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Krafft, Guido: Lehrbuch der Landwirthschaft auf wissenschaftlicher und praktischer Grundlage. Bd. 3. Berlin, 1876.

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Besondere Thierzuchtlehre.
Jahre bezeichnet man die Schafe als vollzahnig, abgeschoben, nach dieser Zeit als
alte Böcke, alte Schafe, alte Mütter. Die abzuschaffenden, alten Schafe
heißen Merz- oder Brackschafe.

Der Ausbruch und der Wechsel der Zähne gibt ebenso wie beim Rinde den
verläßlichsten Anhaltspunkt zur Erkennung des Alters. Dabei ist jedoch zu beachten,
daß der Wechsel bei guter Ernährung früher, bei schlechter später erfolgt. Das
Schaf hat wie das Rind im Unterkiefer 8 Schneidezähne und jederseits 6 Backen-
zähne, im Oberkiefer vorne eine Zahnplatte und jederseits 6 Backenzähne, somit in
Summa 32 Zähne. Die nachfolgende Tabelle gibt den Zustand des Gebisses
(vgl. S. 85) in den verschiedensten Altersperioden an:

[Tabelle]

Die Entwickelung der Schafe, insbesondere der frühreifen Racen, erfolgt sehr
rasch. Frühreife Schafe sind oft schon vor dem ersten Jahre geschlechtsreif. Vor
dem vollendeten zweiten Jahre, höchstens mit 11/2 Jahren, soll jedoch das Schaf
nicht zur Zucht verwendet werden. Das männliche Schaf ist sehr zeugungsfähig, es
kann in einem Zeitraume von 6 -- 8 Wochen 50 -- 80 Schafe fruchtbar belegen.
Das Mutterschaf wird im Naturzustande meist im Spätherbste brünstig, bockig oder
rütig. Die Brünstigkeit währt 24 -- 36 Stunden, und wiederholt sich, wenn das
Schaf übergangen wurde, nach 2 -- 3 Wochen. Bei guter Pflege und Ernährung
bleibt das Mutterschaf bis zum 10. Lebensjahre fruchtbar. Gewöhnlich wird es
jedoch wegen des zurückgehenden Wollertrages schon früher abgeschafft. Die Trächtig-
keitsdauer währt 145--158, im Mittel 147 Tage oder 21 Wochen. Das Merino-
schaf gebärt nur ein Junges, selten Zwillinge, das Bergamaskerschaf in der Regel
Zwillinge und das Ongtischaf Drillinge, Vierlinge oder Fünflinge. Das Lamm
wiegt bei der Geburt je nach Race und Stamm 2.5 -- 4 Kilogr. Das Ge-
wicht der Lämmer beträgt 5 -- 9 % oder 1/20 -- 1/10 des lebenden Gewichtes

Beſondere Thierzuchtlehre.
Jahre bezeichnet man die Schafe als vollzahnig, abgeſchoben, nach dieſer Zeit als
alte Böcke, alte Schafe, alte Mütter. Die abzuſchaffenden, alten Schafe
heißen Merz- oder Brackſchafe.

Der Ausbruch und der Wechſel der Zähne gibt ebenſo wie beim Rinde den
verläßlichſten Anhaltspunkt zur Erkennung des Alters. Dabei iſt jedoch zu beachten,
daß der Wechſel bei guter Ernährung früher, bei ſchlechter ſpäter erfolgt. Das
Schaf hat wie das Rind im Unterkiefer 8 Schneidezähne und jederſeits 6 Backen-
zähne, im Oberkiefer vorne eine Zahnplatte und jederſeits 6 Backenzähne, ſomit in
Summa 32 Zähne. Die nachfolgende Tabelle gibt den Zuſtand des Gebiſſes
(vgl. S. 85) in den verſchiedenſten Altersperioden an:

[Tabelle]

