Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Krüger, Johann Gottlob: Geschichte der Erde in den allerältesten Zeiten. Halle, 1746.

Bild:
<< vorherige Seite

in den allerältesten Zeiten.
fens weiter nachlesen kann. Jndessen sieht doch ein ieder,
daß es darum nicht genug sey, diese Meinung für wahr zu
halten, weil das Daseyn Gottes dabey bestehen kan, son-
dern daß man andere Gründe anführen müste, wenn es
mehr als eine bloße Hypothese heißen soll. Zugleich erhel-
let aber auch hieraus, daß man denen, welche mit dem
Aristoteles die Welt vor ewig halten, zu viel thue, wenn
man sie vor Atheisten erkläret: ein Name, mit welchen
man zu allen Zeiten und in allen Ländern desto freygebi-
ger gewesen, ie mehr die Dumheit und Boßheit an den
Urtheilen der Menschen Theil genommen hat. Dieieni-
gen können allein diesen unglückseligen Titul in der Welt
behaupten, welche mit dem berufenen Benedictus Spi-
noza
die Welt für nothwendig halten, wovon die Ewig-
keit derselben eine nothwendige Folge ist. Denn dieser
wolte, welches kaum zu vermuthen ist, so gar geometrisch
demonstriren, daß Gott und die Welt einerley sey, und
daß die Ausdehnung eine Eigenschaft Gottes genennet
werden müßte. Er ist von vielen und auf so vie-
lerley Art widerlegt, geschimpft, gescholten und verdamt
worden, daß ich kein Buch, sondern eine kleine Biblio-
thec verfertigen müßte, wenn ich dieses alles wiederholen
wolte. Soll ich meine Meinung aufrichtig davon sagen,
so halte ich es vor eine sehr edle und rümliche Bemühung,
welche dem menschlichen Geschlechte Ehre bringet, daß
man gesucht hat ihn oder seine Anhänger durch vernünf-
tige Vorstellungen auf andere Gedanken zu bringen, aber
ihn durch fluchen, schimpfen, und verdammen zu bekeh-
ren, ist eben so klug, als das Verfahren derer Spanier
mit denen Americanern, welche glaubten vollkommen be-
rechtigt zu seyn, diese arme Leute auf das grausamste zu
martern, weil sie keine Christen wären, da sie doch nie-
mals gehört hatten, daß es solche kluge Leute in der Welt
gäbe, welche glaubten Gott einen Dienst zu thun, wenn
sie andere Menschen auf dem Roste brateten, die nicht

eben

in den alleraͤlteſten Zeiten.
fens weiter nachleſen kann. Jndeſſen ſieht doch ein ieder,
daß es darum nicht genug ſey, dieſe Meinung fuͤr wahr zu
halten, weil das Daſeyn Gottes dabey beſtehen kan, ſon-
dern daß man andere Gruͤnde anfuͤhren muͤſte, wenn es
mehr als eine bloße Hypotheſe heißen ſoll. Zugleich erhel-
let aber auch hieraus, daß man denen, welche mit dem
Ariſtoteles die Welt vor ewig halten, zu viel thue, wenn
man ſie vor Atheiſten erklaͤret: ein Name, mit welchen
man zu allen Zeiten und in allen Laͤndern deſto freygebi-
ger geweſen, ie mehr die Dumheit und Boßheit an den
Urtheilen der Menſchen Theil genommen hat. Dieieni-
gen koͤnnen allein dieſen ungluͤckſeligen Titul in der Welt
behaupten, welche mit dem berufenen Benedictus Spi-
noza
die Welt fuͤr nothwendig halten, wovon die Ewig-
keit derſelben eine nothwendige Folge iſt. Denn dieſer
wolte, welches kaum zu vermuthen iſt, ſo gar geometriſch
demonſtriren, daß Gott und die Welt einerley ſey, und
daß die Ausdehnung eine Eigenſchaft Gottes genennet
werden muͤßte. Er iſt von vielen und auf ſo vie-
lerley Art widerlegt, geſchimpft, geſcholten und verdamt
worden, daß ich kein Buch, ſondern eine kleine Biblio-
thec verfertigen muͤßte, wenn ich dieſes alles wiederholen
wolte. Soll ich meine Meinung aufrichtig davon ſagen,
ſo halte ich es vor eine ſehr edle und ruͤmliche Bemuͤhung,
welche dem menſchlichen Geſchlechte Ehre bringet, daß
man geſucht hat ihn oder ſeine Anhaͤnger durch vernuͤnf-
tige Vorſtellungen auf andere Gedanken zu bringen, aber
ihn durch fluchen, ſchimpfen, und verdammen zu bekeh-
ren, iſt eben ſo klug, als das Verfahren derer Spanier
mit denen Americanern, welche glaubten vollkommen be-
rechtigt zu ſeyn, dieſe arme Leute auf das grauſamſte zu
martern, weil ſie keine Chriſten waͤren, da ſie doch nie-
mals gehoͤrt hatten, daß es ſolche kluge Leute in der Welt
gaͤbe, welche glaubten Gott einen Dienſt zu thun, wenn
ſie andere Menſchen auf dem Roſte brateten, die nicht

