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Krafft, Guido: Lehrbuch der Landwirthschaft auf wissenschaftlicher und praktischer Grundlage. Bd. 2. Berlin, 1876.

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Besondere Pflanzenbaulehre.
dem Roggen der sandige Lehmboden und in feuchterem Klima der lehmige Sand-
boden. Auf losem Sandboden, sowie auf Moorboden ist er die einzige Winter-
frucht, die noch fortkommt, vorausgesetzt, daß er auf letzterem durch Auswintern nicht
zu sehr leidet. Auf Moorboden wird zweckmäßiger wegen der größeren Gefahr des
Ausfrierens an seiner Stelle Sommerroggen angebaut. Die losen Sandböden er-
halten daher auch die Bezeichnung "Roggenböden".

Eine Roggen-Mittelernte entzieht dem Boden per Hektar mehr Nährstoffe, als
eine Weizen-Mittelernte. Eine Mittelernte enthält an Aschenbestandtheilen in Kilogr. in
17 Hektoliter Weizen, a 69 Kilogr. oder in

1170 Kilogr. Körner: 19.77 Asche, 6.20 Kali, 9.24 Phosphorsäure,
2340 " Stroh: 107.87 " 14.74 " 5.15 "
Zusammen: 127.64 " 20.94 " 14.39 "

19 Hektoliter Rogen, a 65 Kilogr. oder in

1235 Kilogr. Körner: 22.10 " 6.92 " 10.37 "
3470 " Stroh: 140.53 " 27.06 " 7.28 "
Zusammen: 162.63 " 33.98 " 17.65 "

Trotz der größeren Erschöpfung begnügt sich der Roggen mit einem ärmeren
Boden, vielleicht daß seine Wurzeln, welche eine durchschnittliche Länge von 0.37
Meter besitzen, die Nahrung leichter aufnehmen können. Die größere Genügsamkeit
des Roggens in Betreff des Vorrathes an aufnehmbarer Bodennahrung findet auch
durch die Versuchsresultate von Dr. Hellriegel, sofern es die Stickstoffnahrung betrifft,
ihre Bestätigung. Nach Hellriegel sind 63 Theile assimilirbarer Stickstoff in einer
Million Theile Boden die Minimalmengen des Stickstoffes, welche bei Roggen und
Hafer den höchsten Ertrag zu erzielen vermögen, während für Weizen 70 Theile er-
forderlich sind.

2. Die Vorfrucht und Vorbereitung.

Der Roggen erhält in der Fruchtfolge einen ähnlichen Standort angewiesen,
wie der Weizen. Letzterem wird man jedoch als der werthvolleren Frucht die besseren
Plätze und die Schläge mit bindigerem Boden vorbehalten. Auf Sandboden sind
gute Vorfrüchte für Roggen der Buchweizen, der Spergel, die Lupine und die Sera-
della. Eine weniger gute Vorfrucht ist Rothklee, welcher nur auf mehr gebundenem
Boden fortkommt. Dagegen sind der Raps, die Hülsenfrüchte, besonders die Erbsen,
vorzügliche Vorfrüchte für Roggen. Nach den Hackfrüchten, welche den Boden in
pulverförmigem, ausgetrockenetem Zustande zurücklassen, erhöht sich die Gefahr des
Auswinterns, abgesehen davon, daß die genannten Früchte gewöhnlich zu spät das
Feld räumen. Um auch nach späten Hackfrüchten Roggen bauen zu können, säet
man Sommerroggen. Nach reiner oder bebauter Brache gedeiht der Roggen gleich
vorzüglich wie der Weizen. Außerdem eignet sich der Roggen zum Anbaue auf Neu-
rissen und auf gebranntem Lande. Nach Gerste, besonders nach der früh vom Felde
kommenden Wintergerste, nach Weizen gedeiht der Roggen bei feuchter Herbstwitterung

Beſondere Pflanzenbaulehre.
dem Roggen der ſandige Lehmboden und in feuchterem Klima der lehmige Sand-
boden. Auf loſem Sandboden, ſowie auf Moorboden iſt er die einzige Winter-
frucht, die noch fortkommt, vorausgeſetzt, daß er auf letzterem durch Auswintern nicht
zu ſehr leidet. Auf Moorboden wird zweckmäßiger wegen der größeren Gefahr des
Ausfrierens an ſeiner Stelle Sommerroggen angebaut. Die loſen Sandböden er-
halten daher auch die Bezeichnung „Roggenböden“.

