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Krane, Friedrich von: Die Dressur des Reitpferdes (Campagne- und Gebrauchs-Pferdes). Münster, 1856.

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Erster Abschnitt.
Vom Verständniss zwischen Mensch und Pferd.

Erstes Kapitel.

Einleitung.

Verständniss ist die richtige Auffassung des durch
gewisse Zeichen kundgegebenen Gedankens oder Willens eines an-
dern. Die Fähigkeit, den Willen des Menschen zu verstehen, ist bei
den verschiedenen Thierklassen sehr ungleich, und eben so den
einzelnen Wesen derselben Klasse mehr oder minder eigenthümlich.

Das Pferd nimmt eine der höchsten Stufen ein. Doch ist
seine Intelligenz, je nach seiner Lebensweise, wiederum höchst un-
gleichmässig entwickelt.

Wir unterscheiden 1. wilde Pferde, solche die in gänz-
licher Unabhängigkeit von Menschen bleiben, wie das südamerika-
nische Pferd, der Pampa's etc. 2. Halbwilde, denen der Mensch
wie gehegtem Wilde mit Futter und Wetterschuppen gegen Hunger
und Kälte zu Hülfe kommt, die jedoeh auch Jahr ein Jahr aus im
Freien bleiben, wie z. B. die Senner. Ihnen ist der Mensch fremd,
sie werden ihn fürchten aber nicht hassen. Ich möchte sie
gehegte Pferde, zum Unterschiede von Heerdenpferden
nennen, welche in grosser Zahl zu Heerden vereint und von Rei-
tern beaufsichtigt, von Weideplatz zu Weideplatz getrieben wer-
den. Sie finden sich in den süd-östlichen Ebenen Europas, den
ungarischen Pussten, den russischen und moldauischen Steppen etc.
Sie kennen den Menschen nur als Zuchtmeister mit der Peitsche

Erſter Abſchnitt.
Vom Verständniss zwischen Mensch und Pferd.

Erstes Kapitel.

Einleitung.

Verständniss ist die richtige Auffassung des durch
gewisse Zeichen kundgegebenen Gedankens oder Willens eines an-
dern. Die Fähigkeit, den Willen des Menschen zu verstehen, ist bei
den verschiedenen Thierklassen sehr ungleich, und eben so den
einzelnen Wesen derselben Klasse mehr oder minder eigenthümlich.

Das Pferd nimmt eine der höchsten Stufen ein. Doch ist
seine Intelligenz, je nach seiner Lebensweise, wiederum höchst un-
gleichmässig entwickelt.

Wir unterscheiden 1. wilde Pferde, solche die in gänz-
licher Unabhängigkeit von Menschen bleiben, wie das südamerika-
nische Pferd, der Pampa’s etc. 2. Halbwilde, denen der Mensch
wie gehegtem Wilde mit Futter und Wetterschuppen gegen Hunger
und Kälte zu Hülfe kommt, die jedoeh auch Jahr ein Jahr aus im
Freien bleiben, wie z. B. die Senner. Ihnen ist der Mensch fremd,
sie werden ihn fürchten aber nicht hassen. Ich möchte sie
gehegte Pferde, zum Unterschiede von Heerdenpferden
nennen, welche in grosser Zahl zu Heerden vereint und von Rei-
tern beaufsichtigt, von Weideplatz zu Weideplatz getrieben wer-
den. Sie finden sich in den süd-östlichen Ebenen Europas, den
ungarischen Pussten, den russischen und moldauischen Steppen etc.
Sie kennen den Menschen nur als Zuchtmeister mit der Peitsche

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[[40]/0062] Erſter Abſchnitt. Vom Verständniss zwischen Mensch und Pferd. Erstes Kapitel. Einleitung. Verständniss ist die richtige Auffassung des durch gewisse Zeichen kundgegebenen Gedankens oder Willens eines an- dern. Die Fähigkeit, den Willen des Menschen zu verstehen, ist bei den verschiedenen Thierklassen sehr ungleich, und eben so den einzelnen Wesen derselben Klasse mehr oder minder eigenthümlich. Das Pferd nimmt eine der höchsten Stufen ein. Doch ist seine Intelligenz, je nach seiner Lebensweise, wiederum höchst un- gleichmässig entwickelt. Wir unterscheiden 1. wilde Pferde, solche die in gänz- licher Unabhängigkeit von Menschen bleiben, wie das südamerika- nische Pferd, der Pampa’s etc. 2. Halbwilde, denen der Mensch wie gehegtem Wilde mit Futter und Wetterschuppen gegen Hunger und Kälte zu Hülfe kommt, die jedoeh auch Jahr ein Jahr aus im Freien bleiben, wie z. B. die Senner. Ihnen ist der Mensch fremd, sie werden ihn fürchten aber nicht hassen. Ich möchte sie gehegte Pferde, zum Unterschiede von Heerdenpferden nennen, welche in grosser Zahl zu Heerden vereint und von Rei- tern beaufsichtigt, von Weideplatz zu Weideplatz getrieben wer- den. Sie finden sich in den süd-östlichen Ebenen Europas, den ungarischen Pussten, den russischen und moldauischen Steppen etc. Sie kennen den Menschen nur als Zuchtmeister mit der Peitsche

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Zitationshilfe: Krane, Friedrich von: Die Dressur des Reitpferdes (Campagne- und Gebrauchs-Pferdes). Münster, 1856, S. [40]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/krane_reitpferd_1856/62>, abgerufen am 28.03.2024.