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Krafft, Guido: Lehrbuch der Landwirthschaft auf wissenschaftlicher und praktischer Grundlage. Bd. 2. Berlin, 1876.

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Besondere Pflanzenbaulehre.
3. Der Topinambur.
[Abbildung] Fig. 92.

Topinambur
(Helianthus tuberosus
L.)
.

Der Topinambur, die knollige Sonnenblume, Erdbirne,
Erdartischoke (Helianthus tuberosus L.) 4, Fig. 92, zeichnet
sich durch ihre büscheligen unterirdischen Aeste aus, welche zu
länglichen, höckerigen Knollen anschwellen. Die Knollen dienen
wie bei der Kartoffel zur Vermehrung. Sie enthalten statt
Stärkemehl etwas Stärke neben Inulin. Wegen ihres großen
Wassergehaltes, welcher jenen der Kartoffeln übersteigt, eignen
sie sich fast nur zum Viehfutter. Je nach der Färbung der
Knollen unterscheidet man weißen, gelben und rothen Topi-
nambur, außerdem noch langblättrigen Topinambur. Die
weiße und gelbe Varietät ist nach v. Nathusius-Königsborn er-
tragreicher, die rothe nach den Untersuchungen von Neßler
etwas proteinreicher (2.24 %). An dem 2--3 Meter hohen
Stengel erscheinen spät im Herbste kleine 50--80 Ctm. breite,
den Sonnenblumen ähnliche Blüthenköpfe mit goldgelben
Randblüthen. Zur Samenreife kommt der Topinambur,
selbst in wärmeren Lagen Ungarns, niemals.

1. Die Wachsthumsbedingungen.

Der Topinambur kam nach dem 30jährigen Kriege aus
Südamerika über England nach Deutschland und wurde häufig
als Viehfutter cultivirt, gegenwärtig wurde derselbe vielfach
von der Kartoffel verdrängt. Am häufigsten wird er noch auf
sandigem Boden in Oberbaden, Elsaß und in Ungarn cultivirt.
Man kann ihn überall dort, wo die Kartoffel fortkommt, an-
bauen. Der Topinambur geht nicht tief, er gedeiht daher noch
auf flachgründigem, sandigem oder thonigem Boden, sofern ihm
während des Sommers nur einige Regenniederschläge zukommen. Die Knollen halten
über Winter ohne zu erfrieren aus und treiben im nächsten Frühjahre neue Stengel-
triebe. Man kann ihn daher überall, in jedem Klima, anbauen. Seine Wurzeln
gehen nicht sehr tief, weshalb der Topinambur selbst flachgründigen Boden verträgt.
Er gedeiht sowohl auf gebundenen als auch auf losen Bodenarten, wenn ihm nur
im Sommer ausreichende Feuchte zukommt.

2. Die Vorfrucht und Vorbereitung.

Die über Winter im Boden verbleibenden Knollen erfrieren nicht, sie treiben
das nächste Jahr wieder aus und verunkrauten das Feld, weshalb der Topinambur
nicht für die Fruchtfolge paßt, sondern in eigene Außenfelder gegeben wird, wo-
selbst er mehrere Jahre hintereinander angebaut wird. Soll auf einem Felde der
Topinamburbau aufgelassen werden, so baut man Kartoffeln oder Grünwicken mit

Beſondere Pflanzenbaulehre.
3. Der Topinambur.
[Abbildung] Fig. 92.

Topinambur
(Helianthus tuberosus
L.)
.

Der Topinambur, die knollige Sonnenblume, Erdbirne,
Erdartiſchoke (Helianthus tuberosus L.) 4, Fig. 92, zeichnet
ſich durch ihre büſcheligen unterirdiſchen Aeſte aus, welche zu
länglichen, höckerigen Knollen anſchwellen. Die Knollen dienen
wie bei der Kartoffel zur Vermehrung. Sie enthalten ſtatt
Stärkemehl etwas Stärke neben Inulin. Wegen ihres großen
Waſſergehaltes, welcher jenen der Kartoffeln überſteigt, eignen
ſie ſich faſt nur zum Viehfutter. Je nach der Färbung der
Knollen unterſcheidet man weißen, gelben und rothen Topi-
nambur, außerdem noch langblättrigen Topinambur. Die
weiße und gelbe Varietät iſt nach v. Nathuſius-Königsborn er-
tragreicher, die rothe nach den Unterſuchungen von Neßler
etwas proteïnreicher (2.24 %). An dem 2—3 Meter hohen
Stengel erſcheinen ſpät im Herbſte kleine 50—80 Ctm. breite,
den Sonnenblumen ähnliche Blüthenköpfe mit goldgelben
Randblüthen. Zur Samenreife kommt der Topinambur,
ſelbſt in wärmeren Lagen Ungarns, niemals.

