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Krüger, Johann Christian: Die Geistlichen auf dem Lande. Frankfurt (Main) u. a., 1743.

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Wahrm. Jch weiß gewiß, Herr Muffel, daß
ihr Herz ganz anders denkt, als die Zunge
spricht.
Muffel. Da seh ich das Fräulein zu mir kom-
men. Wollten sie uns nicht beyde nur auf
eine halbe Stunde allein lassen? ich will sie
nur wegen der Vernunft eines bessern unter-
richten. Sie dürfen sich nichts Böses be-
sorgen. Sie ist bey mir wohl aufgehoben.
Herr v. R. Wann ich der Fräulein gesetzte
Gemüthsart nicht kennte, so wollte ich sie
ihnen nicht auf eine halbe Stunde allein
anvertrauen, ob sie gleich nichts Jrrdisches
lieben.
(geht ab)
Wahrm. (zur Fräulein, welche eben eintritt)
Schönstes Fräulein, lassen sie bey dieser
seltsamen Unterredung niemals ihren ge-
treuen Wahrmund aus den Gedanken.

(geht ab)
Sechster Auftritt.
Fräulein Wilhelmine, Muffel.
Muffel. Jch wünsche ihrer armen Seele viel
Glück dazu, daß sie in meine Schule kom-
men, schönstes Fräulein. Setzen sie sich
hier neben mir, damit wir uns desto beque-
mer erbauen können.
(Er setzt sich an den
Tisch, und blättert in den Postillen.)
Wilhelm. Was suchen sie in dem Buche,
Herr Muffel, ich dachte sie wollten mich
von der Schädlichkeit der Philosophie
überzeugen?
Muffel.


Wahrm. Jch weiß gewiß, Herr Muffel, daß
ihr Herz ganz anders denkt, als die Zunge
ſpricht.
Muffel. Da ſeh ich das Fraͤulein zu mir kom-
men. Wollten ſie uns nicht beyde nur auf
eine halbe Stunde allein laſſen? ich will ſie
nur wegen der Vernunft eines beſſern unter-
richten. Sie duͤrfen ſich nichts Boͤſes be-
ſorgen. Sie iſt bey mir wohl aufgehoben.
Herr v. R. Wann ich der Fraͤulein geſetzte
Gemuͤthsart nicht kennte, ſo wollte ich ſie
ihnen nicht auf eine halbe Stunde allein
anvertrauen, ob ſie gleich nichts Jrrdiſches
lieben.
(geht ab)
Wahrm. (zur Fraͤulein, welche eben eintritt)
Schoͤnſtes Fraͤulein, laſſen ſie bey dieſer
ſeltſamen Unterredung niemals ihren ge-
treuen Wahrmund aus den Gedanken.

(geht ab)
Sechſter Auftritt.
Fraͤulein Wilhelmine, Muffel.
Muffel. Jch wuͤnſche ihrer armen Seele viel
Gluͤck dazu, daß ſie in meine Schule kom-
men, ſchoͤnſtes Fraͤulein. Setzen ſie ſich
hier neben mir, damit wir uns deſto beque-
mer erbauen koͤnnen.
(Er ſetzt ſich an den
Tiſch, und blaͤttert in den Poſtillen.)
Wilhelm. Was ſuchen ſie in dem Buche,
Herr Muffel, ich dachte ſie wollten mich
von der Schaͤdlichkeit der Philoſophie
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Muffel.
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[109/0113] Wahrm. Jch weiß gewiß, Herr Muffel, daß ihr Herz ganz anders denkt, als die Zunge ſpricht. Muffel. Da ſeh ich das Fraͤulein zu mir kom- men. Wollten ſie uns nicht beyde nur auf eine halbe Stunde allein laſſen? ich will ſie nur wegen der Vernunft eines beſſern unter- richten. Sie duͤrfen ſich nichts Boͤſes be- ſorgen. Sie iſt bey mir wohl aufgehoben. Herr v. R. Wann ich der Fraͤulein geſetzte Gemuͤthsart nicht kennte, ſo wollte ich ſie ihnen nicht auf eine halbe Stunde allein anvertrauen, ob ſie gleich nichts Jrrdiſches lieben. (geht ab) Wahrm. (zur Fraͤulein, welche eben eintritt) Schoͤnſtes Fraͤulein, laſſen ſie bey dieſer ſeltſamen Unterredung niemals ihren ge- treuen Wahrmund aus den Gedanken. (geht ab) Sechſter Auftritt. Fraͤulein Wilhelmine, Muffel. Muffel. Jch wuͤnſche ihrer armen Seele viel Gluͤck dazu, daß ſie in meine Schule kom- men, ſchoͤnſtes Fraͤulein. Setzen ſie ſich hier neben mir, damit wir uns deſto beque- mer erbauen koͤnnen. (Er ſetzt ſich an den Tiſch, und blaͤttert in den Poſtillen.) Wilhelm. Was ſuchen ſie in dem Buche, Herr Muffel, ich dachte ſie wollten mich von der Schaͤdlichkeit der Philoſophie uͤberzeugen? Muffel.

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Zitationshilfe: Krüger, Johann Christian: Die Geistlichen auf dem Lande. Frankfurt (Main) u. a., 1743, S. 109. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/krueger_geistliche_1743/113>, abgerufen am 29.03.2024.