Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Krüger, Johann Gottlob: Geschichte der Erde in den allerältesten Zeiten. Halle, 1746.

Bild:
<< vorherige Seite

in den allerältesten Zeiten.
ist, gegeben werden, die doch dabey weniger Schwierig-
keiten als jene unterworfen wäre, und mit den Worten
Mosis genauer übereinstimmete.

§. 60.

Man stelle sich also vor: es habe sich die Erde vor
der Sündfluth nicht um ihre Achse gedrehet; ob sie schon
binnen einen Jahre um die Sonne herum gegangen seyn
kan. Weil nun die Schwere alle ihre Theile gleich stark ge-
gegen den Mittelpunct getrieben hat: so hat sie die Gestalt
einer Kugel bekommen. Eben so wie wir sehen, daß ein
Wassertropfen darum dergleichen Figur annimmt, weil
alle seine Theile einander an sich ziehen. Setzet ferner:
es sey sowol auf der Oberfläche als in den innersten Hölen
der Erde Wasser gewesen, was wird nun wohl erfolget
seyn, wenn die Erde auf einmal angefangen hat, sich in-
nerhalb vier und zwanzig Stunden um ihre Achse herum
zu drehen? Das unter dem Aequator befindliche Wasser
hat nach der Newtonischen Theorie 31/2 Meile in die Höhe
steigen und folglich nicht nur das Land überschwemmen,
sondern auch über die höchsten Berge gehen müssen; es
hat sich sowol gegen Norden als Süden über die Erde
ausgebreitet, wodurch die Ueberschwemmung allgemein,
und seine Höhe zugleich in so weit vermindert worden, daß
es nur noch 15. Ellen hoch über die höchsten Berge gegan-
gen. Nun richtet sich die Menge der Ausdünstungen
nach der Oberfläche des Wassers. Es muß also von dem
ganz und gar mit Wasser bedeckten Erdboden eine sehr
grosse Menge von Dünsten in die Höhe gestiegen seyn,
welche durch die Luft wieder heruntergefallen, und einen
lange anhaltenden Regeu verursacht haben. Zu gleicher
Zeit ist die Centrifugalkraft des in die Hölen der Erde ein-
geschlossenen Wassers dergestalt vermehrt worden, daß es
die oberste Rinde der Erde in die Höhe gehoben, und sol-
chergestalt zum Theil Berge hervorgebracht, zum Theil

aber

in den alleraͤlteſten Zeiten.
iſt, gegeben werden, die doch dabey weniger Schwierig-
keiten als jene unterworfen waͤre, und mit den Worten
Moſis genauer uͤbereinſtimmete.

§. 60.

Man ſtelle ſich alſo vor: es habe ſich die Erde vor
der Suͤndfluth nicht um ihre Achſe gedrehet; ob ſie ſchon
binnen einen Jahre um die Sonne herum gegangen ſeyn
kan. Weil nun die Schwere alle ihre Theile gleich ſtark ge-
gegen den Mittelpunct getrieben hat: ſo hat ſie die Geſtalt
einer Kugel bekommen. Eben ſo wie wir ſehen, daß ein
Waſſertropfen darum dergleichen Figur annimmt, weil
alle ſeine Theile einander an ſich ziehen. Setzet ferner:
es ſey ſowol auf der Oberflaͤche als in den innerſten Hoͤlen
der Erde Waſſer geweſen, was wird nun wohl erfolget
ſeyn, wenn die Erde auf einmal angefangen hat, ſich in-
nerhalb vier und zwanzig Stunden um ihre Achſe herum
zu drehen? Das unter dem Aequator befindliche Waſſer
hat nach der Newtoniſchen Theorie 3½ Meile in die Hoͤhe
ſteigen und folglich nicht nur das Land uͤberſchwemmen,
ſondern auch uͤber die hoͤchſten Berge gehen muͤſſen; es
hat ſich ſowol gegen Norden als Suͤden uͤber die Erde
ausgebreitet, wodurch die Ueberſchwemmung allgemein,
und ſeine Hoͤhe zugleich in ſo weit vermindert worden, daß
es nur noch 15. Ellen hoch uͤber die hoͤchſten Berge gegan-
gen. Nun richtet ſich die Menge der Ausduͤnſtungen
nach der Oberflaͤche des Waſſers. Es muß alſo von dem
ganz und gar mit Waſſer bedeckten Erdboden eine ſehr
groſſe Menge von Duͤnſten in die Hoͤhe geſtiegen ſeyn,
welche durch die Luft wieder heruntergefallen, und einen
lange anhaltenden Regeu verurſacht haben. Zu gleicher
Zeit iſt die Centrifugalkraft des in die Hoͤlen der Erde ein-
geſchloſſenen Waſſers dergeſtalt vermehrt worden, daß es
die oberſte Rinde der Erde in die Hoͤhe gehoben, und ſol-
chergeſtalt zum Theil Berge hervorgebracht, zum Theil