Eine Roggen-Mittelernte entzieht dem Boden per Hektar mehr Nährſtoffe, als
eine Weizen-Mittelernte. Eine Mittelernte enthält an Aſchenbeſtandtheilen in Kilogr. in
17 Hektoliter Weizen, à 69 Kilogr. oder in

1170 Kilogr. Körner: 19.77 Aſche, 6.20 Kali, 9.24 Phosphorſäure,
2340 „ Stroh: 107.87 „ 14.74 „ 5.15 „
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19 Hektoliter Rogen, à 65 Kilogr. oder in

1235 Kilogr. Körner: 22.10 „ 6.92 „ 10.37 „
3470 „ Stroh: 140.53 „ 27.06 „ 7.28 „
Zuſammen: 162.63 „ 33.98 „ 17.65 „

Trotz der größeren Erſchöpfung begnügt ſich der Roggen mit einem ärmeren
Boden, vielleicht daß ſeine Wurzeln, welche eine durchſchnittliche Länge von 0.37
Meter beſitzen, die Nahrung leichter aufnehmen können. Die größere Genügſamkeit
des Roggens in Betreff des Vorrathes an aufnehmbarer Bodennahrung findet auch
durch die Verſuchsreſultate von Dr. Hellriegel, ſofern es die Stickſtoffnahrung betrifft,
ihre Beſtätigung. Nach Hellriegel ſind 63 Theile aſſimilirbarer Stickſtoff in einer
Million Theile Boden die Minimalmengen des Stickſtoffes, welche bei Roggen und
Hafer den höchſten Ertrag zu erzielen vermögen, während für Weizen 70 Theile er-
forderlich ſind.

2. Die Vorfrucht und Vorbereitung.

Der Roggen erhält in der Fruchtfolge einen ähnlichen Standort angewieſen,
wie der Weizen. Letzterem wird man jedoch als der werthvolleren Frucht die beſſeren
Plätze und die Schläge mit bindigerem Boden vorbehalten. Auf Sandboden ſind
gute Vorfrüchte für Roggen der Buchweizen, der Spergel, die Lupine und die Sera-
della. Eine weniger gute Vorfrucht iſt Rothklee, welcher nur auf mehr gebundenem
Boden fortkommt. Dagegen ſind der Raps, die Hülſenfrüchte, beſonders die Erbſen,
vorzügliche Vorfrüchte für Roggen. Nach den Hackfrüchten, welche den Boden in
pulverförmigem, ausgetrockenetem Zuſtande zurücklaſſen, erhöht ſich die Gefahr des
Auswinterns, abgeſehen davon, daß die genannten Früchte gewöhnlich zu ſpät das
Feld räumen. Um auch nach ſpäten Hackfrüchten Roggen bauen zu können, ſäet
man Sommerroggen. Nach reiner oder bebauter Brache gedeiht der Roggen gleich
vorzüglich wie der Weizen. Außerdem eignet ſich der Roggen zum Anbaue auf Neu-
riſſen und auf gebranntem Lande. Nach Gerſte, beſonders nach der früh vom Felde
kommenden Wintergerſte, nach Weizen gedeiht der Roggen bei feuchter Herbſtwitterung