eben
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0019" n="11"/><fw place="top" type="header">in den allera&#x0364;lte&#x017F;ten Zeiten.</fw><lb/><hi rendition="#fr">fens</hi> weiter nachle&#x017F;en kann. Jnde&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ieht doch ein ieder,<lb/>
daß es darum nicht genug &#x017F;ey, die&#x017F;e Meinung fu&#x0364;r wahr zu<lb/>
halten, weil das Da&#x017F;eyn Gottes dabey be&#x017F;tehen kan, &#x017F;on-<lb/>
dern daß man andere Gru&#x0364;nde anfu&#x0364;hren mu&#x0364;&#x017F;te, wenn es<lb/>
mehr als eine bloße Hypothe&#x017F;e heißen &#x017F;oll. Zugleich erhel-<lb/>
let aber auch hieraus, daß man denen, welche mit dem<lb/>
Ari&#x017F;toteles die Welt vor ewig halten, zu viel thue, wenn<lb/>
man &#x017F;ie vor Athei&#x017F;ten erkla&#x0364;ret: ein Name, mit welchen<lb/>
man zu allen Zeiten und in allen La&#x0364;ndern de&#x017F;to freygebi-<lb/>
ger gewe&#x017F;en, ie mehr die Dumheit und Boßheit an den<lb/>
Urtheilen der Men&#x017F;chen Theil genommen hat. Dieieni-<lb/>
gen ko&#x0364;nnen allein die&#x017F;en unglu&#x0364;ck&#x017F;eligen Titul in der Welt<lb/>
behaupten, welche mit dem berufenen <hi rendition="#fr">Benedictus Spi-<lb/>
noza</hi> die Welt fu&#x0364;r nothwendig halten, wovon die Ewig-<lb/>
keit der&#x017F;elben eine nothwendige Folge i&#x017F;t. Denn die&#x017F;er<lb/>
wolte, welches kaum zu vermuthen i&#x017F;t, &#x017F;o gar geometri&#x017F;ch<lb/>
demon&#x017F;triren, daß Gott und die Welt einerley &#x017F;ey, und<lb/>
daß die Ausdehnung eine Eigen&#x017F;chaft Gottes genennet<lb/>
werden mu&#x0364;ßte. Er i&#x017F;t von vielen und auf &#x017F;o vie-<lb/>
lerley Art widerlegt, ge&#x017F;chimpft, ge&#x017F;cholten und verdamt<lb/>
worden, daß ich kein Buch, &#x017F;ondern eine kleine Biblio-<lb/>
thec verfertigen mu&#x0364;ßte, wenn ich die&#x017F;es alles wiederholen<lb/>
wolte. Soll ich meine Meinung aufrichtig davon &#x017F;agen,<lb/>
&#x017F;o halte ich es vor eine &#x017F;ehr edle und ru&#x0364;mliche Bemu&#x0364;hung,<lb/>
welche dem men&#x017F;chlichen Ge&#x017F;chlechte Ehre bringet, daß<lb/>
man ge&#x017F;ucht hat ihn oder &#x017F;eine Anha&#x0364;nger durch vernu&#x0364;nf-<lb/>
tige Vor&#x017F;tellungen auf andere Gedanken zu bringen, aber<lb/>
ihn durch fluchen, &#x017F;chimpfen, und verdammen zu bekeh-<lb/>
ren, i&#x017F;t eben &#x017F;o klug, als das Verfahren derer Spanier<lb/>
mit denen Americanern, welche glaubten vollkommen be-<lb/>
rechtigt zu &#x017F;eyn, die&#x017F;e arme Leute auf das grau&#x017F;am&#x017F;te zu<lb/>
martern, weil &#x017F;ie keine Chri&#x017F;ten wa&#x0364;ren, da &#x017F;ie doch nie-<lb/>
