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Krüger, Johann Gottlob: Geschichte der Erde in den allerältesten Zeiten. Halle, 1746.

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in den allerältesten Zeiten.
vollkommenheit dadurch entstünde, wenn aller Raum mit
Materie erfüllet, als wenn einiger davon leer wäre.
Nimmermehr würde eine Bewegung in der Welt vorge-
hen können, wenn sich die Körper so zu sagen drängeten,
daß keiner den andern ausweichen könnte, und mir deucht
immer, daß eine vollgestopfte Welt ohne Bewegung um
ein merkliches schlechter sey, als eine, darinnen viel weniger
Körper, die sich aber frey bewegen, und die dadurch die
angenehmsten und zu ihrer Erhaltung nöthigen Verände-
rungen hervorbringen können, anzutreffen sind. Man rücke
nur die Planeten in unsern Weltgebäude näher zu sammen:
so werden sie durch ihre anziehende Kraft die gröste Unord-
nung unter einander verursachen, welche doch jetzo, da sie wei-
ter von einander entfernet sind, die Triebfeder ihrer so or-
dentlichen Bewegung ist. Jch muß daher entweder zu
einfältig seyn, oder zu wenig Vorurtheile besitzen, daß
ich es nicht begreifen kan, wie eine Bewegung in der Welt
geschehen könnte, wenn alles mit Materie dergestalt er-
füllet wäre, daß auch nicht das geringste Räumgen leer
gelassen wäre.

§. 36.

Zu denen angeführten Schwierigkeiten welche bey dem
Whistonischen Lehrgebäude vorkommen, gehöret auch
noch diese, deren wir schon bey Gelegenheit der Burne-
tischen Theorie gedacht haben, welche darinnen bestehet:
daß vor der Sündfluth nicht Wasser genug auf der Erden
gewesen seyn würde, um die Materie zu einer gnugsamen
Menge von Ausdünstungen darzureichen, die durch Re-
gen, Thau, Schnee und Hagel hätten herabfallen können,
welches doch zu Unterhaltung der Pflanzen und Thiere
unumgänglich nöthig ist. Und dieses gilt, man mag
annehmen daß damals das Wasser blos aus den Dün-
sten des Cometens entstanden, und durch Regen herab-
gefallen sey, oder daß es aus dem innersten der Erde her-

vor-
E 2

in den alleraͤlteſten Zeiten.
vollkommenheit dadurch entſtuͤnde, wenn aller Raum mit
Materie erfuͤllet, als wenn einiger davon leer waͤre.
Nimmermehr wuͤrde eine Bewegung in der Welt vorge-
hen koͤnnen, wenn ſich die Koͤrper ſo zu ſagen draͤngeten,
daß keiner den andern ausweichen koͤnnte, und mir deucht
immer, daß eine vollgeſtopfte Welt ohne Bewegung um
ein merkliches ſchlechter ſey, als eine, darinnen viel weniger
Koͤrper, die ſich aber frey bewegen, und die dadurch die
angenehmſten und zu ihrer Erhaltung noͤthigen Veraͤnde-
rungen hervorbringen koͤnnen, anzutreffen ſind. Man ruͤcke
nur die Planeten in unſern Weltgebaͤude naͤher zu ſammen:
ſo werden ſie durch ihre anziehende Kraft die groͤſte Unord-
nung unter einander verurſachen, welche doch jetzo, da ſie wei-
ter von einander entfernet ſind, die Triebfeder ihrer ſo or-
dentlichen Bewegung iſt. Jch muß daher entweder zu
einfaͤltig ſeyn, oder zu wenig Vorurtheile beſitzen, daß
ich es nicht begreifen kan, wie eine Bewegung in der Welt
geſchehen koͤnnte, wenn alles mit Materie dergeſtalt er-
fuͤllet waͤre, daß auch nicht das geringſte Raͤumgen leer
gelaſſen waͤre.

§. 36.

Zu denen angefuͤhrten Schwierigkeiten welche bey dem
Whiſtoniſchen Lehrgebaͤude vorkommen, gehoͤret auch
noch dieſe, deren wir ſchon bey Gelegenheit der Burne-
tiſchen Theorie gedacht haben, welche darinnen beſtehet:
daß vor der Suͤndfluth nicht Waſſer genug auf der Erden
geweſen ſeyn wuͤrde, um die Materie zu einer gnugſamen
Menge von Ausduͤnſtungen darzureichen, die durch Re-
gen, Thau, Schnee und Hagel haͤtten herabfallen koͤnnen,
welches doch zu Unterhaltung der Pflanzen und Thiere
unumgaͤnglich noͤthig iſt. Und dieſes gilt, man mag
annehmen daß damals das Waſſer blos aus den Duͤn-
ſten des Cometens entſtanden, und durch Regen herab-
gefallen ſey, oder daß es aus dem innerſten der Erde her-

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[67/0081] in den alleraͤlteſten Zeiten. vollkommenheit dadurch entſtuͤnde, wenn aller Raum mit Materie erfuͤllet, als wenn einiger davon leer waͤre. Nimmermehr wuͤrde eine Bewegung in der Welt vorge- hen koͤnnen, wenn ſich die Koͤrper ſo zu ſagen draͤngeten, daß keiner den andern ausweichen koͤnnte, und mir deucht immer, daß eine vollgeſtopfte Welt ohne Bewegung um ein merkliches ſchlechter ſey, als eine, darinnen viel weniger Koͤrper, die ſich aber frey bewegen, und die dadurch die angenehmſten und zu ihrer Erhaltung noͤthigen Veraͤnde- rungen hervorbringen koͤnnen, anzutreffen ſind. Man ruͤcke nur die Planeten in unſern Weltgebaͤude naͤher zu ſammen: ſo werden ſie durch ihre anziehende Kraft die groͤſte Unord- nung unter einander verurſachen, welche doch jetzo, da ſie wei- ter von einander entfernet ſind, die Triebfeder ihrer ſo or- dentlichen Bewegung iſt. Jch muß daher entweder zu einfaͤltig ſeyn, oder zu wenig Vorurtheile beſitzen, daß ich es nicht begreifen kan, wie eine Bewegung in der Welt geſchehen koͤnnte, wenn alles mit Materie dergeſtalt er- fuͤllet waͤre, daß auch nicht das geringſte Raͤumgen leer gelaſſen waͤre. §. 36. Zu denen angefuͤhrten Schwierigkeiten welche bey dem Whiſtoniſchen Lehrgebaͤude vorkommen, gehoͤret auch noch dieſe, deren wir ſchon bey Gelegenheit der Burne- tiſchen Theorie gedacht haben, welche darinnen beſtehet: daß vor der Suͤndfluth nicht Waſſer genug auf der Erden geweſen ſeyn wuͤrde, um die Materie zu einer gnugſamen Menge von Ausduͤnſtungen darzureichen, die durch Re- gen, Thau, Schnee und Hagel haͤtten herabfallen koͤnnen, welches doch zu Unterhaltung der Pflanzen und Thiere unumgaͤnglich noͤthig iſt. Und dieſes gilt, man mag annehmen daß damals das Waſſer blos aus den Duͤn- ſten des Cometens entſtanden, und durch Regen herab- gefallen ſey, oder daß es aus dem innerſten der Erde her- vor- E 2

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Zitationshilfe: Krüger, Johann Gottlob: Geschichte der Erde in den allerältesten Zeiten. Halle, 1746, S. 67. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/krueger_weltweisheit_1746/81>, abgerufen am 18.04.2024.