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Krafft, Guido: Lehrbuch der Landwirthschaft auf wissenschaftlicher und praktischer Grundlage. Bd. 3. Berlin, 1876.

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Die Schweinezucht.
IV.
Die Schweinezucht.

Der Nutzen, welchen das Schwein durch seine leichte und schnelle Mastfähigkeit
gewährt, besteht hauptsächlich in Fleisch und Fett (Speck und Schmer). Außer dem
Fleisch- und Fettnutzen, welcher sich zu einer Höhe wie bei keinem anderen Nutzthiere
steigern läßt, und dem Düngergewinne, liefert die Haut des Schweines (Schwarte)
Materiale zu den verschiedensten Sattlergegenständen und zu dauerhaften Einbänden für
Bücher, und die Borsten, abgesehen von ihrer Verwendung bei der Mörtelbereitung,
Materiale für die Herstellung von Pinseln, Bürstenwaaren etc. In wirthschaftlicher
Beziehung bietet das Schwein, welches sowohl pflanzliche als thierische Nahrung zu
sich nimmt, den Vortheil, daß sonst unverwendbare Abfälle aus der Wirthschaft,
Rückstände von technischen Gewerben, Sumpf-, Buchen- und Eichenwald-Weiden
durch dasselbe verwerthet werden können. Seine schnelle Entwickelung bedingt einen
rascheren Capitalumsatz als bei irgend einer anderen Viehhaltung. Die gegenüber
einem Stücke Rindvieh geringere Masse des Fleisches, sowie die leichte Conservirung
desselben macht die Züchtung und Haltung des Schweines für die verschiedensten
Verhältnisse geeignet. Durch dieselbe kann der vermehrte Bedarf der zunehmenden
Städtebevölkerung an billigem und nahrhaftem Fleische am ehesten befriedigt werden.
Die Schweinezucht gewinnt daher immer mehr Bedeutung, wenn auch das Schwein
in der Landwirthschaft selten als Hauptnutzvieh gehalten werden kann. Als Letzteres
eignet sich dasselbe um so weniger, als durch dasselbe die in der Wirthschaft in größter
Menge producirten Futterstoffe, Heu und Stroh, nicht verwerthet werden können.
Das Schwein ist wegen seiner Bekleidung mit Borsten ziemlich unempfindlich gegen
ungünstige Witterungseinflüsse. Es liebt mehr schattigen, kühlen als heißen Aufent-
haltsort und mehr feuchten als trockenen Boden.

Bei der Schweinezucht 1) sind zu beachten: 1. die Entwickelung des Schweines,
2. die Schweineracen, 3. die Züchtung und Aufzucht, 4. die Ernährung und
Pflege und 5. die Benutzung des Schweines.

1. Die Entwickelung des Schweines.

Das männliche ausgewachsene Schwein wird: Eber, Keuler, Bär,
Faselschwein
etc., das weibliche: Mutterschwein, Zuchtsau, Züchtin,

1) Dr. O. Rohde, Die Schweinezucht nach ihrem jetzigen rationellen Standpunkt.
2. Aufl., Berlin 1874; W. Baumeister, Anleitung zur Schweinezucht und Schweinehaltung.
4. Aufl. von A. Rueff, Stuttgart 1872; Armin Graf zu Lippe-Weißenfeld, Die vollstän-
dige Schweinezucht, Leipzig 1853 etc.
Die Schweinezucht.
IV.
Die Schweinezucht.

Der Nutzen, welchen das Schwein durch ſeine leichte und ſchnelle Maſtfähigkeit
gewährt, beſteht hauptſächlich in Fleiſch und Fett (Speck und Schmer). Außer dem
Fleiſch- und Fettnutzen, welcher ſich zu einer Höhe wie bei keinem anderen Nutzthiere
ſteigern läßt, und dem Düngergewinne, liefert die Haut des Schweines (Schwarte)
Materiale zu den verſchiedenſten Sattlergegenſtänden und zu dauerhaften Einbänden für
Bücher, und die Borſten, abgeſehen von ihrer Verwendung bei der Mörtelbereitung,
Materiale für die Herſtellung von Pinſeln, Bürſtenwaaren ꝛc. In wirthſchaftlicher
Beziehung bietet das Schwein, welches ſowohl pflanzliche als thieriſche Nahrung zu
ſich nimmt, den Vortheil, daß ſonſt unverwendbare Abfälle aus der Wirthſchaft,
Rückſtände von techniſchen Gewerben, Sumpf-, Buchen- und Eichenwald-Weiden
durch daſſelbe verwerthet werden können. Seine ſchnelle Entwickelung bedingt einen
raſcheren Capitalumſatz als bei irgend einer anderen Viehhaltung. Die gegenüber
einem Stücke Rindvieh geringere Maſſe des Fleiſches, ſowie die leichte Conſervirung
deſſelben macht die Züchtung und Haltung des Schweines für die verſchiedenſten
Verhältniſſe geeignet. Durch dieſelbe kann der vermehrte Bedarf der zunehmenden
Städtebevölkerung an billigem und nahrhaftem Fleiſche am eheſten befriedigt werden.
Die Schweinezucht gewinnt daher immer mehr Bedeutung, wenn auch das Schwein
in der Landwirthſchaft ſelten als Hauptnutzvieh gehalten werden kann. Als Letzteres
eignet ſich daſſelbe um ſo weniger, als durch daſſelbe die in der Wirthſchaft in größter
Menge producirten Futterſtoffe, Heu und Stroh, nicht verwerthet werden können.
Das Schwein iſt wegen ſeiner Bekleidung mit Borſten ziemlich unempfindlich gegen
ungünſtige Witterungseinflüſſe. Es liebt mehr ſchattigen, kühlen als heißen Aufent-
haltsort und mehr feuchten als trockenen Boden.