aber
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0125" n="111"/><fw place="top" type="header">in den allera&#x0364;lte&#x017F;ten Zeiten.</fw><lb/>
i&#x017F;t, gegeben werden, die doch dabey weniger Schwierig-<lb/>
keiten als jene unterworfen wa&#x0364;re, und mit den Worten<lb/>
Mo&#x017F;is genauer u&#x0364;berein&#x017F;timmete.</p>
      </div><lb/>
      <div n="1">
        <head>§. 60.</head><lb/>
        <p>Man &#x017F;telle &#x017F;ich al&#x017F;o vor: es habe &#x017F;ich die Erde vor<lb/>
der Su&#x0364;ndfluth nicht um ihre Ach&#x017F;e gedrehet; ob &#x017F;ie &#x017F;chon<lb/>
binnen einen Jahre um die Sonne herum gegangen &#x017F;eyn<lb/>
kan. Weil nun die Schwere alle ihre Theile gleich &#x017F;tark ge-<lb/>
gegen den Mittelpunct getrieben hat: &#x017F;o hat &#x017F;ie die Ge&#x017F;talt<lb/>
einer Kugel bekommen. Eben &#x017F;o wie wir &#x017F;ehen, daß ein<lb/>
Wa&#x017F;&#x017F;ertropfen darum dergleichen Figur annimmt, weil<lb/>
alle &#x017F;eine Theile einander an &#x017F;ich ziehen. Setzet ferner:<lb/>
es &#x017F;ey &#x017F;owol auf der Oberfla&#x0364;che als in den inner&#x017F;ten Ho&#x0364;len<lb/>
der Erde Wa&#x017F;&#x017F;er gewe&#x017F;en, was wird nun wohl erfolget<lb/>
&#x017F;eyn, wenn die Erde auf einmal angefangen hat, &#x017F;ich in-<lb/>
nerhalb vier und zwanzig Stunden um ihre Ach&#x017F;e herum<lb/>
zu drehen? Das unter dem Aequator befindliche Wa&#x017F;&#x017F;er<lb/>
hat nach der <hi rendition="#fr">Newtoni&#x017F;chen Theorie</hi> 3½ Meile in die Ho&#x0364;he<lb/>
&#x017F;teigen und folglich nicht nur das Land u&#x0364;ber&#x017F;chwemmen,<lb/>
&#x017F;ondern auch u&#x0364;ber die ho&#x0364;ch&#x017F;ten Berge gehen mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en; es<lb/>
hat &#x017F;ich &#x017F;owol gegen Norden als Su&#x0364;den u&#x0364;ber die Erde<lb/>
ausgebreitet, wodurch die Ueber&#x017F;chwemmung allgemein,<lb/>
und &#x017F;eine Ho&#x0364;he zugleich in &#x017F;o weit vermindert worden, daß<lb/>
es nur noch 15. Ellen hoch u&#x0364;ber die ho&#x0364;ch&#x017F;ten Berge gegan-<lb/>
gen. Nun richtet &#x017F;ich die Menge der Ausdu&#x0364;n&#x017F;tungen<lb/>
nach der Oberfla&#x0364;che des Wa&#x017F;&#x017F;ers. Es muß al&#x017F;o von dem<lb/>
ganz und gar mit Wa&#x017F;&#x017F;er bedeckten Erdboden eine &#x017F;ehr<lb/>
gro&#x017F;&#x017F;e Menge von Du&#x0364;n&#x017F;ten in die Ho&#x0364;he ge&#x017F;tiegen &#x017F;eyn,<lb/>
welche durch die Luft wieder heruntergefallen, und einen<lb/>
lange anhaltenden Regeu verur&#x017F;acht haben. Zu gleicher<lb/>
Zeit i&#x017F;t die <hi rendition="#fr">Centrifugalkraft</hi> des in die Ho&#x0364;len der Erde ein-<lb/>