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[28/0042] Beſondere Pflanzenbaulehre. dem Roggen der ſandige Lehmboden und in feuchterem Klima der lehmige Sand- boden. Auf loſem Sandboden, ſowie auf Moorboden iſt er die einzige Winter- frucht, die noch fortkommt, vorausgeſetzt, daß er auf letzterem durch Auswintern nicht zu ſehr leidet. Auf Moorboden wird zweckmäßiger wegen der größeren Gefahr des Ausfrierens an ſeiner Stelle Sommerroggen angebaut. Die loſen Sandböden er- halten daher auch die Bezeichnung „Roggenböden“. Eine Roggen-Mittelernte entzieht dem Boden per Hektar mehr Nährſtoffe, als eine Weizen-Mittelernte. Eine Mittelernte enthält an Aſchenbeſtandtheilen in Kilogr. in 17 Hektoliter Weizen, à 69 Kilogr. oder in 1170 Kilogr. Körner: 19.77 Aſche, 6.20 Kali, 9.24 Phosphorſäure, 2340 „ Stroh: 107.87 „ 14.74 „ 5.15 „ Zuſammen: 127.64 „ 20.94 „ 14.39 „ 19 Hektoliter Rogen, à 65 Kilogr. oder in 1235 Kilogr. Körner: 22.10 „ 6.92 „ 10.37 „ 3470 „ Stroh: 140.53 „ 27.06 „ 7.28 „ Zuſammen: 162.63 „ 33.98 „ 17.65 „ Trotz der größeren Erſchöpfung begnügt ſich der Roggen mit einem ärmeren Boden, vielleicht daß ſeine Wurzeln, welche eine durchſchnittliche Länge von 0.37 Meter beſitzen, die Nahrung leichter aufnehmen können. Die größere Genügſamkeit des Roggens in Betreff des Vorrathes an aufnehmbarer Bodennahrung findet auch durch die Verſuchsreſultate von Dr. Hellriegel, ſofern es die Stickſtoffnahrung betrifft, ihre Beſtätigung. Nach Hellriegel ſind 63 Theile aſſimilirbarer Stickſtoff in einer Million Theile Boden die Minimalmengen des Stickſtoffes, welche bei Roggen und Hafer den höchſten Ertrag zu erzielen vermögen, während für Weizen 70 Theile er- forderlich ſind. 2. Die Vorfrucht und Vorbereitung. Der Roggen erhält in der Fruchtfolge einen ähnlichen Standort angewieſen, wie der Weizen. Letzterem wird man jedoch als der werthvolleren Frucht die beſſeren Plätze und die Schläge mit bindigerem Boden vorbehalten. Auf Sandboden ſind gute Vorfrüchte für Roggen der Buchweizen, der Spergel, die Lupine und die Sera- della. Eine weniger gute Vorfrucht iſt Rothklee, welcher nur auf mehr gebundenem Boden fortkommt. Dagegen ſind der Raps, die Hülſenfrüchte, beſonders die Erbſen, vorzügliche Vorfrüchte für Roggen. Nach den Hackfrüchten, welche den Boden in pulverförmigem, ausgetrockenetem Zuſtande zurücklaſſen, erhöht ſich die Gefahr des Auswinterns, abgeſehen davon, daß die genannten Früchte gewöhnlich zu ſpät das Feld räumen. Um auch nach ſpäten Hackfrüchten Roggen bauen zu können, ſäet man Sommerroggen. Nach reiner oder bebauter Brache gedeiht der Roggen gleich vorzüglich wie der Weizen. Außerdem eignet ſich der Roggen zum Anbaue auf Neu- riſſen und auf gebranntem Lande. Nach Gerſte, beſonders nach der früh vom Felde kommenden Wintergerſte, nach Weizen gedeiht der Roggen bei feuchter Herbſtwitterung

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Zitationshilfe: Krafft, Guido: Lehrbuch der Landwirthschaft auf wissenschaftlicher und praktischer Grundlage. Bd. 2. Berlin, 1876, S. 28. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/krafft_landwirthschaft02_1876/42>, abgerufen am 18.04.2024.