1. Die Wachsthumsbedingungen.

Der Topinambur kam nach dem 30jährigen Kriege aus
Südamerika über England nach Deutſchland und wurde häufig
als Viehfutter cultivirt, gegenwärtig wurde derſelbe vielfach
von der Kartoffel verdrängt. Am häufigſten wird er noch auf
ſandigem Boden in Oberbaden, Elſaß und in Ungarn cultivirt.
Man kann ihn überall dort, wo die Kartoffel fortkommt, an-
bauen. Der Topinambur geht nicht tief, er gedeiht daher noch
auf flachgründigem, ſandigem oder thonigem Boden, ſofern ihm
während des Sommers nur einige Regenniederſchläge zukommen. Die Knollen halten
über Winter ohne zu erfrieren aus und treiben im nächſten Frühjahre neue Stengel-
triebe. Man kann ihn daher überall, in jedem Klima, anbauen. Seine Wurzeln
gehen nicht ſehr tief, weshalb der Topinambur ſelbſt flachgründigen Boden verträgt.
Er gedeiht ſowohl auf gebundenen als auch auf loſen Bodenarten, wenn ihm nur
im Sommer ausreichende Feuchte zukommt.

2. Die Vorfrucht und Vorbereitung.

Die über Winter im Boden verbleibenden Knollen erfrieren nicht, ſie treiben
das nächſte Jahr wieder aus und verunkrauten das Feld, weshalb der Topinambur
nicht für die Fruchtfolge paßt, ſondern in eigene Außenfelder gegeben wird, wo-
ſelbſt er mehrere Jahre hintereinander angebaut wird. Soll auf einem Felde der
Topinamburbau aufgelaſſen werden, ſo baut man Kartoffeln oder Grünwicken mit

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[148/0162] Beſondere Pflanzenbaulehre. 3. Der Topinambur. [Abbildung Fig. 92. Topinambur (Helianthus tuberosus L.). ] Der Topinambur, die knollige Sonnenblume, Erdbirne, Erdartiſchoke (Helianthus tuberosus L.) 4, Fig. 92, zeichnet ſich durch ihre büſcheligen unterirdiſchen Aeſte aus, welche zu länglichen, höckerigen Knollen anſchwellen. Die Knollen dienen wie bei der Kartoffel zur Vermehrung. Sie enthalten ſtatt Stärkemehl etwas Stärke neben Inulin. Wegen ihres großen Waſſergehaltes, welcher jenen der Kartoffeln überſteigt, eignen ſie ſich faſt nur zum Viehfutter. Je nach der Färbung der Knollen unterſcheidet man weißen, gelben und rothen Topi- nambur, außerdem noch langblättrigen Topinambur. Die weiße und gelbe Varietät iſt nach v. Nathuſius-Königsborn er- tragreicher, die rothe nach den Unterſuchungen von Neßler etwas proteïnreicher (2.24 %). An dem 2—3 Meter hohen Stengel erſcheinen ſpät im Herbſte kleine 50—80 Ctm. breite, den Sonnenblumen ähnliche Blüthenköpfe mit goldgelben Randblüthen. Zur Samenreife kommt der Topinambur, ſelbſt in wärmeren Lagen Ungarns, niemals. 1. Die Wachsthumsbedingungen. Der Topinambur kam nach dem 30jährigen Kriege aus Südamerika über England nach Deutſchland und wurde häufig als Viehfutter cultivirt, gegenwärtig wurde derſelbe vielfach von der Kartoffel verdrängt. Am häufigſten wird er noch auf ſandigem Boden in Oberbaden, Elſaß und in Ungarn cultivirt. Man kann ihn überall dort, wo die Kartoffel fortkommt, an- bauen. Der Topinambur geht nicht tief, er gedeiht daher noch auf flachgründigem, ſandigem oder thonigem Boden, ſofern ihm während des Sommers nur einige Regenniederſchläge zukommen. Die Knollen halten über Winter ohne zu erfrieren aus und treiben im nächſten Frühjahre neue Stengel- triebe. Man kann ihn daher überall, in jedem Klima, anbauen. Seine Wurzeln gehen nicht ſehr tief, weshalb der Topinambur ſelbſt flachgründigen Boden verträgt. Er gedeiht ſowohl auf gebundenen als auch auf loſen Bodenarten, wenn ihm nur im Sommer ausreichende Feuchte zukommt. 2. Die Vorfrucht und Vorbereitung. Die über Winter im Boden verbleibenden Knollen erfrieren nicht, ſie treiben das nächſte Jahr wieder aus und verunkrauten das Feld, weshalb der Topinambur nicht für die Fruchtfolge paßt, ſondern in eigene Außenfelder gegeben wird, wo- ſelbſt er mehrere Jahre hintereinander angebaut wird. Soll auf einem Felde der Topinamburbau aufgelaſſen werden, ſo baut man Kartoffeln oder Grünwicken mit

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Zitationshilfe: Krafft, Guido: Lehrbuch der Landwirthschaft auf wissenschaftlicher und praktischer Grundlage. Bd. 2. Berlin, 1876, S. 148. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/krafft_landwirthschaft02_1876/162>, abgerufen am 19.04.2024.