ge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;enen Wa&#x017F;&#x017F;ers derge&#x017F;talt vermehrt worden, daß es<lb/>
die ober&#x017F;te Rinde der Erde in die Ho&#x0364;he gehoben, und &#x017F;ol-<lb/>
cherge&#x017F;talt zum Theil Berge hervorgebracht, zum Theil<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">aber</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[111/0125] in den alleraͤlteſten Zeiten. iſt, gegeben werden, die doch dabey weniger Schwierig- keiten als jene unterworfen waͤre, und mit den Worten Moſis genauer uͤbereinſtimmete. §. 60. Man ſtelle ſich alſo vor: es habe ſich die Erde vor der Suͤndfluth nicht um ihre Achſe gedrehet; ob ſie ſchon binnen einen Jahre um die Sonne herum gegangen ſeyn kan. Weil nun die Schwere alle ihre Theile gleich ſtark ge- gegen den Mittelpunct getrieben hat: ſo hat ſie die Geſtalt einer Kugel bekommen. Eben ſo wie wir ſehen, daß ein Waſſertropfen darum dergleichen Figur annimmt, weil alle ſeine Theile einander an ſich ziehen. Setzet ferner: es ſey ſowol auf der Oberflaͤche als in den innerſten Hoͤlen der Erde Waſſer geweſen, was wird nun wohl erfolget ſeyn, wenn die Erde auf einmal angefangen hat, ſich in- nerhalb vier und zwanzig Stunden um ihre Achſe herum zu drehen? Das unter dem Aequator befindliche Waſſer hat nach der Newtoniſchen Theorie 3½ Meile in die Hoͤhe ſteigen und folglich nicht nur das Land uͤberſchwemmen, ſondern auch uͤber die hoͤchſten Berge gehen muͤſſen; es hat ſich ſowol gegen Norden als Suͤden uͤber die Erde ausgebreitet, wodurch die Ueberſchwemmung allgemein, und ſeine Hoͤhe zugleich in ſo weit vermindert worden, daß es nur noch 15. Ellen hoch uͤber die hoͤchſten Berge gegan- gen. Nun richtet ſich die Menge der Ausduͤnſtungen nach der Oberflaͤche des Waſſers. Es muß alſo von dem ganz und gar mit Waſſer bedeckten Erdboden eine ſehr groſſe Menge von Duͤnſten in die Hoͤhe geſtiegen ſeyn, welche durch die Luft wieder heruntergefallen, und einen lange anhaltenden Regeu verurſacht haben. Zu gleicher Zeit iſt die Centrifugalkraft des in die Hoͤlen der Erde ein- geſchloſſenen Waſſers dergeſtalt vermehrt worden, daß es die oberſte Rinde der Erde in die Hoͤhe gehoben, und ſol- chergeſtalt zum Theil Berge hervorgebracht, zum Theil aber

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/krueger_weltweisheit_1746
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/krueger_weltweisheit_1746/125
Zitationshilfe: Krüger, Johann Gottlob: Geschichte der Erde in den allerältesten Zeiten. Halle, 1746, S. 111. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/krueger_weltweisheit_1746/125>, abgerufen am 25.04.2024.