mals geho&#x0364;rt hatten, daß es &#x017F;olche kluge Leute in der Welt<lb/>
ga&#x0364;be, welche glaubten Gott einen Dien&#x017F;t zu thun, wenn<lb/>
&#x017F;ie andere Men&#x017F;chen auf dem Ro&#x017F;te brateten, die nicht<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">eben</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[11/0019] in den alleraͤlteſten Zeiten. fens weiter nachleſen kann. Jndeſſen ſieht doch ein ieder, daß es darum nicht genug ſey, dieſe Meinung fuͤr wahr zu halten, weil das Daſeyn Gottes dabey beſtehen kan, ſon- dern daß man andere Gruͤnde anfuͤhren muͤſte, wenn es mehr als eine bloße Hypotheſe heißen ſoll. Zugleich erhel- let aber auch hieraus, daß man denen, welche mit dem Ariſtoteles die Welt vor ewig halten, zu viel thue, wenn man ſie vor Atheiſten erklaͤret: ein Name, mit welchen man zu allen Zeiten und in allen Laͤndern deſto freygebi- ger geweſen, ie mehr die Dumheit und Boßheit an den Urtheilen der Menſchen Theil genommen hat. Dieieni- gen koͤnnen allein dieſen ungluͤckſeligen Titul in der Welt behaupten, welche mit dem berufenen Benedictus Spi- noza die Welt fuͤr nothwendig halten, wovon die Ewig- keit derſelben eine nothwendige Folge iſt. Denn dieſer wolte, welches kaum zu vermuthen iſt, ſo gar geometriſch demonſtriren, daß Gott und die Welt einerley ſey, und daß die Ausdehnung eine Eigenſchaft Gottes genennet werden muͤßte. Er iſt von vielen und auf ſo vie- lerley Art widerlegt, geſchimpft, geſcholten und verdamt worden, daß ich kein Buch, ſondern eine kleine Biblio- thec verfertigen muͤßte, wenn ich dieſes alles wiederholen wolte. Soll ich meine Meinung aufrichtig davon ſagen, ſo halte ich es vor eine ſehr edle und ruͤmliche Bemuͤhung, welche dem menſchlichen Geſchlechte Ehre bringet, daß man geſucht hat ihn oder ſeine Anhaͤnger durch vernuͤnf- tige Vorſtellungen auf andere Gedanken zu bringen, aber ihn durch fluchen, ſchimpfen, und verdammen zu bekeh- ren, iſt eben ſo klug, als das Verfahren derer Spanier mit denen Americanern, welche glaubten vollkommen be- rechtigt zu ſeyn, dieſe arme Leute auf das grauſamſte zu martern, weil ſie keine Chriſten waͤren, da ſie doch nie- mals gehoͤrt hatten, daß es ſolche kluge Leute in der Welt gaͤbe, welche glaubten Gott einen Dienſt zu thun, wenn ſie andere Menſchen auf dem Roſte brateten, die nicht eben

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/krueger_weltweisheit_1746
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/krueger_weltweisheit_1746/19
Zitationshilfe: Krüger, Johann Gottlob: Geschichte der Erde in den allerältesten Zeiten. Halle, 1746, S. 11. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/krueger_weltweisheit_1746/19>, abgerufen am 19.04.2024.