebepflug von J. & F. Howard. — Gewicht 80 Kilo, Preis 112 Mark, 56 fl.

Boden gebracht werden. Bei dem Ausnehmen hat man darauf zu achten, daß die
Geräthe ſo tief gebraucht werden, daß die ſämmtlichen unterirdiſchen Theile gewonnen
werden. Ebenſo müſſen die Knollen und Wurzeln möglichſt unverletzt ausgehoben
werden, da verletzte Stellen leicht zum Faulen Veranlaſſung geben. Die Blätter
oder die Krauttheile, welche von den Wurzeln bei der Ernte abgeſchnitten werden,
werden am Felde gleichmäßig ausgebreitet und ſpäter untergepflügt. Auf eine nähere Be-
ſprechung des Ernteverfahrens bei den Hackfrüchten kann an dieſer Stelle, wo es ſich nur
um die Beſprechung allgemeiner Culturmaßregeln handelt, nicht eingegangen werden.
Dagegen verdienen die Geräthe zur Ernte der Hackfrüchte noch einige Beachtung.

Das größte Hinderniß für die Anwendung der Erntegeräthe bei den Kartoffeln
und Rüben bildet das Kraut, durch welches leicht Verſtopfungen herbeigeführt werden, die
das Geräthe unwirkſam machen. Feuchte oder naſſe Erde erhöht nicht nur die Anſprüche
an die Zugkraft, ſondern führt gleichfalls zu Verſtopfungen der Geräthe. Am wenigſten

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[291/0309] Die Ernte. das Abſterben des Krautes oder das Gelbwerden der Blätter. Bei mehrjährigen Wurzelfrüchten, welche gewöhnlich vor dem Froſteintritte geerntet werden müſſen, entſcheidet für den Beginn der Ernte auch das Herannahen der ſpäteren Jahreszeit. Die Veränderungen, welche mit der fortſchreitenden Entwickelung in den Wurzeln und Knollen vor ſich gehen, ſind ähnlich jenen, welche beim Ausreifen der Samen ſtattfinden. Auch hier wandern die organiſchen Stoffe beſonders die Stärke aus den grünen Pflanzentheilen nur in anderer Richtung, nämlich nach abwärts, in die unter- irdiſchen Pflanzentheile, um dort wie bei der Zuckerrübe in Zucker umgewandelt oder wie bei der Kartoffel als Stärke aufgeſpeichert zu werden. Dieſe Wanderung nimmt mit fortſchreitendem Alter der Wurzeln und Knollen bis zur Reife hin ſtetig zu, ſo zwar daß, günſtige Witterung vorausgeſetzt, jede Verzögerung der Ernte, ſo lange die Blätter noch grün, eine Vermehrung der nutzbaren Stoffe ermöglicht. Das Ernteverfahren iſt in der Regel ſehr einfach, es beſchränkt ſich auf das Ausnehmen der Wurzeln und Knollen mit der Hand unter Mithilfe der Haue, des Spatens, des Karſtes oder der Miſtgabel. Bei Knollengewächſen erfolgt das Aus- nehmen auch unter Anwendung des Pfluges, des Häufelpfluges oder des Kartoffel- aushebepfluges, welche die Knollen derart aus dem Boden bringen, daß ſie dann mit der Hand von der Erde aufgenommen werden können. Die Leiſtungsfähigkeit einer Perſon bei dem Herausnehmen der Rüben, deren Köpfe und Blätter gleich mit einem Meſſer abgeſchnitten werden, beträgt 0.05—0.07 Hectar. Bei Anwendung des Pfluges können im Tag 0.8—1.25 Hectar Kartoffeln oder 0.18—0.3 Hectar Rüben aus dem [Abbildung Fig. 132. Kartoffelaushebepflug von J. & F. Howard. — Gewicht 80 Kilo, Preis 112 Mark, 56 fl.] Boden gebracht werden. Bei dem Ausnehmen hat man darauf zu achten, daß die Geräthe ſo tief gebraucht werden, daß die ſämmtlichen unterirdiſchen Theile gewonnen werden. Ebenſo müſſen die Knollen und Wurzeln möglichſt unverletzt ausgehoben werden, da verletzte Stellen leicht zum Faulen Veranlaſſung geben. Die Blätter oder die Krauttheile, welche von den Wurzeln bei der Ernte abgeſchnitten werden, werden am Felde gleichmäßig ausgebreitet und ſpäter untergepflügt. Auf eine nähere Be- ſprechung des Ernteverfahrens bei den Hackfrüchten kann an dieſer Stelle, wo es ſich nur um die Beſprechung allgemeiner Culturmaßregeln handelt, nicht eingegangen werden. Dagegen verdienen die Geräthe zur Ernte der Hackfrüchte noch einige Beachtung. Das größte Hinderniß für die Anwendung der Erntegeräthe bei den Kartoffeln und Rüben bildet das Kraut, durch welches leicht Verſtopfungen herbeigeführt werden, die das Geräthe unwirkſam machen. Feuchte oder naſſe Erde erhöht nicht nur die Anſprüche an die Zugkraft, ſondern führt gleichfalls zu Verſtopfungen der Geräthe. Am wenigſten 19*

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Zitationshilfe: Krafft, Guido: Lehrbuch der Landwirthschaft auf wissenschaftlicher und praktischer Grundlage. Bd. 1. Berlin, 1875, S. 291. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/krafft_landwirthschaft01_1875/309>, abgerufen am 25.04.2024.