Die Entwickelung der Schafe, insbeſondere der frühreifen Racen, erfolgt ſehr
raſch. Frühreife Schafe ſind oft ſchon vor dem erſten Jahre geſchlechtsreif. Vor
dem vollendeten zweiten Jahre, höchſtens mit 1½ Jahren, ſoll jedoch das Schaf
nicht zur Zucht verwendet werden. Das männliche Schaf iſt ſehr zeugungsfähig, es
kann in einem Zeitraume von 6 — 8 Wochen 50 — 80 Schafe fruchtbar belegen.
Das Mutterſchaf wird im Naturzuſtande meiſt im Spätherbſte brünſtig, bockig oder
rütig. Die Brünſtigkeit währt 24 — 36 Stunden, und wiederholt ſich, wenn das
Schaf übergangen wurde, nach 2 — 3 Wochen. Bei guter Pflege und Ernährung
bleibt das Mutterſchaf bis zum 10. Lebensjahre fruchtbar. Gewöhnlich wird es
jedoch wegen des zurückgehenden Wollertrages ſchon früher abgeſchafft. Die Trächtig-
keitsdauer währt 145—158, im Mittel 147 Tage oder 21 Wochen. Das Merino-
ſchaf gebärt nur ein Junges, ſelten Zwillinge, das Bergamaskerſchaf in der Regel
Zwillinge und das Ongtiſchaf Drillinge, Vierlinge oder Fünflinge. Das Lamm
wiegt bei der Geburt je nach Race und Stamm 2.5 — 4 Kilogr. Das Ge-
wicht der Lämmer beträgt 5 — 9 % oder 1/20 — 1/10 des lebenden Gewichtes

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[168/0184] Beſondere Thierzuchtlehre. Jahre bezeichnet man die Schafe als vollzahnig, abgeſchoben, nach dieſer Zeit als alte Böcke, alte Schafe, alte Mütter. Die abzuſchaffenden, alten Schafe heißen Merz- oder Brackſchafe. Der Ausbruch und der Wechſel der Zähne gibt ebenſo wie beim Rinde den verläßlichſten Anhaltspunkt zur Erkennung des Alters. Dabei iſt jedoch zu beachten, daß der Wechſel bei guter Ernährung früher, bei ſchlechter ſpäter erfolgt. Das Schaf hat wie das Rind im Unterkiefer 8 Schneidezähne und jederſeits 6 Backen- zähne, im Oberkiefer vorne eine Zahnplatte und jederſeits 6 Backenzähne, ſomit in Summa 32 Zähne. Die nachfolgende Tabelle gibt den Zuſtand des Gebiſſes (vgl. S. 85) in den verſchiedenſten Altersperioden an: Die Entwickelung der Schafe, insbeſondere der frühreifen Racen, erfolgt ſehr raſch. Frühreife Schafe ſind oft ſchon vor dem erſten Jahre geſchlechtsreif. Vor dem vollendeten zweiten Jahre, höchſtens mit 1½ Jahren, ſoll jedoch das Schaf nicht zur Zucht verwendet werden. Das männliche Schaf iſt ſehr zeugungsfähig, es kann in einem Zeitraume von 6 — 8 Wochen 50 — 80 Schafe fruchtbar belegen. Das Mutterſchaf wird im Naturzuſtande meiſt im Spätherbſte brünſtig, bockig oder rütig. Die Brünſtigkeit währt 24 — 36 Stunden, und wiederholt ſich, wenn das Schaf übergangen wurde, nach 2 — 3 Wochen. Bei guter Pflege und Ernährung bleibt das Mutterſchaf bis zum 10. Lebensjahre fruchtbar. Gewöhnlich wird es jedoch wegen des zurückgehenden Wollertrages ſchon früher abgeſchafft. Die Trächtig- keitsdauer währt 145—158, im Mittel 147 Tage oder 21 Wochen. Das Merino- ſchaf gebärt nur ein Junges, ſelten Zwillinge, das Bergamaskerſchaf in der Regel Zwillinge und das Ongtiſchaf Drillinge, Vierlinge oder Fünflinge. Das Lamm wiegt bei der Geburt je nach Race und Stamm 2.5 — 4 Kilogr. Das Ge- wicht der Lämmer beträgt 5 — 9 % oder 1/20 — 1/10 des lebenden Gewichtes

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Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




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Zitationshilfe: Krafft, Guido: Lehrbuch der Landwirthschaft auf wissenschaftlicher und praktischer Grundlage. Bd. 3. Berlin, 1876, S. 168. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/krafft_landwirthschaft03_1876/184>, abgerufen am 28.03.2024.