Bei der Schweinezucht 1) ſind zu beachten: 1. die Entwickelung des Schweines,
2. die Schweineracen, 3. die Züchtung und Aufzucht, 4. die Ernährung und
Pflege und 5. die Benutzung des Schweines.

1. Die Entwickelung des Schweines.

Das männliche ausgewachſene Schwein wird: Eber, Keuler, Bär,
Faſelſchwein
ꝛc., das weibliche: Mutterſchwein, Zuchtſau, Züchtin,

1) Dr. O. Rohde, Die Schweinezucht nach ihrem jetzigen rationellen Standpunkt.
2. Aufl., Berlin 1874; W. Baumeiſter, Anleitung zur Schweinezucht und Schweinehaltung.
4. Aufl. von A. Rueff, Stuttgart 1872; Armin Graf zu Lippe-Weißenfeld, Die vollſtän-
dige Schweinezucht, Leipzig 1853 ꝛc.
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[263/0279] Die Schweinezucht. IV. Die Schweinezucht. Der Nutzen, welchen das Schwein durch ſeine leichte und ſchnelle Maſtfähigkeit gewährt, beſteht hauptſächlich in Fleiſch und Fett (Speck und Schmer). Außer dem Fleiſch- und Fettnutzen, welcher ſich zu einer Höhe wie bei keinem anderen Nutzthiere ſteigern läßt, und dem Düngergewinne, liefert die Haut des Schweines (Schwarte) Materiale zu den verſchiedenſten Sattlergegenſtänden und zu dauerhaften Einbänden für Bücher, und die Borſten, abgeſehen von ihrer Verwendung bei der Mörtelbereitung, Materiale für die Herſtellung von Pinſeln, Bürſtenwaaren ꝛc. In wirthſchaftlicher Beziehung bietet das Schwein, welches ſowohl pflanzliche als thieriſche Nahrung zu ſich nimmt, den Vortheil, daß ſonſt unverwendbare Abfälle aus der Wirthſchaft, Rückſtände von techniſchen Gewerben, Sumpf-, Buchen- und Eichenwald-Weiden durch daſſelbe verwerthet werden können. Seine ſchnelle Entwickelung bedingt einen raſcheren Capitalumſatz als bei irgend einer anderen Viehhaltung. Die gegenüber einem Stücke Rindvieh geringere Maſſe des Fleiſches, ſowie die leichte Conſervirung deſſelben macht die Züchtung und Haltung des Schweines für die verſchiedenſten Verhältniſſe geeignet. Durch dieſelbe kann der vermehrte Bedarf der zunehmenden Städtebevölkerung an billigem und nahrhaftem Fleiſche am eheſten befriedigt werden. Die Schweinezucht gewinnt daher immer mehr Bedeutung, wenn auch das Schwein in der Landwirthſchaft ſelten als Hauptnutzvieh gehalten werden kann. Als Letzteres eignet ſich daſſelbe um ſo weniger, als durch daſſelbe die in der Wirthſchaft in größter Menge producirten Futterſtoffe, Heu und Stroh, nicht verwerthet werden können. Das Schwein iſt wegen ſeiner Bekleidung mit Borſten ziemlich unempfindlich gegen ungünſtige Witterungseinflüſſe. Es liebt mehr ſchattigen, kühlen als heißen Aufent- haltsort und mehr feuchten als trockenen Boden. Bei der Schweinezucht 1) ſind zu beachten: 1. die Entwickelung des Schweines, 2. die Schweineracen, 3. die Züchtung und Aufzucht, 4. die Ernährung und Pflege und 5. die Benutzung des Schweines. 1. Die Entwickelung des Schweines. Das männliche ausgewachſene Schwein wird: Eber, Keuler, Bär, Faſelſchwein ꝛc., das weibliche: Mutterſchwein, Zuchtſau, Züchtin, 1) Dr. O. Rohde, Die Schweinezucht nach ihrem jetzigen rationellen Standpunkt. 2. Aufl., Berlin 1874; W. Baumeiſter, Anleitung zur Schweinezucht und Schweinehaltung. 4. Aufl. von A. Rueff, Stuttgart 1872; Armin Graf zu Lippe-Weißenfeld, Die vollſtän- dige Schweinezucht, Leipzig 1853 ꝛc.

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Zitationshilfe: Krafft, Guido: Lehrbuch der Landwirthschaft auf wissenschaftlicher und praktischer Grundlage. Bd. 3. Berlin, 1876, S. 263. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/krafft_landwirthschaft03_1876/279>, abgerufen am 29.03.2024.